Vererbung (Programmierung)![]() Die Vererbung (englisch inheritance) ist eines der grundlegenden Konzepte der Objektorientierung und hat große Bedeutung in der Softwareentwicklung. Die Vererbung dient dazu, aufbauend auf existierenden Klassen neue zu schaffen, wobei die Beziehung zwischen ursprünglicher und neuer Klasse dauerhaft ist. Eine neue Klasse kann dabei eine Erweiterung oder eine Einschränkung der ursprünglichen Klasse sein. Neben diesem konstruktiven Aspekt dient Vererbung auch der Dokumentation von Ähnlichkeiten zwischen Klassen, was insbesondere in den frühen Phasen des Softwareentwurfs von Bedeutung ist. Auf der Vererbung basierende Klassenhierarchien bzw. Vererbungssysteme[1] spiegeln strukturelle und verhaltensbezogene Ähnlichkeiten der Klassen wider. Die vererbende Klasse wird meist Basisklasse (auch Super-, Ober- oder Elternklasse) genannt, die erbende abgeleitete Klasse (auch Sub-, Unter- oder Kindklasse). Den Vorgang des Erbens nennt man meist Ableitung oder Spezialisierung, die Umkehrung hiervon Generalisierung, was ein vorwiegend auf die Modellebene beschränkter Begriff ist. In der Unified Modeling Language (UML) wird eine Vererbungsbeziehung durch einen Pfeil mit einer dreieckigen Spitze dargestellt, der von der abgeleiteten Klasse zur Basisklasse zeigt. Geerbte Attribute und Methoden werden in der Darstellung der abgeleiteten Klasse nicht wiederholt. In der Programmiersprache Simula wurde 1967 die Vererbung mit weiteren Konzepten objektorientierter Programmierung erstmals eingeführt.[2] Letztere hat seitdem in der Softwareentwicklung wichtige neue Perspektiven eröffnet und auch die komponentenbasierte Entwicklung ermöglicht. Abgeleitete Klasse und Basisklasse stehen typischerweise in einer „ist-ein“-Beziehung zueinander. Klassen dienen der Spezifikation von Datentyp und Funktionalität, die beide vererbt werden können. Einige Programmiersprachen trennen zumindest teilweise zwischen diesen Aspekten und unterscheiden zwischen Schnittstelle (englisch Interface) und Klasse. Wenn eine abgeleitete Klasse von mehr als einer Basisklasse erbt, wird dies Mehrfachvererbung genannt. Mehrfaches Erben ist nicht bei allen Programmiersprachen möglich, bei manchen nur in eingeschränkter Form. Beispiel![]() Das folgende Beispiel stellt einen möglichen Ausschnitt aus dem Anwendungsgebiet der Unterstützung eines Fahrzeugverleihs dar. Die Basisklasse In der Klasse ![]() PKW Innerhalb eines dieses Modell implementierenden Anwendungsprogramms würde zur Prüfung, ob eine Fahrerlaubnis gültig ist, nach Eingabe der entsprechenden Fahrzeugdaten das konkrete, zu mietende Fahrzeug instantiiert, das heißt die entsprechende Spezialisierung.
