Er trat eine Assistentenstelle bei Ernst Blasius an der alten Chirurgischen Universitätsklinik am Domplatz in Halle an und habilitierte sich 1857.[4] Während einer langen Erkrankung von Blasius vertrat er ihn in der Leitung der Klinik. Wegen der zunehmenden Spannungen mit dem zurückgekehrten Blasius verließ Volkmann die Klinik und den Lehrkörper der Universität und ließ sich in Halle als praktischer Chirurg nieder. 1863 kehrte Volkmann als außerordentlicher Professor an die Universität zurück. Am Krieg gegen Österreich 1866 nahm er als Chefarzt des LazarettsTrautenau in Böhmen teil. 1867 wurden Volkmann das Ordinariat für Chirurgie und die Leitung der Chirurgischen Universitätsklinik übertragen. Während des Krieges gegen Frankreich 1870/71 war er als konsultierender Generalarzt beim IV. Armee-Korps, später an der Maas und bei der Südarmee eingesetzt. Im Krieg zog er sich eine Syphilis zu, die zur Tabes dorsalis führte.[5][6] Am 4. Mai 1885 von Preußens König Wilhelm I.nobilitiert[7], starb er vier Jahre später an einer Pneumonie. Sein Grab befindet sich auf dem hallischen Stadtgottesacker.[8]
Richard von Volkmann heiratete am 20. Mai 1858 Anna von Schlechtendal (* 23. August 1833; † 17. Juli 1914), eine Tochter des Botanikers Diederich Franz Leonhard von Schlechtendal.[9] Das Paar hatte sieben Kinder, darunter den Illustrator und Landschaftsmaler Hans Richard von Volkmann.
Chirurg und Hochschullehrer
Volkmann zählt zu den bedeutendsten Chirurgen des 19. Jahrhunderts. Er entwickelte neue Methoden zur Resektion der Gelenke, zur Operation komplizierter Brüche sowie zur Chirurgie und Orthopädie der Wirbelsäule und der Extremitäten. Er führte als erster deutscher Arzt die antiseptische Wundbehandlung mit Karbol (nach Joseph Lister, 1. Baron Lister) ein, wodurch die Überlebenschance bei Operationen sprunghaft anstieg und Bauchchirurgie im eigentlichen Sinne erst möglich wurde. Volkmann selbst entwickelte Verfahren zur Resektion von Mastdarmkrebs.
Nach ihm benannt sind
das Volkmann-Dreieck (beim Knöchelbruch: vorderes und hinteres V.-D.),
ein scharfer Löffel (auch Volkmann-Löffel oder scharfer Löffel (nach) Volkmann),
die Volkmann-Schiene (Beinschiene) sowie
das Volkmannsche Gehbänkchen, eine Vorform des heutigen Rollators.
1877 Über den Mastdarmkrebs und die Exstirpatio recti
1888 Sammlung klinischer Vorträge
1889 Resection von Rippenstücken aus deren Continuität oder um einfache Rippenosteotomie (Durchschneidung) in den schwersten Fällen von Scoliose. In: Berliner klinische Wochenschrift. Band 26, 1889, S. 1097 ff.
Literarische Arbeiten
Von Volkmann, in dessen Haus auch Künstler wie Wilhelm von Kügelgen sowie Robert und Clara Schumann verkehrten, veröffentlichte seine literarischen Werke unter dem PseudonymRichard Leander. Während seine Gelegenheitsschriften wie Gedichte, Lieder und Geschichten heute weitgehend vergessen sind, wurden die während des Kriegseinsatzes 1870/71 verfassten Märchen Träumereien an französischen Kaminen mit mehr als 300 Auflagen zu einem großen schriftstellerischen Erfolg.[10]
1871 Träumereien an französischen Kaminen (Märchen)
1876 Aus der Burschenzeit (Dichtung)
1878 Gedichte
1885 Kleine Geschichten
1889 Alte und neue Troubadour-Lieder
In der 1887 von Karl Emil Franzos herausgegebenen Deutschen Dichtung äußert sich ein Kritiker begeistert über die Träumereien:[11]
„Ein Erstlingswerk, das erste Erzeugnis eines Mannes, dessen Hand bisher nur das Messer und die Feder bloß zur Abfassung chirurgischer Fachschriften geführt – und welche Treffsicherheit des Stils, welche künstlerische Glätte, welche fein abgewogene Zartheit oder Kraft der Farbengebung! Alles fertig, rund, sicher, zuweilen höchstens ein Wort zu wenig, aber niemals eins zu viel, Inhalt und Form so vollständig zu eienander passend, daß das kritische Auge Gewand und Körper kaum voneinander zu trennen vermag.“
Der in Rom ansässige Bildhauer Artur Volkmann, ein Neffe Richards von Volkmann, schuf ein Marmor-Sitzbild des bekannten Arztes und Dichters, das am 1. August 1894 in Halle (Saale) vor der Chirurgischen Universitätsklinik an der Magdeburger Straße feierlich enthüllt wurde.
Die Mitteldeutsche Chirurgenvereinigung verleiht die Volkmann-Medaille alljährlich an verdiente Chirurgen.[13]
Literatur
Fedor Krause: Zur Erinnerung an Richard von Volkmann (Richard Leander). Hirschwald, Berlin 1890.
Bernhard Rogge: Richard von Volkmann. In: Velhagen & Klasings Neue Monatshefte. Jg. 4 (1889/90), Babd 1, Heft 6, Februar 1890, S. 848–853.
Wilhelm Anschütz: Zum Gedenken an Richard v. Volkmann. (Zu seinem 100. Geburtstage, den 17. August 1830). In: Münchener Medizinische Wochenschrift. Jg. 77 (1930), Nr. 33, 15. August 1930, S. 1413–1416.
Ute Söll: Leben und Wirken des Hallenser Chirurgen Richard von Volkmann. Dissertation, Universität Halle 1996.
Bernd Gay: Richard von Volkmann-Leander – Chirurg und Poet. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 18, 1999, S. 9–13.
Klaus-Peter Wenzel: 200 Jahre Hochschulchirurgie in Halle an der Saale (1811–2011). Projekte Verlag Cornelius, Halle 2011, ISBN 978-3-86237-278-2.
Florian Steger, Maximilian Schochow: Volkmanns scharfer Löffel und die Märchen von Leander. In: Achim Lipp, Jürgen Lasch (Hrsg.): Hallesche Helden der Heilkunst (= Edition Templerkapelle. Band 2). 2. Auflage. Freunde Templerhof Gut Mücheln e. V., 2015, ISBN 978-3-86977-062-8, S. 114–135.
↑Gothaisches genealogisches Taschenbuch der briefadeligen Häuser, 1907, S. 679
↑Träumereien an französischen Kaminen. Märchen. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1871 – Die Märchen wurden und werden von zahlreichen Verlagen veröffentlicht.