Das Staatsoberhaupt steht an der Spitze der staatlichen Ämterhierarchie. Es repräsentiert den Staat nach innen und außen, ist im Sinne des Völkerrechts vollumfänglich bevollmächtigter Vertreter seines Landes und bestätigt formal die Ernennung in Staatsämter sowie die Ausfertigung von Gesetzen. Auswahl und Funktion des Staatsoberhauptes sowie die Ausgestaltung und Machtfülle seines Amtes sind zentrale Merkmale der Staatsform. In vielen Ländern, insbesondere in solchen, in denen das Staatsoberhaupt vornehmlich repräsentative Aufgaben hat, existiert neben ihm zusätzlich ein Regierungschef, der die tatsächliche politische Macht ausübt.
Staatschef ist eine inoffizielle Bezeichnung, die insbesondere der Kürze wegen in den Wendungen Staats- und Parteichef (eines kommunistisch regierten respektive realsozialistischen Staates, siehe auchVorsitzender des Staatsrats) oder Staats- und Regierungschefs (der Europäischen Union, der G7, der G20) anzutreffen ist und sich allgemein auf diejenigen Staatsoberhäupter bezieht, die neben repräsentativen auch exekutive Aufgaben erfüllen und damit eine politisch relevante Weisungskompetenz besitzen, wie der französische oder der US-amerikanische Präsident.
Amtliche Bezeichnung des Staatsoberhaupts im Vichy-Regime war Chef d’Etat, im FranquismusJefe de Estado (dt. ‚Staatschef‘). In den Anfängen der Zweiten Polnischen Republik lautete die Bezeichnung von 1918 bis 1922 Naczelnik Państwa (dito).
Auch die Gliedstaaten eines (gesamtstaatlichen) Bundesstaats können Staatsoberhäupter haben. In den Vereinigten Staaten beispielsweise werden Gouverneure als Staatsoberhaupt eines US-Bundesstaates angesehen. Als teilsouveräne Gliedstaaten haben diese ein eigenes Polit- und Rechtssystem, wobei die Stellung des Gouverneurs jener des Präsidenten auf Bundesebene gleichkommt. Die Ministerpräsidenten der deutschen Länder sind ebenfalls Staatsoberhäupter, auch wenn im Vergleich zum US-amerikanischen System eine geringere Machtfülle und wegen der Verfassungsarchitektur eine stärkere Abhängigkeit von der Legislative besteht.
Die jeweiligen Befugnisse können in den verschiedenen politischen Systemen stark voneinander abweichen.
Einige wenige moderne Staaten kennen formell kein individuelles Staatsoberhaupt, sondern nur kollektive Staatsorgane, welche mit den Amtsgeschäften betraut sind:
Während der Zweiteilung der international bis auf wenige Ausnahmen nicht anerkannten polnischen Exilregierung 1954–1970 stellte der Dreierrat als Kollektivorgan eines der konkurrierenden Exil-Staatsoberhäupter dar.
Schweiz: Formell existiert in der Schweiz kein Staatsoberhaupt. De facto übernimmt diese Aufgabe der Bundesrat unter der Leitung des Bundespräsidenten (siehe Abschnitt „Kollektive Staatsoberhäupter“).
Nach der VerfassungJapans ist der Tennō (Kaiser) lediglich das „Symbol des Staates und der Einheit des Volkes“, nicht aber de jure Staatsoberhaupt. Seine wenigen politischen Befugnisse kann er nur zusammen mit der Regierung ausüben. Die souveräne Macht liegt allein beim Volk.
↑Grundsätzlich ist die Bundesversammlung unter dem Vorbehalt der Rechte von Volk und Ständen die oberste Macht im schweizerischen Staat (Art. 148 Abs. 1 der Schweizer Bundesverfassung (Memento vom 14. Mai 2013 im Internet Archive)), der Nationalratspräsident gilt demzufolge im Volksmund als der «höchste Schweizer». Aufgaben eines Staatsoberhauptes (z. B. bei Empfängen für ausländische Staatsoberhäupter) nimmt der Bundespräsident als primus inter pares wahr, der zwar gemäss der protokollarischen Rangordnung das höchste Amt der Schweiz ausübt, aber de jure nicht Staatsoberhaupt ist. Der Gesamtbundesrat als Kollektiv erscheint zudem aufgrund seiner Stellung de facto auch als Staatsoberhaupt.
↑Constanze Fienhold, in: Wolfgang Gieler (Hrsg.): Handbuch der Ausländer- und Zuwanderungspolitik. Von Afghanistan bis Zypern. Lit Verlag, Münster 2003, ISBN 3-8258-6444-8, S. 35.