Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Stadt Röttingen im Landkreis Würzburg. Für den gleichnamigen Ortsteil der Stadt Lauchheim im Ostalbkreis in Baden-Württemberg siehe dort.
Es gibt die Gemarkungen Aufstetten, Röttingen und Strüth.
Klima
Der Tauberraum gehört trotz des Wasserreichtums im Talbereich zu den relativ trockenen Gebieten Frankens und ist durch Merkmale des kontinentalen, trocken-warmen Klimatyps mit geringen Niederschlagsmengen gekennzeichnet.
Es werden jährlich mehr als 30 Sommertage mit Temperaturen über 25 °C und weniger als zehn Frosttage mit Temperaturen unter 0 °C gezählt.
Geschichte
Bis zur Gemeindegründung
Die genaue Gründungszeit der Stadt liegt im Dunkeln. Erst im späten 5. Jahrhundert dürfte die alemannische Sippe der Ruoter Röttingen (Ruotingen) gegründet haben. Die erste sichere urkundliche Überlieferung stammt aus dem Jahr 1103 Januar 18. Seit 1275 besitzt Röttingen Stadtrechte. 1298 war die Stadt Ausgangspunkt des Rintfleisch-Pogroms und 1336 der ebenfalls judenfeindlichen Armledererhebung. Während der Zeit der Stammesherzogtümer lag der Ort im Herzogtum Franken.
Ursprünglich den Edlen von Hohenlohe gehörig, kam Röttingen unter die Landesherrlichkeit des Hochstifts Würzburg. Vom 14. Jahrhundert an war Röttingen Sitz eines Amtmannes, der als verlängerter Arm des Würzburger Fürstbischofs galt.
Der Bauernkrieg ging auch an Röttingen nicht spurlos vorbei und brachte das Wirtschaftsleben zum Erliegen. Erst unter dem langjährigen Regiment des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn erstarkte die weitgehend vom Weinbau abhängige Wirtschaft der Stadt. Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) hatte Röttingen viel unter Plünderungen und Raub zu leiden, denn zur Zeit Gustav Adolfs war das Taubertal für längere Zeit Kriegsschauplatz. Die Kriege des 16. und 17. Jahrhunderts brachten Stadt und Bürger erneut an den Rand des Ruins. Es bedurfte eines Napoleon, um in den Jahren 1803 bis 1814 dem fränkischen Kleinstaatenindividualismus ein Ende zu bereiten. Im Jahr 1818 entstand die politische Gemeinde.
19. und 20. Jahrhundert
Mit der Säkularisation wurde das geistliche Fürstentum aufgelöst und Röttingen dem bayerischen Untermainkreis zugeschlagen. Im Königreich Bayern wurde Franken 1837 in die Regierungsbezirke Ober-, Mittel- und Unterfranken gegliedert. 1919 kam für Röttingen die Selbstverwaltung.
Früher bestand mit der 36,5 km langen Gaubahn der Bayerischen Staatseisenbahnen vom 30. April 1907 ab ein Bahnanschluss von Ochsenfurt am Main zunächst bis Röttingen in Unterfranken, die am 17. November 1909 bis Weikersheim an der Bahnstrecke Crailsheim–Königshofen verlängert wurde; außerdem erhielt sie gleichzeitig einen 6,1 Kilometer langen Abzweig von Bieberehren nach Creglingen im Taubertal, dessen geplante Verlängerung nach Rothenburg ob der Tauber aber nie Wirklichkeit wurde. Während der Personenverkehr schon 1974 beziehungsweise 1967 endete, bestand bis Anfang der 1990er Jahre Güterverkehr, der wegen einer maroden Brücke zwischen Röttingen–Schäftersheim vorzeitig endete. Danach wurde die Trasse abgebaut und zu großen Teilen zu einem Radweg (Taubertalradweg und Gaubahnradweg) umgebaut.
