Dieser Artikel behandelt die Gemeinde im Süden der Städteregion Aachen, Nordrhein-Westfalen. Zur Ortsteil von Eschweiler im Nordosten der Städteregion Aachen siehe Röthgen. Siehe auch Rödgen bzw. Röttgen.
Lage der Gemeinde Roetgen in der Städteregion Aachen
Roetgen ([ˈʁøːtçən], Röhtchen) ist eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen an der Grenze zu Belgien. Sie gehört zur Städteregion Aachen. Durch die Nähe zu Aachen wurde die Gemeinde vor allem für Pendler interessant, es existieren daher verschiedene Neubaugebiete aus den 1970er, 1980er und 1990er Jahren sowie ein Gewerbegebiet aus den 1990er Jahren. Seit dem 27. November 2012 trägt die Gemeinde offiziell den Titel Tor zur Eifel.[2]
Eine Urkunde von 1430, die das Erbrecht am Vichtbach beschreibt, bekundet den historischen Ursprung der mittelalterlichen Eisenverhüttung im ReitwerkMulartshütte bei Mulartshütte. Die Steuererhebungslisten des Monschauer Landes von 1551 weisen die ersten Siedler von Roetgen, die Wald- und Heideland roden mussten, namentlich nach; es ist jedoch bereits im 15. Jahrhundert von einer initialen Besiedlung auszugehen. 1555 wurde der damalige Weiler Petergensfeld, zum Herzogtum Limburg zählend, an Spanien abgetreten. Siehe Spanische Niederlande.
Von 1636 bis 1660 wurde die erste Kirche gebaut, von der nur noch ein Teil – die heutige Marienkapelle – erhalten ist. Im 18. Jahrhundert entstand durch Übertritte auch eine reformierte Kirchengemeinde, die zwischen 1779 und 1782 die Evangelische Kirche Roetgen errichtete.[3]
Tuchmachergewerbe und Weberei waren im 18. Jahrhundert die wirtschaftliche Basis Roetgens. Charakteristisches architektonisches Beispiel dieser Zeit ist das Alte Jägerhaus in Mulartshütte.
1885 wurde Roetgen an die Eisenbahnstrecke Aachen – St. Vith, die damals noch deutsch war, angeschlossen. Als nach dem Ersten Weltkrieg die Region Eupen-Malmedy an Belgien fiel, wurde Roetgen Grenzgemeinde und die Vennbahn einschließlich des Bahnhofs Roetgen zu belgischem Staatsgebiet. Die durch die nun belgische Bahntrasse abgetrennte Exklave Roetgen/Lammersdorf wurde neben Mützenich, Ruitzhof, Rückschlag und Münsterbildchen zu eine von fünf deutschen Exklaven in Belgien. Die Logistik und wirtschaftliche Versorgung des Gebietes waren hierdurch gefährdet.
1909 war mit dem Bau der Dreilägerbachtalsperre begonnen worden, die 1926 durch einen Stollen mit dem Kalltal und später über die zwischenzeitlich gebauten Kalltalsperre und Rurtalsperre mit der Rurtalsperre verbunden wurde.
Einen weiteren schweren Einbruch in der Wirtschaftsgeschichte der Region stellte der Zweite Weltkrieg dar. Am 12. September 1944 um 14:30 Uhr marschierten die Amerikaner, über Raeren-Petergensfeld kommend, bei dem Weiler Schwerzfeld in Roetgen ein.[4] Es war der erste Ort in Deutschland, der von den Amerikanern eingenommen wurde – so berichtete die New York Times am 14. September 1944.
Nach Kriegsende plante Belgien zunächst, die durch die Vennbahn entstandene Exklave zu annektieren, ließ diese Pläne aber im April 1949 wieder fallen[5].
Der Deutsch-Belgische Grenzvertrag von 1956 regelte u. a. die Rückgabe bestimmter Teilgebiete an Deutschland. Dies erfolgte am 28. August 1958 (BGBl. II S. 262).
Von 1815 bis 1971 gehörte Roetgen zum durch das Aachen-Gesetz aufgelösten Kreis Monschau. Die damals noch selbstständigen Orte Roetgen, Rott und Zweifall, zu dem Mulartshütte gehörte, bildeten schon seit 1934 das Amt Roetgen. Am 1. Juli 1969 schlossen sie sich zur neuen Gemeinde Roetgen zusammen.[6] Am 1. Januar 1972 wurde durch das Aachen-Gesetz der Ortsteil Zweifall (mit Ausnahme von Mulartshütte) abgetrennt, und die neue Gemeinde Roetgen wurde dem Kreis Aachen und dem Amtsgericht Monschau zugeteilt.[7]
Roetgen setzt nunmehr auf den Tourismus als Tor sowohl zur Eifel als auch zum Hohen Venn. Die grenznahe Lage, in der Nachkriegszeit ein wirtschaftlicher Nachteil, gereicht der Gemeinde nunmehr zum Vorteil.
Gemeindegliederung
Das Gemeindegebiet besteht aus folgenden Ortschaften: Roetgen, Rott und Mulartshütte, welches der älteste Ortsteil Roetgens ist.