Zudem würde ebenfalls ein Objekt für die vorliegende Fahrerlaubnis erzeugt. Dieses würde der Methode In der Programmiersprache C++ könnte die Implementierung der Klassen
Fahrzeug , Kraftfahrzeug , Fahrrad , Motorrad , PKW , LKW folgendermaßen aussehen:
class Fahrzeug
{
int Fahrzeugnummer;
double Leergewicht;
double ZulässigesGesamtgewicht;
bool PrüfeVerfügbarkeit() {}
};
class Kraftfahrzeug : Fahrzeug
{
double Höchstgeschwindigkeit;
double Leistung;
bool PrüfeVerfügbarkeit() {}
};
class Fahrrad : Fahrzeug
{
double Rahmenhöhe;
};
class Motorrad : Kraftfahrzeug
{
bool PrüfeVerfügbarkeit() {}
};
class PKW : Kraftfahrzeug
{
int AnzahlSitzplätze;
bool PrüfeVerfügbarkeit() {}
};
class LKW : Kraftfahrzeug
{
double Nutzlast;
bool PrüfeVerfügbarkeit() {}
};
Anwendungen der VererbungDie Vererbung ermöglicht bei der Softwareentwicklung eine Modellierung, die der menschlichen Vorstellung der realen Welt sehr nahe kommt. Es gibt sehr unterschiedliche Anwendungen des Vererbungsmechanismus. Nach wie vor ist umstritten, ob die Vererbung nur für sehr eng begrenzte Anwendungsbereiche verwendet werden sollte und ob ein Einsatz mit der hauptsächlichen Intention des Wiederverwendens von Code der Softwarequalität eher abträglich ist.[4][5] Folgende Anwendungskontexte werden empfohlen oder tauchen in der Praxis auf:[5][6]
Es gibt auch Verwendungen der Vererbung, die als nicht sinnvoll angesehen werden. Insbesondere bei den ersten Gehversuchen in objektorientierter Programmierung ergibt sich häufig eine aus der Begeisterung resultierende übertriebene Abstufung der Vererbungshierarchie, oft für eine simple zusätzliche Eigenschaft. Beispielsweise dürften für eine Klasse Beim Übergang von der objektorientierten Modellierung zur Programmierung gibt es die Situation, dass die Modellierung einer klassifizierenden Hierarchie der fachlichen Anwendungsobjekte nicht ohne weiteres auf die Programmebene übertragen werden kann. Beispielsweise mag aus konzeptioneller Sicht die Modellierung von Varianten der Vererbung von Typ und ImplementierungMittels Vererbung können sowohl der Typ, der durch seine Schnittstelle spezifiziert wird, als auch die Funktionalität an die abgeleitete Klasse weitergegeben werden. Die Konsequenzen dieser Doppelfunktion der Vererbung werden seit Jahren kontrovers diskutiert.[4][5] Auch neuere Programmiersprachen wie Java oder .NET-Sprachen wie C# und VB.NET unterstützen keine durchgängige Trennung dieser Vererbungsvarianten, bieten jedoch für Schnittstellen (interface) und Klassen (class) zwei formal getrennte Konzepte an. Es lassen sich drei Fälle unterscheiden:[10]
Bei der letzten Variante stehen abgeleitete Klasse und Basisklasse nicht in einer „ist-ein“-Beziehung zueinander. ImplementierungsvererbungHierbei wird von der Basisklasse die Implementierung und implizit auch deren Schnittstelle geerbt. Die abgeleitete Klasse übernimmt dabei die Attribute und Funktionalität der Basisklasse und wandelt diese gegebenenfalls ab oder ergänzt diese um weitere für diese Spezialisierung zusätzlich relevante Eigenschaften. Auch wenn nachträglich Funktionalität der Basisklasse ergänzt oder verbessert wird, profitiert die abgeleitete Klasse davon. Im Folgenden wird in der Programmiersprache Java ein Beispiel für die Ableitung von Die Klasse public class Rechteck
{
private double laenge;
private double breite;
public Rechteck(double laenge, double breite)
{
this.breite = breite;
this.laenge = laenge;
}
public double getLaenge() { return laenge; }
public double getBreite() { return breite; }
public double getUmfang()
{
return 2 * laenge + 2 * breite;
}
public double getDiagonale()
{
return Math.sqrt(laenge * laenge + breite * breite);
}
}
public class Quadrat extends Rechteck
{
// Einmalige Berechnung der Wurzel aus 2
private static final double WURZEL2 = Math.sqrt(2);
