Wenceslaus Johann Gustav Karsten (Nr. 1 der Geschlechtszählung) gilt als ältestes Glied einer in Nord- und Mitteldeutschland weit verzweigten Gelehrtenfamilie. Von seinen acht Geschwistern wurden sein jüngerer Bruder Christian Heinrich Karsten (1742–1815) als Jurist und Elbzollkommisar in Boizenburg/Elbe sowie sein jüngster Bruder Lorenz Karsten (1751–1829) als Ökonom, Agrarwissenschaftler und Hochschullehrer besonders bekannt.
Karsten wurde geboren als zweiter Sohn und ältestes überlebendes Kind des Neubrandenburger Apothekers Johann Christopher Karsten (1704–1779) und der aus Güstrow stammenden Apothekerstochter Magdalena Sophia, geb. Thiel († 1754). Als die Eltern 1737 beim großen Neubrandenburger Stadtbrand ihren gesamten Besitz einbüßten und es in der Folgezeit Probleme mit dem Wiederaufbau der Apotheke gab, siedelte die Familie 1740/41 nach Güstrow über. Dort besuchte Karsten die Güstrower Domschule, wo er 1749 das Abitur bestand und seit 1747 nebenher Privatunterricht in Mathematik erhielt. 1750 immatrikulierte er sich zum Studium der Theologie und Philosophie an der Universität Rostock.[1] Von 1752 bis 1754 setzte er das Studium an der Universität Jena fort. Nach Privatstudien der Mathematik wurde Karsten 1755 in Rostock zum Magister der Mathematik promoviert.[2] Noch im selben Jahr dozierte Karsten als Privatdozent in Rostock, bevor er 1758 die Professur für Logik an der Universität Rostock besetzte als Nachfolger des verstorbenen Johann Ludwig Engel.
“Wohnung war nah an der Kirche, so dass wir bald zu unserer Mittags–Tafel kommen konnten. Hier fanden wir eine ziemlich zahlreiche Gesellschaft vor, unter andern auch Herrn Karsten, Professor der Mathematik. Er ist von mittelmäßiger Statur, mager und von etwas finster im Ansehen, welches vermutlich von seiner schwächlichen Leibes-Konstitution herrührt. Nachmittags gingen wir nach Professor Karstens Wohnung und besahen sein Observatorium. Mir schien die Anlage desselben sehr gut, und überdies war es auch mit Teleskopen und anderen mathematischen Instrumenten sehr gut versehen. Auch hat Karsten eine schöne Bibliothek, besonders von mathematischen Büchern. Man hält diesen Mann für einen der größten Mathematiker in ganz Deutschland.”[3]
Karsten war Mitglied der Fürstlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der Holländischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Harlem, der Königlich Dänischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Kopenhagen sowie der ökonomischen Gesellschaft zu Leipzig.
Karsten war zweimal verheiratet und hatte in der ersten Ehe mit Katharina, geb. Kämpfer (1738–1779), Tochter des Rostocker Metaphysik-Professors Peter Christian Kämpfer, sechs Kinder, darunter der spätere Mineraloge Dietrich Ludwig Gustav Karsten. Seine zweite, nach 1779 geschlossene Ehe mit Sophia Charlotte, geb. Wolfrath, blieb kinderlos.
Werke
Karsten verfasste zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Mathematik, Physik und Technik sowie akademische Amtsschriften. Herausragend sind sein achtbändiger „Lehrbegriff der gesamten Mathematik“, 1. Auflage 1767–1777, die dreibändigen „Anfangsgründe der Mathematischen Wissenschaften“, 1778–1780 (Digitalisat) sowie der „Auszug aus den Anfangsgründen und dem Lehrbegriffe der Mathematischen Wissenschaften“, 1781, 2. Aufl. 1785.
Literatur
Wolfgang Engel. In: Angela Hartwig, Tilmann Schmidt [Hrsg.]: Die Rektoren der Universität Rostock. 1419–2000.(Beiträge zur Geschichte der Universität Rostock; Heft 23). Universitätsdruckerei Rostock-Universitätsarchiv 2000, ISBN 3-86009-173-5.
Jürgen Hamel: Die Universitätssternwarte Bützow. Geschichte, Baulichkeit, Instrumente und Personal. In: Beiträge zur Astronomiegeschichte, Band 11. Frankfurt a. M. 2011 (Acta Historica Astronomiae; 43), S. 181–207. Mit einer Bibliographie der Schriften Karstens. ISBN 978-3-8171-1883-0