Das Patrozinium des heiligen Oswald, der vor allem im Mittelalter verehrt wurde, deutet schon darauf hin, dass die erste Vorgängerkirche des aktuellen Kirchenbaus schon im Mittelalter errichtet wurde. Von der 1402 geweihten gotischen Kirche befindet sich noch der Grundstein in der Seitenwand der Taufkapelle. Ein Großbrand im Verlauf des Spanischen Erbfolgekriegs zerstörte 1704 die ganze Stadt und damit auch ihre Kirche.
In den Jahren 1707 bis 1728 wurde die Kirche in Etappen im Stil des Barock wieder aufgebaut. Der Turm mit seiner Zwiebelhaube wurde 1733 fertiggestellt. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Bau als zu klein und zu schäbig empfunden, aber ein ins Auge gefasster Erweiterungs- oder Neubau konnte infolge des Ersten Weltkriegs und der Inflation 1922/23 zunächst nicht verwirklicht werden. Durch ein Erdbeben am 16. November 1911 wurde die Kirche jedoch beschädigt, so mussten unter anderem am Turm Eisenklammern befestigt werden, um ein Auseinanderbrechen zu verhindern.
1932 wurde die alte Kirche abgerissen, um einem Neubau Platz zu machen. Der Turm der barocken Kirche wurde dabei nach langen und teils heftigen Protesten aus der Bevölkerung erneut nach Plänen des abgerissenen Zwiebelturms wieder aufgebaut.[2] Der Bau wurde innerhalb von gut einem Jahr nach einem Entwurf von Otto Linder errichtet und wurde am 15. Oktober 1933 durch den Freiburger Weihbischof Wilhelm Burger geweiht.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde die Kirche 1971/1972 gründlich renoviert und dabei den neueren liturgischen Entwicklungen angepasst. Ein weiteres Mal wurde die Kirche Ende der 1990er Jahre renoviert.
Zwischen Juni 2021 und Dezember 2022 wurde der Innenraum des Kirchengebäudes erneut grundlegend renoviert.[3]
Beschreibung
Baugestalt
Das Kirchenschiff mit Ausrichtung nach Nordwesten hat eine sich zur Rundung leicht verjüngende U-Form. Es ist von einem niederen Arkadenumgang umgeben, in den kleine Rundfenster eingelassen sind. Die südöstliche Eingangsfassade wird von zwei Turmstümpfen flankiert, die kaum höher als das Kirchenschiff und mit einem sehr flachen Pyramidendach gedeckt sind. Zwischen ihnen ist eine Vorhalle, die durch zwei Bögen zu betreten ist und von der zwei Portale ins Innere führen. Die eigentliche Fassade ist zurückgesetzt und enthält in der Mitte ein Rundfenster, über dem ein schmuckloses, aber sehr großes Kreuz angebracht ist. An den linken Turmstumpf ist die halbrunde Taufkapelle angebaut, neben dem rechten Turmstumpf befindet sich die Oswaldkapelle. Im Südosten des Kirchengebäudes ist der von der Vorgängerkirche stehengebliebene Turm mit barocker Zwiebelhaube mit dem Kirchenschiff verbunden. Charakteristisch für dieses Bauwerk sind die sehr schmalen und hohen Rundbogenfenster, die an den Längsseiten in Zweiergruppen angeordnet sind, an den Türmen in Dreiergruppen und einzeln sowie in den Kapellen in größeren Gruppen verbunden sind.
Unter dem vorderen Teil der Kirche, dem Altarraum, befindet sich eine Unterkirche für Gottesdienste in kleinerem Rahmen.
Unter der Empore, die von fünf Bögen abgestützt wird, befinden sich die beiden Eingangsportale. Der gesamte Kirchenraum ist eine Einheit, das heißt der Altarraum ist nicht wie der klassische Chor vom Raum der Gemeinde abgeteilt. Aber der Raum ist auf den Altar, der allerdings leicht erhöht ist, konzentriert, was durch die leichte Parabelform und vor allem auch durch die stark strukturierte Gestaltung der Decke bewirkt wird, die der Parabelform des Raumes entspricht. Der Raum wird auf beiden Seiten durch niedere Arkadengänge mit Rundfenstern begleitet. Belichtet wird der Raum gut durch die schon erwähnten Doppelbogenfenster in zurückhaltender Farbgebung, die der Maler Horst J. Beck bei der Renovierung 1971/1972 gestaltet hat. Im hinteren Bereich der Kirche befinden sich die Taufkapelle und die Oswaldkapelle.