public Quadrat(double laenge)
{
// Aufruf des Konstruktors der Basisklasse
super(laenge, laenge);
}
@Override
public double getDiagonale()
{
return WURZEL2 * getLaenge();
}
}
SchnittstellenvererbungIn der Softwareentwicklung gab es seit den 1970er Jahren zwei parallele Entwicklungen, eine davon mündete in die objektorientierte Programmierung, andererseits wurden algebraische Spezifikationsmethoden zur Unterstützung des Softwareentwurfs entwickelt. Ein Vorteil solcher Spezifikationen ist, dass sie mit einer mathematischen Semantik versehen werden können.[11] Ein wesentliches Ergebnis dieser Bestrebungen war das Konzept des abstrakten Datentyps, das die Spezifikation eines Datentyps unabhängig von der Implementierung zum Ziel hat. Klassen, genau genommen deren Schnittstellen, gelten als das Abbild eines abstrakten Datentyps. Hierbei ist aber eigentlich unpassend, dass bei Vererbung praktisch von keiner Sprache[12] eine durchgängige Trennung der Vererbung von Schnittstelle und Implementierung explizit unterstützt wird. Relativ neue Sprachen wie Java und .NET-Sprachen führen zwar mit den Schnittstellen (Interfaces) ein Konzept zur Abbildung abstrakter Datentypen ein, unterstützen aber keine durchgängige Trennung, denn ist eine Schnittstelle einmal von einer Klasse implementiert, erbt jede weitere Spezialisierung sowohl die Implementierung als auch die Schnittstelle.[4] Spezialisten für die objektorientierte Programmierung, beispielsweise Bertrand Meyer, sehen in einer vollständigen Aufspaltung mehr Schaden als Nutzen.[5] Ein Grund ist, dass die Nähe von Schnittstelle und Implementierung im Programmcode das Verständnis und die Wartbarkeit erleichtert.[13] In diesem Zusammenhang von Bedeutung ist auch das liskovsche Substitutionsprinzip. Dieses fordert, dass ein Subtyp sich so verhalten muss, dass jemand, der meint, ein Objekt des Basistyps vor sich zu haben, nicht durch unerwartetes Verhalten überrascht wird, wenn es sich dabei tatsächlich um ein Objekt des Subtyps handelt. Objektorientierte Programmiersprachen können eine Verletzung dieses Prinzips, das aufgrund der mit der Vererbung verbundenen Polymorphie auftreten kann, nicht von vornherein ausschließen. Häufig ist eine Verletzung des Prinzips nicht auf den ersten Blick offensichtlich.[10] Wenn etwa beim oben skizzierten Beispiel in der Basisklasse Die fehlende Trennung zwischen Typ- und Implementierungsvererbung führt in der Praxis häufig dazu, dass in der Schnittstelle einer Klasse Implementierungsdetails durchscheinen.[14] Eine Strategie zur Vermeidung dieses Effekts ist die Verwendung abstrakter Klassen oder Schnittstellen in den wurzelnahen Bereichen der Klassenhierarchie. Günstig ist, auf abstrakter Ebene möglichst weit zu differenzieren, bevor Implementierungen ergänzt werden. Eine solche auf Schnittstellen basierte Grundlage ist auch in Verbindung mit verteilten Architekturen wie CORBA oder COM notwendig.[13] Reine ImplementierungsvererbungBei der reinen Implementierungsvererbung, die auch als private Vererbung bezeichnet wird, nutzt die erbende Klasse die Funktionalität und Attribute der Basisklasse, ohne nach außen als Unterklasse dieser Klasse zu gelten. Als – etwas konstruiertes – Beispiel könnte eine Klasse Beispielsweise in C++ oder Eiffel gibt es die Möglichkeit einer reinen Implementierungsvererbung, in Java oder den .NET-Sprachen gibt es sie nicht. Eine Alternative bei letzteren Sprachen ist die Verwendung von Delegation, die einiges mehr Programmcode erfordert.