Der heutige Sitz der Schweizerischen Botschaft wurde durch den ArchitektenFriedrich Hitzig in den Jahren 1870/1871 als privates Stadtpalais im Alsenviertel für Friedrich Frerichs an der Moltkestraße errichtet. Dessen Patient, der Schriftsteller Dostojewski, beschrieb sie einmal so: „Diese Leuchte der deutschen Wissenschaft wohnt in einem Palast (buchstäblich).“[1]
1907 wurde das Haus an seinen Nachbarn, den Rentier Max Esser verkauft, 1910 an den Chemie-Fabrikanten Erich Kunheim (die Firma Kunheim war seinerzeit der größte Ammoniakproduzent in Deutschland, auch Hersteller von Cyan, dem Ausgangsstoff für die industrielle Herstellung des Berliner Blau). 1910/1911 integrierte der Architekt Paul Otto August Baumgarten diesen Vorgängerbau in die neoklassizistischeVilla Kunheim. Dabei erweiterte er den ursprünglich zweigeschossigen, siebenachsigen Bau zu einem dreigeschossigen mit neun Achsen. Ionische Säulen in Wandnischen über dem hohen Sockelgeschoss gliedern die Fassade. Puttenreliefs schmücken den Fries. Das Haus wurde nun zeitweise Mittelpunkt der Berliner Gesellschaft.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft erwarb 1919 das Gebäude. Nach Umbauten diente es ab 1920 als Kanzlei der Schweizer Gesandtschaft sowie als Residenz des Gesandten.
Die Abrissarbeiten für die Welthauptstadt Germania und den Zweiten Weltkrieg überstand die Botschaft als einziges Bauwerk im Spreebogen ohne gravierende Schäden. Nach Beginn der Bombenangriffe war die Botschaft im Schloss Rauschendorf bei Sonnenberg untergebracht worden. In der Schlussphase der Schlacht um Berlin diente das Botschaftsgebäude Ende April 1945 der Roten Armee als Stützpunkt bei der Eroberung des Reichstags. Die im Haus vorgefundenen Angehörigen der Botschaft wurden zunächst im Keller eingesperrt und dann nach Moskau verschleppt, von wo sie erst Monate nach Kriegsende zurückkehren durften.
Nachdem die endgültige Entscheidung zugunsten Berlins als Bundeshauptstadt gefallen war, wurde das Gebäude des Generalkonsulats im Oktober 1992 Sitz der Außenstelle der Schweizerischen Botschaft in Bonn.
Das Botschaftsgebäude wurde renoviert und erhielt an der Ostseite einen Erweiterungsbau nach Entwürfen des Architekturbüros Diener & Diener. Noch vor dem Abschluss der letzten Arbeiten im Frühjahr 2001 bezog die Schweizerische Botschaft im Jahr 2000 das Gebäude.
Einer der bekanntesten Botschafter der letzten Jahre in Berlin war Thomas Borer, der wegen einer von der Schweizer Boulevardzeitung SonntagsBlick frei erfundenen Affäre im Jahr 2002 von seinem Posten abberufen wurde. Seit dem 8. Dezember 2023 ist Livia Leu als Botschafterin akkreditiert.[2]
Paul Widmer: 1867–2017, 150 Jahre: Die Schweizerfahne im Herzen Berlins, Broschüre der Schweizerischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 2017, online.
Nicola Bröcker: Schweizerische Botschaft Berlin/ Swiss Embassy Berlin, Die Neuen Architekturführer, Nr. 182, Stadtwandel Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-86711-204-8 (deutsche Ausgabe), ISBN 978-3-86711-205-5 (englische Ausgabe).
Paul Widmer: Minister Hans Frölicher. Der umstrittenste Schweizer Diplomat, Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2012, ISBN 978-3-03823-779-2.
Lucas Elmenhorst: Kann man national bauen? Die Architektur der Botschaften Indiens, der Schweiz und Großbritanniens in Berlin, Gebr. Mann Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-7861-2623-2 (zugleich Dissertation an der Humboldt-Universität 2009).
Claudia Schwartz: Das Haus im Nachbarland. Die Schweizerische Botschaft im Berliner Regierungsviertel, Verlagshaus Braun, Berlin 2001, ISBN 3-935455-03-8.
Paul Widmer: Die Schweizer Gesandtschaft in Berlin. Geschichte eines schwierigen diplomatischen Postens, Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 1997, ISBN 3-85823-683-7.