Der untere Teil der Strecke wurde als erste Privatbahn im Großherzogtum Baden von der Wiesenthalbahn-Gesellschaft gebaut und am 5. Juni 1862 – zwei Tage vor der regulären Betriebsaufnahme – in einer Länge von 20 Kilometern bis nach Schopfheim eröffnet. Am 5. Februar 1876 wurde die ebenso normalspurige „Hintere Wiesenthalbahn“ zwischen Schopfheim und Zell durch die Schopfheim-Zeller Eisenbahn-Gesellschaft in Betrieb genommen. Die erst im Juli 1889 eröffnete weitere Fortsetzung von Zell bis nach Todtnau – als „Obere Wiesentalbahn“ (resp. „Todtnauerli“) bezeichnet – wurde als Schmalspurbahn erstellt; aufgrund der Nachfrage der Gewerbebetriebe wurden normalspurige Güterwagen auf Rollböcken geführt. Dieser oberste Abschnitt der Wiesentalbahn wurde in den 1960er-Jahren stillgelegt und ist inzwischen abgebaut und zu einem Bahntrassenradweg umgebaut.
Weil das Deutsche Reich vom Großherzogtum Baden aus militärischen Gründen den Bau einer leistungsfähigen Eisenbahn von Weil am Rhein nach Säckingen verlangte, für die die vorhandene Strecke Lörrach–Schopfheim mitbenutzt werden sollte, erwarb der badische Staat zum 1. Januar 1889[1] die gesamte Strecke Basel–Zell und gliederte sie in seine Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen ein. Diese hatten von Anfang an den Betrieb auf Kosten der Privatgesellschaften geführt. Der Eigentumsübergang erfolgte am 1. Januar 1889 bis Schopfheim und ein Jahr später bis Zell. Als eine der ersten Strecken in Deutschland wurde die Strecke 1913 gemeinsam mit der Wehratalbahn elektrifiziert, Grundlage war neben der strategischen Bedeutung die reichlich vorhandene Wasserkraft. Zunächst verwendete man Einphasen-Wechselspannung mit 15 Kilovolt und einer Frequenz von 15 Hertz, geliefert vom Wasserkraftwerk Augst-Wyhlen. Eingesetzt wurden speziell entwickelte Lokomotiven der Badischen Staatsbahn sowie bis 1927 auch die Preußische ES 2. Auch wenn die Frequenz 1936 auf den Standard von 16⅔ Hertz erhöht worden war, war hier die elektrische Traktion bis 1955 ein Inselbetrieb.[2]
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurde die Bahn massiv von pendelnden Arbeitern genutzt, die in den Industriebetrieben des Wiesentals tätig waren. Besonders hohe Fahrkartenverkäufe verzeichneten die Stationen Lörrach, Stetten, Steinen und Brombach. An letzterer wurden allein im Jahr 1924 136.036 Fahrkarten verkauft.[3]
Wegen des Kabotageverbots waren die Züge nicht für Fahrten zwischen der auf Schweizer Gebiet liegenden Station Riehen und Basel zugelassen, ebenso bestand ein Bedienungsverbot von Basel nach Riehen.
Seit dem Jahr 2000
Der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) wird seit dem 15. Juni 2003 von der SBB GmbH, der deutschen Personenverkehrstochter der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), betrieben. In den Jahren 2003 bis 2005 wurden massive Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt; mit Ausnahme eines Restgüterverkehrs und der Autoreisezüge nach Lörrach wandelte sich der Charakter zunehmend zur reinen S-Bahn-Strecke ohne Güterverkehr. Der Personenverkehr auf der Wiesentalbahn ist seither als S6 ins Netz der S-Bahn Basel eingebunden. Ergänzt wird die Wiesentalbahn durch die S5 von Weil am Rhein nach Schopfheim bzw. Steinen, die auf der Teilstrecke Lörrach-Stetten – Schopfheim die Trasse der Wiesentalbahn nutzt.[4]
Im Sommer 2004 wurde der Abschnitt von Lörrach-Stetten bis Haagenzweigleisig ausgebaut, um die auf der Bahnstrecke Weil am Rhein–Lörrach (Gartenbahn) verkehrende S5 bis nach Steinen verlängern zu können. Die Modernisierung der Stationen umfasste die Erstellung eines 55 Zentimeter hohen Bahnsteiges mit einer Länge von 150 Metern (Doppeltraktion RABe 521). Ohne nennenswerten Güterverkehr wurden analog zu Schopfheim ebenso in Lörrach inzwischen als überflüssig erachtete Bahnanlagen weiter zurückgebaut (unter anderem die Gleise 4 und 5 und der dazugehörige Bahnsteig im Lörracher Hauptbahnhof, Gleis 2 im Bahnhof Maulburg). Erstellt wurde ein neues örtliches elektronisches Stellwerk, das die gesamte Strecke der Wiesentalbahn (bis Staatsgrenze) und der Gartenbahn (bis Mitte Tüllinger Tunnel) von Lörrach aus steuert. Die meisten Neuerungen wurden bis Ende 2004 abgeschlossen und dem Betrieb übergeben.