[10] Zusammenspiel der Methoden in der KlassenhierarchieWenn in einer Klasse eine Methode überschrieben wird, soll häufig nur Funktionalität ergänzt und die Implementierung der Basisklasse weiterhin genutzt werden, da diese bereits allgemeine Aspekte abdeckt, die für die Spezialisierung ebenfalls gültig sind. Hierfür ist es erforderlich, dass innerhalb der Methodenimplementierung der spezialisierten Klasse das Pendant der Basisklasse aufgerufen wird. Dieser Aufruf erfolgt typischerweise zu Beginn oder am Ende der überschreibenden Methode, teilweise ist aber auch zusätzliche Funktionalität vor und nach diesem Aufruf zu implementieren.[15] ![]() Die verschiedenen Programmiersprachen ermöglichen einen Aufruf der Basisklassenimplementierung auf unterschiedliche Weise. Die meisten Freiheitsgrade bietet C++, dort wird dem Methodennamen der Klassenname als Präfix vorangestellt (Scope-Operator). Dieses Verfahren geht über diesen Anwendungsfall weit hinaus, denn es ermöglicht den Aufruf jeder beliebigen Methode aller Klassen innerhalb der Klassenhierarchie. Etwas einschränkender ist beispielsweise Java, dort gibt es das Schlüsselwort Anhand des einführenden Beispiels lässt sich eine solche Aufrufkaskade erläutern. Die Methode Besonderheiten bei der VererbungMehrfachvererbung![]() Um Mehrfachvererbung handelt es sich, wenn eine abgeleitete Klasse direkt von mehr als einer Basisklasse erbt. Ein sequentielles, mehrstufiges Erben wird dagegen nicht als Mehrfachvererbung bezeichnet. Ein sehr häufiger Anwendungsfall der Mehrfachvererbung ist die Verwendung von Mixin-Klassen, die allgemein verwendbare Implementierungen beisteuern und somit der Vermeidung von Redundanz dienen.[16] ![]() Ein anderes Beispiel für Mehrfachvererbung ergibt sich durch die Erweiterung des einführenden Beispiels um die Klassen Die Notwendigkeit von Mehrfachvererbung ist umstritten, sie wird nicht von allen Sprachen unterstützt, beispielsweise nicht von Smalltalk. Die erste Sprache, die eine Mehrfachvererbung unterstützte, war Flavors, eine objektorientierte Erweiterung von Lisp. Eine umfassende Unterstützung bieten beispielsweise auch C++, Eiffel und Python. Java und .NET-Sprachen bieten eine eingeschränkte Unterstützung, dort kann eine Klasse zwar von beliebig vielen Schnittstellen, aber nur von einer Klasse erben, die Implementierungen enthält.[16] Eine andere Lösung hält Ruby bereit, dort ist ebenfalls nur eine direkte Basisklasse möglich, allerdings kann eine Klasse beliebig viele sogenannte Modules einbinden, was dem Grundgedanken einer Mixin-Vererbung direkt entspricht.[17] Neben einem erheblichen zusätzlichen Implementierungsaufwand für Compiler und Laufzeitumgebung gibt es vor allem zwei Gründe für die häufige fehlende oder eingeschränkte Unterstützung:[18]
Für erstgenanntes Problem bieten die Sprachen meist Möglichkeiten der Umbenennung. Letztere Konstellation, die auch als Diamond-Problem bezeichnet wird, tritt nur bei Vererbung der Implementierung in Erscheinung. Hier kann es sowohl sinnvoll sein, dass das resultierende Objekt nur eine Instanz der mehrfach auftretenden Klasse enthält, als auch mehrere. Für das obige Beispiel des Zweiwegefahrzeugs bedeutet dies entweder das Vorhandensein von nur einer Instanz der Basisklasse Multilevel-VererbungBei der Objektorientierte Programmierung gibt es häufig das Problem, dass man unterschiedliche Klassen definiert hat, die untereinander nicht auf Variablen zugreifen können. Um in einer Klasse die Attribute und Methoden einer anderen Klasse sichtbar zu machen, kann man Vererbung nutzen. Von Multilevel-Vererbung spricht man ab wenigstens drei Klassen, die hintereinander geschaltet sind.[20] Besonders für Rapid-Prototyping eignet sich das Konzept.[21] Einerseits kann man in separaten Klassen den Programmcode verwalten, gleichzeitig hat man jedoch eine große Klasse. Multilevel-Vererbung kann mit Mehrfachvererbung kombiniert werden.