Im Zeitraum 1988 bis 2018 sank die Einwohnerzahl von 1731 auf 1673 um 58 Einwohner bzw. um 3,4 %. 1999 hatte die Stadt 1789 Einwohner.
Quelle: BayLfStat
Konfessionsstatistik
Konfessionszugehörigkeit (gerundet) war 2006
römisch-katholisch 94 %
evangelisch 4 %
sonstige 2 %
Der Anteil der Protestanten und Katholiken an der Gesamtbevölkerung ist seitdem beträchtlich gesunken. Gemäß dem Zensus 2022 waren (Mai 2022) 12,9 % der Einwohner evangelisch, 65,9 % katholisch und 21,1 % waren konfessionslos, gehörten einer anderen Glaubensgemeinschaft an oder machten keine Angabe.[6]
Die Kommunalwahl am 15. März 2020 brachte folgendes Ergebnis:
Hermann Gabel, genannt Fernando (Zukunft Röttingen) wurde zum neuen Bürgermeister mit 60,99 % der Stimmen gewählt. Sein Vorgänger war Martin Umscheid (CSU/Freie Bürger), im Amt vom 1. Mai 2008 bis 30. April 2020. Am 15. September 2024 wurde, wegen gesundheitlicher Gründe des bisherigen Bürgermeisters, neu gewählt. Einzig offizieller Kandidat auf den Stimmzetteln war der CSU-Kandidat Jürgen Boier. Dieser verlor aber gegen Steffen Romstöck (Unabhängige Bürger Röttingen), der von den Bürgern händisch auf die Stimmzettel geschrieben wurde. Steffen Romstöck gewann die Wahl mit 51,9 % der Stimmen.[7]
Röttingen ist Sitz einer Verwaltungsgemeinschaft mit folgenden Mitgliedsgemeinden: Bieberehren, Riedenheim, Röttingen, Tauberrettersheim. Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft Röttingen ist der Röttinger Bürgermeister Hermann Gabel, genannt Fernando.
Wappen
Blasonierung: „In Rot der stehende Heilige Georg in silberner Rüstung mit rotem Kreuz auf der Brust, in der Rechten an goldener Lanze eine silberne Fahne, darauf ein durchgehendes rotes Kreuz; am linken Arm eine an der Schildfessel hängende silberne Tartsche mit rotem Kreuz“[8]
Das Wappen ist aus der Siegelführung um 1400 abgeleitet.
Weinmuseum[10] in der Burg Brattenstein: dokumentiert die Geschichte des Weinbaus in Röttingen (Lagerweg)
Museumsweinberg: In der Weinbaulage „Feuerstein“ wurde ein Museumsweinberg angelegt. Er dokumentiert auf einer Fläche von 1800 Quadratmetern mit drei Parzellen die Entwicklung des Weinbaues bis in die 1950er Jahre.