Ausstattung
In der Rundung hinter dem Altar, der nach der konziliaren Liturgiereform weiter an die Gläubigen gerückt ist, befindet sich statt eines Altarbildes eine Kreuzigungsgruppe des
Bildhauers Emil Sutor. In der Oswaldkapelle befindet sich eine Statue aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, die den Heiligen als Fürst mit einem großen Kreuz in der Hand zeigt. Im Vorraum der Taufkapelle ist ein spätgotisches Relief aus der vorigen Kirche erhalten, das die Anbetung der heiligen Drei Könige zeigt. Im Rundfenster über der Empore im Bereich der Orgel ist die heilige Cäcilia, die Patronin der Kirchenmusik, dargestellt.
Orgel
In der Stadtpfarrkirche St. Oswald gibt es drei Orgeln: Die Hauptorgel auf der Kirchenempore, ein Orgelpositiv in der Taufkapelle und eine kleine Orgel in der Unterkirche.[4]
Die Hauptorgel, die 1976 von dem Orgelbauer Rudolf Kubak hergestellt wurde, verfügt über 37 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Trakturen sind mechanisch. Sie ist symmetrisch auf der Empore aufgebaut.
I Rückpositiv C–g3
1.
Bordun
8′
2.
Principal
4′
3.
Blockflöte
4′
4.
Oktav
2′
5.
Sesquialter II 00
22⁄3′
6.
Scharff III
1′
7.
Cromorne
8′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
08.
Pommer
16′
09.
Principal
08′
10.
Rohrflöte
08′
11.
Octav
04′
12.
Traverse
04′
13.
Quint
022⁄3′
14.
Octav
02′
15.
Terz
013⁄5′
16.
Mixtur IV
011⁄3′
17.
Trompete
08′
18.
Chamade
08′
Tremulant
III Schwellwerk C–g3
19.
Copel
08′
20.
Amarosa
08′
21.
Bifara
08′
22.
Principal
04′
23.
Linzgauflöte
04′
24.
Schwiegel
02′
25.
Nasard
011⁄3′
26.
Oktav
01′
27.
Dulcian
16′
28.
Schalmey
08′
Tremulant
Pedalwerk C–f1
29.
Principal
16′
30.
Subbass
16′
31.
Oktavbass
08′
32.
Gemsbass
08′
33.
Pommerbass
04′
34.
Mixturbass V
04'
35.
Bombarde
16′
36.
Posaune
08′
37.
Zink
04′
In der Taufkapelle steht ein einmanualiges Orgelpositiv mit vier Registern, ebenfalls aus der Werkstatt von Rudolf Kubak. Die Orgel der Unterkirche wurde von der Orgelwerkstatt Egbert Pfaff aus Überlingen gebaut und verfügt über 10 Register auf zwei Manualen und Pedal.
Wir weinen um die Brüder, die die Kriege uns nahmen, um die Brüder, die vermißt und nicht mehr kamen, St. Josef bitte für sie und uns
In den Uhrschlag der Turmuhr sind die Glocken 1 (Stundenschlag) sowie 2, 3 und 4 (Viertelstundenschlag) einbezogen. Optisch wird die Uhrzeit auf Zifferblättern an allen vier Seiten des Turms angezeigt.
Literatur
Hugo Schnell: Pfarrkirche Stockach im Hegau (Schnell, Kunstführer Nr. 153). 2., völlig überarbeitete Auflage, München/Zürich 1974
Julian Windmöller: Katholische Kirche St. Oswald Stockach. Lindenberg im Allgäu 2024
Seelsorgeeinheit Stockach – St. Oswald; hierüber auch abrufbar ein Beitrag von Manfred Peter: Die Pfarrkirche St. Oswald in Stockach … lenkt den Blick auf das Wesentliche unseres Glaubens.