[22] Kovarianz und KontravarianzIm Zusammenhang mit dem liskovschen Substitutionsprinzip steht auch die Behandlung der Varianz bei den Signaturen überschriebener Methoden. Viele Programmiersprachen ermöglichen keine Varianz, das heißt, die Typen der Methodenparameter überschriebener Methoden müssen exakt übereinstimmen. Dem liskovschen Prinzip entspricht die Unterstützung von Kontravarianz für Eingangs- und Kovarianz für Ausgangsparameter. Das bedeutet, Eingangsparameter können allgemeiner sein als bei der Basisklasse, der Typ des Rückgabewerts darf spezieller sein.[23] Von wenigen Sprachen wird die Deklaration der Ausnahmen (englisch Exceptions) ermöglicht, die beim Aufruf einer Methode auftreten können. Die Typen der möglichen Ausnahmen gehören dabei zur Signatur einer Methode. Bei Java und Modula-3 – den beiden einzigen bekannteren Sprachen, die so etwas unterstützen – muss die Menge der möglichen Ausnahmetypen einer überschriebenen Methode eine Teilmenge der ursprünglichen Typen sein, was Kovarianz bedeutet und dem liskovschen Substitutionsprinzip entspricht.[24][A 5] Im Zusammenhang mit dem liskovschen Substitutionsprinzip steht auch das Design-By-Contract-Konzept, das von Eiffel unterstützt wird. Dabei gibt es die Möglichkeit, Vor- und Nachbedingungen für Methoden sowie Invarianten für Klassen zu definieren. Die Klassenvarianten sowie die Nachbedingungen müssen dabei in Spezialisierungen gleich oder restriktiver sein, die Vorbedingungen können gelockert werden.[25] Datenkapselung im Rahmen der VererbungBei der Spezifizierung der Sichtbarkeit der Attribute und Methoden von Klassen (Datenkapselung) wird häufig unterschieden, ob der Zugriff beispielsweise durch eine abgeleitete Klasse oder „von außen“, das heißt bei einer anderweitigen Verwendung der Klasse, erfolgt. In den meisten Sprachen werden drei Fälle unterschieden:[26]
Nicht alle Sprachen unterstützen diese dreiteilige Gliederung. Manche Abgrenzungen der Sichtbarkeit sind auch anders ausgelegt. Java und die .NET-Sprachen führen zusätzlich noch Varianten ein, die die Sichtbarkeit auf sprachspezifische Untereinheiten der Programmstruktur (Package oder Assembly) begrenzen. In Ruby hat Ein weiterer, bei Vererbung relevanter Aspekt der Datenkapselung ist die Möglichkeit, in abgeleiteten Klassen die Sichtbarkeit von Eigenschaften gegenüber der Basisklasse zu verändern. Beispielsweise in C++ oder Eiffel ist es möglich, die Sichtbarkeit aller oder einzelner Eigenschaften beim Erben einzuschränken. In Java oder den .NET-Sprachen dagegen ist keine solche Änderung der Sichtbarkeit bei Vererbung möglich.[26] Typkonvertierung bei statischer TypisierungProgrammiersprachen lassen sich in solche mit statischer oder dynamischer Typisierung einteilen. Bei dynamischer Typisierung wird für Variablen und Parameter nicht explizit ein Typ festgelegt. Smalltalk war die erste objektorientierte Sprache mit dynamischer Typisierung. Bei statischer Typisierung dagegen wird – meist durch eine Deklaration wie beispielsweise in Java – kenntlich gemacht, welchen Typ der Wert einer Variablen oder eines Parameters aufweisen muss. Bei Zuweisung oder Parameterübergabe kann die Zuweisungskompatibilität der Typen in diesem Fall bereits während der Übersetzungszeit geprüft werden.[28] An jeder Stelle, an der ein Objekt einer bestimmten Klasse erwartet wird, kann auch ein Objekt verwendet werden, das einer Spezialisierung dieser Klasse angehört. Beispielsweise kann eine Variable des Typs Das Gegenstück dazu, ein Downcast, ist problematischer, jedoch in einigen Fällen notwendig. Auch statisch typisierende Sprachen ermöglichen meist eine solche Konvertierung, die aber explizit veranlasst werden muss. In diesem Fall ist auch bei statisch typisierenden Sprachen erst zur Laufzeit überprüfbar, ob ein Objekt tatsächlich den geforderten Typ aufweist.