Mit dem Fahrplanwechsel 2004/2005 im Dezember 2004 entstand tagsüber auf dem Abschnitt Lörrach-Stetten – Steinen (mit S5/S6) ein Viertelstundentakt. Zudem ging die Station Lörrach Schillerstraße in Betrieb.
Auf der Strecke werden seit Herbst 2005 Triebzüge des Typs Stadler Flirt (SBB-Baureihe RABe 521) eingesetzt, die die als Übergangslösung für den Einsatz in Deutschland modifizierten NPZ-Wendezug-Garnituren RBDe 561 im März 2006 endgültig ablösten.
Die Inbetriebnahme der Haltepunkte Schopfheim West und Lörrach Schwarzwaldstraße erfolgte zum 9. Dezember 2007, Riehen-Niederholz folgte am 14. Dezember 2008.
Zum Fahrplanwechsel 2009/2010 am 13. Dezember 2009 wurden folgende Namensänderungen an Stationen vorgenommen: Schillerstraße in Lörrach Museum/Burghof, Lörrach in Lörrach Hauptbahnhof, Haagen/Baden in Lörrach-Haagen/Messe sowie Brombach b. Lörrach in Lörrach-Brombach/Hauingen.[5]
Im Winter 2020 wurde der Gleisabschnitt zwischen dem Badischen Bahnhof und Riehen Bahnhof komplett erneuert.
Der Lörracher Hauptbahnhof wird täglich von rund 3500 Fahrgästen genutzt und ist damit der meistfrequentierte im Wiesental (Stand 2009).[6]
Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 wurde der neue Haltepunkt Schopfheim-Schlattholz eröffnet. Die Bau- und Planungskosten für den 150 Meter langen Bahnsteig beliefen sich auf 1,44 Millionen Euro, wovon die Stadt Schopfheim 844.223 Euro trug.[7] In Lörrach und Maulburg sollen drei weitere Haltepunkte entstehen, sofern es fahrplantechnisch umsetzbar ist.
Die Freifahrt für Schwerbehinderte ist auch auf dem kurzen Abschnitt Lörrach-Stetten – Basel gegeben.[8] Alle Züge sind barrierefrei.[9]
„Flirt“ in Lörrach
Die Wiesentalbahn im Netz der trinationalen S-Bahn Basel
Rainer Gerber: Die Wiesentalbahn: 70 Jahre elektrischer Betrieb 1913–1983. In: Eisenbahn-Kurier. EK-Verlag, Freiburg 1983, ISBN 3-88255-801-6.
Albert Sturm: Zum hundertsten Geburtstag der Wiesentalbahn am 5. Juni 1962: Alter Badischer Bahnhof Basel um 1900, Bahnhof Riehen 1890, Alter Bahnhof Lörrach um 1909, Alter Bahnhof in Lörrach um 1885, Dampflokomotive Lörrach. In: Landesverein Badische Heimat (Hrsg.): Badische Heimat. Band42, Heft 1/2, 1962, ISSN0930-7001, S.32–48 ([1] [PDF]).
Joachim Weißer: Wiesentalbahn: nach Abschluss der Ausbauarbeiten wurde die Regio-S-Bahn eröffnet. In: Lok-Report. Jg. 35, Heft 8 (= 339), ISSN0344-7146, S.16–21.
Rolf Löttgers: Kisten mit Motor: die Altbau-Turmtriebwagen der Wiesentalbahn. In: Lok Magazin. Jg. 33, Heft 189. GeraMond-Verlag, 1994, ISSN0458-1822, S.454–461.
↑Horst-Werner Dumjahn: Handbuch der deutschen Eisenbahnstrecken. Mainz 1984, ISBN 3-921426-29-4 (Nachdruck des Verzeichnisses der Deutschen Reichsbahn von 1935 Nr 62/08).
↑Christian Tietze: Insel der Strompioniere. In: eisenbahn-magazin 12/2013, S. 37.
↑Johann Hansing: Die Eisenbahnen in Baden. Ein Beitrag zur Verkehrs- und Wirtschaftsgeschichte. Fleischhauer & Spohn, Stuttgart 1929, S. 63.
↑PDF (Memento vom 28. Februar 2013 im Internet Archive) bei www.sbb-deutschland.de, abgerufen am 9. Mai 2016.
↑Pressemitteilung der Stadt Lörrach (17. Dezember 2009): Bahnhof Lörrach wird Hauptbahnhof – neue Stationsnamen im Stadtgebiet Lörrach