Blasonierung: „In Rot einer silberner (weißer) Drache, der von einer schräg-links geneigten golden (gelben) Kreuzlanze durchbohrt wird.“[9]
Wappenbegründung: Das von Walther Bergmann entworfene Wappen wurde am 21. März 1973 vom Regierungspräsidenten in Köln verliehen. Die Darstellung basiert auf einem alten Wappen vom Ortsteil Rott, wo der Hl. Quirinus noch heute durch eine alljährliche "Quirinus-Oktav" verehrt wird.
Banner
00Banner: „Das Banner ist Rot-weiß-rot-weiß-rot im Verhältnis 3:2:3:2:3 längsgestreift, darüber im rechteckigen roten Bannerhaupt ohne Schild das Wappen der Gemeinde.“
Bürgermeister
Jorma Klauss (SPD) wurde im September 2015 in einer Stichwahl mit 56,79 % der Stimmen zum neuen Bürgermeister gewählt und 2020 mit 67,2 % der Stimmen im Amt bestätigt.[10][11]
Gemeindepartnerschaften
Die Gemeinde Roetgen pflegt Partnerschaften mit dem französischen Wervicq-Sud (seit 1967) und mit dem sächsischen Neumark (seit 1990).
Infrastruktur
Verkehr
Bis zur Stilllegung der noch bis 2001 als Museumsbahn genutzten Vennbahn (belgisches Hoheitsgebiet) existierte in Roetgen ein Bahnhof, der auf dem Gemeindegebiet von Raeren liegt. Nachdem 2010 die Strecke abgebaut wurde, ist auf der Trasse der Vennbahn-Radweg entstanden.[12] Der Ort ist über die Bundesstraße 258 – bei Roetgen wegen schnurgerader steiler Steigungsstrecken auch Himmelsleiter genannt – zu erreichen. Aachen ist etwa 17 km entfernt, Monschau 15 km und Simmerath 10 km.
Während der Sperrung der B258 kann der Nachtexpress in Konzen nur die Haltestellen Konzen Bf. und Breitestr. bedienen. Aus Zeitgründen kann Imgenbroich nicht bedienen.
Die Gemeinde Roetgen unterhält eine Grundschule in ihrem Ortszentrum. Schüler mit Gymnasial-, Realschul- und Hauptschulempfehlung steht die Sekundarschule Nordeifel im benachbarten Simmerath zur Verfügung, an deren Trägerschaft die Gemeinde Roetgen beteiligt ist. Abgerundet wird das schulische Angebot durch eine kostenpflichtige Privatschule im Gebäude des alten Klosters im Ortskern von Roetgen.
Eifelsteig
Der in Kornelimünster beginnende 313 km lange Wanderweg Eifelsteig führt durch Roetgen. Die Wanderstrecke führt durch die Eifel und endet in der römischen Kaiserstadt Trier.
Sehenswürdigkeiten
Die Marienkapelle ist der verbliebene Teil der ersten katholischen Pfarrkirche Roetgens, die nach dem neogotischen Neubau der St. Hubertuskirche (1854–1856) teilweise abgerissen wurde. Geweiht war sie dem Heiligen Hubertus von Lüttich, der Jungfrau Maria und Johannes dem Täufer.
Im Roetgener Rathaus steht die Skulptur eines Webers von Hermann Pier (1925–1985); draußen auf dem Vorplatz befindet sich eine Kopie. Neben dem künstlerischen ist ihr dokumentarischer Wert von Bedeutung, der diesen Berufsstand als prägend für die Wirtschaftsgeschichte Roetgens ausweist.
Die Charliers-Mühle (Unterbau in Bruchstein, 1768) ist eine ehemalige Wassermühle (heute Wohnhaus) an der Weser. In der sich hinter der Mühle erstreckenden Landschaft mit Weiden, Buchenreihen und Teichen verläuft auch Etappe 1 des Eifelsteigs.
Pit Gottschalk, Journalist und Medienmanager, u. a. Chefredakteur Sport Bild
Lotti Krekel (1941–2023), Schauspielerin und Sängerin
Albert Lauscher (1872–1944), katholischer Priester, Gymnasiallehrer, Professor für Theologie und Politiker der Zentrumspartei
Wilhelm Rombach (1884–1973), Landrat in Düren (1920 bis 1923), Regierungspräsident (1923 bis 1928) und Oberbürgermeister von Aachen (1928 bis 1933), nach dem Mord an Franz Oppenhoff noch einmal kurz Oberbürgermeister von Aachen im Jahr 1945. Ausgezeichnet mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland (1952).
↑Bettina Blank: Die westdeutschen Länder und die Entstehung der Bundesrepublik, München 1995, S. 220 [1]
↑Martin Bünermann: Die Gemeinden des ersten Neugliederungsprogramms in Nordrhein-Westfalen. Deutscher Gemeindeverlag, Köln 1970, S.78.
↑Martin Bünermann, Heinz Köstering: Die Gemeinden und Kreise nach der kommunalen Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen. Deutscher Gemeindeverlag, Köln 1975, ISBN 3-555-30092-X.