[10] Ein solcher Downcast, beispielsweise von Programmiersprachen mit zentraler BasisklasseViele objektorientierte Programmiersprachen verfügen über eine zentrale Klasse, von der alle Klassen – über wie viele Stufen auch immer – letztlich abgeleitet sind. Beispielsweise gibt es in Ruby, Java und bei .NET eine solche Klasse. Diese heißt bei diesen Sprachen In den Sprachen mit zentraler Basisklasse erbt eine Klasse, für die keine Basisklasse angegeben wird, implizit von dieser besonderen Klasse. Ein Vorteil davon ist, dass allgemeine Funktionalität, beispielsweise für die Serialisierung oder die Typinformation, dort untergebracht werden kann. Weiterhin ermöglicht es die Deklaration von Variablen, denen ein Objekt jeder beliebigen Klasse zugewiesen werden kann. Dies ist besonders hilfreich zur Implementierung von Containerklassen, wenn eine Sprache keine generische Programmierung unterstützt.[A 8] Dieses Verfahren hat allerdings den Nachteil, dass in einen solchen allgemeinen Container Objekte jeden Typs hinzugefügt werden können. Da beim Zugriff auf ein Objekt des Containers normalerweise ein spezieller Typ erwartet wird, ist deshalb eine Typumwandlung (Downcast) erforderlich. Die entsprechende Typprüfung kann jedoch erst zur Laufzeit erfolgen.[30] Persistenz in DatenbankenNeben einer einfachen Serialisierung ist die Speicherung in einer Datenbank das üblichste Verfahren, Objekte persistent zu machen. Objektorientierte Datenbanken haben das Ziel, einen sogenannten Impedance Mismatch zu vermeiden, der bei Abbildung der bei der Programmierung verwendeten Vererbungs- und Objektstruktur auf eine relationale Datenbank entsteht. Objektorientierte Datenbanken haben sich aber bis heute nicht durchgesetzt, so dass häufig sogenannte objektrelationale Mapper verwendet werden.[31] Bei der objektrelationalen Abbildung der Vererbungsbeziehungen werden drei Möglichkeiten unterschieden:[32]
Bei der ersten Variante (Single Table Inheritance) muss der Typ des Objekts in einer zusätzlichen Spalte gespeichert werden. Die Spalten der Attribute, die bei konkreten Objekten der Klassenhierarchie nicht vorhanden sind, enthalten Null-Werte. Beides ist bei den zwei letzten Varianten nicht nötig, die dritte Variante ist dabei eine Art Kompromiss.[32] Bei echten objektorientierten Datenbanken werden im Wesentlichen zwei gegensätzliche Strategien unterschieden: Persistenz durch Vererbung (by Inheritance) und orthogonale Persistenz. Bei der Persistenz durch Vererbung hängt die Eigenschaft, ob ein Objekt transient oder persistent ist, vom Typ ab, und wird durch Erben von einer Klasse etabliert, die die Funktionalität zur Anbindung an die Datenbank bereitstellt. Bei orthogonaler Persistenz können Objekte derselben Klasse sowohl persistent als auch transient sein, die Eigenschaft ist also völlig unabhängig vom Typ.[33] Vererbung im Kontext der SoftwarewartungObjektorientierte Elemente und dabei nicht zuletzt der Vererbungsmechanismus besitzen eine Ausdrucksstärke, die sich sehr positiv auf die Qualität und Verständlichkeit eines Systementwurfs auswirkt. Umfangreiche Klassenbibliotheken sind entstanden, deren Funktionalität mit Hilfe der Vererbung anwendungsspezifisch angepasst oder erweitert werden kann. Nicht zuletzt dank des Vererbungsmechanismus können Softwaresysteme modular aufgebaut werden, was die Beherrschbarkeit großer Systeme ermöglicht und beispielsweise auch Portierungen erleichtert.[34] Allerdings steigern unnötig tief verschachtelte Vererbungshierarchien die Komplexität und das Verständnis erheblich, was zu Fehlern bei Verwendung oder Änderung der Basisklassen führen kann.[35] Neben den positiven Aspekten haben sich bei der objektorientierten Programmierung auch negative Aspekte im Hinblick auf die Softwarewartung gezeigt, die vor allem im Zusammenhang mit der Polymorphie, aber auch mit der Vererbung stehen.[36] Ergänzung oder Anpassung einer KlassenschnittstelleDer wohl problematischste Fall ist die nachträgliche Änderung der Schnittstelle einer zentralen Klasse, von der es zahlreiche Spezialisierungen gibt, beispielsweise im Zusammenhang mit der Umstellung auf eine neue Version einer Klassenbibliothek. Hierbei sind vor allem zwei Fälle zu unterscheiden:[34]
Falls im ersten Fall die neue Methode ohne Implementierung eingeführt wird, als Bestandteil einer abstrakten Klasse, müssen alle Spezialisierungen bei Versionsumstieg nun diese Funktionalität bereitstellen. Weit schwerwiegender ist allerdings, wenn in der Vererbungshierarchie in nachgeordneten Klassen bereits eine gleichnamige virtuelle Methode existierte. Dieser Fall kann in den meisten Sprachen nicht vom Compiler aufgedeckt werden. Diese bestehende virtuelle Methode wird nun in einem Kontext aufgerufen, für den sie nicht implementiert wurde. Wird dieses Problem nicht anhand der Bearbeitung der Dokumentation des Versionswechsels beseitigt, führt es zu inkorrektem Systemverhalten und meist zu einem Laufzeitfehler.[34] Im zweiten Fall muss die Umbenennung oder Signaturanpassung in den spezialisierenden Klassen nachgezogen werden. Erfolgt dies nicht, hängen die bisherigen Implementierungen nun „in der Luft“, das heißt, sie werden an erforderlichen Stellen nicht mehr aufgerufen, stattdessen wird eine in einer Basisklasse existierende Standardfunktionalität verwendet, die eigentlich vorgesehene angepasste Funktionalität kommt nicht mehr zur Ausführung. Auch dieses Problem kann in einigen Konstellationen nicht vom Compiler aufgedeckt werden.[34] Die Sicherstellung, dass solche Probleme vom Compiler erkannt werden können, erfordert eigentlich eine vergleichsweise geringfügige Ergänzung einer Sprache. Bei C# beispielsweise ist dies durch das Schlüsselwort Fragile Base Class ProblemAuch ohne die Änderung einer Klassenschnittstelle kann es bei Umstellung auf eine neue Version einer Basisklasse zu Problemen kommen. Die Entwickler, die eine „zerbrechliche“ Basisklasse ändern, sind in diesem Fall nicht in der Lage, die negativen Konsequenzen vorauszuahnen, die sich für spezialisierte Klassen durch die Änderung ergeben. Die Gründe hierfür sind vielfältig, im Wesentlichen liegt ein Missverständnis zwischen den Entwicklern der Basisklasse und denen der verwendeten Spezialisierungen vor. Dies liegt zumeist daran, dass die Funktionalität der Basisklasse und auch das von den Spezialisierungen erwartete Verhalten nicht ausreichend präzise spezifiziert sind.[37][38] Eine häufige Ursache des Fragile Base Class Problems ist die zu großzügige Offenlegung von Implementierungsdetails, die zumeist aus praktischen Gründen erfolgt, wobei auch Teile offengelegt werden, die in einer anfänglichen Version noch nicht ausgereift sind. Die Programmiersprachen erleichtern die Umsetzung sinnvoller Einschränkungen der Freiheitsgrade häufig nicht, beispielsweise sind in Java Methoden grundsätzlich virtuell und müssen als Vererbung bei prototypenbasierter ProgrammierungDer Begriff Vererbung wird auch bei prototypenbasierten Programmierung verwendet. Bei prototypenbasierten Sprachen wird aber nicht zwischen Klasse und instantiiertem Objekt unterschieden. Dementsprechend ist hier mit Vererbung nicht ganz dasselbe gemeint, denn ein durch Cloning erzeugtes neues Objekt „erbt“ nicht nur die Struktur des auch als Parent bezeichneten Originals, sondern auch die Inhalte. Der Mechanismus zur Nutzung der Methoden des Parent durch die Kopie (Child) entspricht eigentlich einer Delegation. Diese ist im Sinne einer Vererbung verwendbar, hat aber mehr Freiheitsgrade, beispielsweise ist bei einigen derartigen Sprachen der Adressat der Delegation – und damit die „Basisklasse“ – zur Laufzeit austauschbar.[40] Literatur
Anmerkungen
Einzelnachweise
Weblinks
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