Burg Brattenstein (1230 erstmals urkundlich erwähnt), Viereck-Anlage, im Kern 12./13. Jahrhundert, im frühen 17. Jahrhundert stark verändert, weitere Veränderungen im 19. Jahrhundert, Reste von Bergfried und Graben;
Pfarrkirche St. Kilian (13. Jahrhundert), Saalbau, im Kern spätromanisch, die Choranbauten 14. und 15. Jahrhundert, 1606–1614 umgestaltet; mit Ausstattung
Hoher Bau (Untergasse 8): Um 1210/20 als dreigeschossiger Wohnturm auf quadratischem Grundriss errichtet, kurz danach um einen nur 1,20 m entfernten, südlich freistehenden Turm auf rechteckigem Grundriss ergänzt, der möglicherweise durch einen Holzsteg mit dem Nordturm verbunden war. Dessen Hocheingang befand sich im Burghof auf der Ostseite, wo die Zweiteilung noch an einem schachtartigen Einsprung erkennbar ist. Der Südturm wurde um 1430/40 nach Westen erweitert, mit einstigem Prunkerker im zweiten Obergeschoss, von dem noch die Konsolen erhalten sind. Sigmund von Gebsattel[11] verknüpfte die beiden Turmbauten 1494–97 durch Mauern miteinander und setzte einen einstöckigen Fachwerkaufbau mit einer Bohlenstube und zwei Dachgeschossen auf; im Inneren befindet sich sein Wappen an einem Türsturz. Anbauten des 18. und 19. Jahrhunderts. Geringe Reste eines bauzeitlichen Biforium in der Ostwand.[12]
St. Georgskapelle (15. Jahrhundert) katholische Friedhofskapelle, rechteckiger Saalbau, 1588, mit Ausstattung
Julius-Echter-Stift, zweigeschossiger, langgestreckter Renaissancebau, erbaut 1614/1615 durch Julius Echter von Mespelbrunn
Die fast vollständig erhaltene Stadtmauer besitzt noch sieben mittelalterliche Wehrtürme von ursprünglich 14 vorhandenen Türmen des 14./15. Jahrhunderts: Mühlenturm, alter und neuer Hundheimer Torturm, Schweinehirtenturm, Jakobsturm, Schneckenturm und Rippacher Turm. Für die gelungene Sanierung des Jakobsturms und des angrenzenden Hauses erhielt die Stadt 2009 den Förderpreis des Bezirks Unterfranken zur Erhaltung historischer Bausubstanz
Auf der Anhöhe nordöstlich der Ortschaft befindet sich das Röttinger Käppele
Sonstiges
Sonnenuhren-Rundweg (zwei Kilometer lang) mit 25 Sonnenuhr-Objekten (seit 1984)
Paracelsus-Gärtchen mit etwa 70 Heil- und Küchenkräutern direkt im Anschluss an die Burg Brattenstein
Kreuzweg zum Käppele (0,5 Kilometer lang, Beginn gegenüber Kapellenberg 1–2)
Frankenfestspiele Röttingen (vormals Festspiele Röttingen an der Romantischen Straße): alljährlich von Mai bis Mitte August im Hof der Burg Brattenstein mit Jungem Theater, Musical, Operette, Schauspiel und Konzerten, in den Anfangsjahren wurden vorwiegend Theaterstücke von Johann Nestroy aufgeführt
Georg Menig Daheim Kummer und Sorgen und hier im Felde gegenseitiges Morden – die Stadt Röttingen an der Tauber und der Erste Weltkrieg, Herausgegeben durch die Stadt Röttingen, Röttingen 2020, 200 Seiten, Gendi-Verlag (erhältlich in der Tourist-Information Röttingen)
Hartmut Eichinger: Bildbandreihe Röttingen im Zeitenlauf
Band 1: Burg Brattenstein, Erste Burgfestpiele, Europastadt, Röttingen 2017, 48 Seiten, s/w;
Band 2: Leben und Arbeiten, Röttingen 2018, 72 Seiten, s/w;
Band 3: Historische Daten, Bauten und Bilder, Röttingen 2018, 104 Seiten, s/w;
(erhältlich bei der Röttinger Tourist-Information, bei eibe Röttingen oder beim Autor)
Hartmut Eichinger: Chronik der Zimmererfamilie Eichinger Buch über die Zeit seit 1448 mit Berichten über 14 Generationen Zimmereibetrieb in Röttingen, Röttingen 2016 (erhältlich bei eibe Röttingen oder beim Autor)
Hartmut Eichinger: Visionen für Kinder Biografie des Autors mit Berichten über den Aufstieg des väterlichen Zimmereibetriebes zur Firma eibe, Röttingen 2017 (erhältlich bei eibe Röttingen oder beim Autor)
Dr. Michael Wieland: Röttingen – Ein Beitrag zur Geschichte dieser Fränkischen Landstadt, Original Würzburg 1858, (im Archiv von Hartmut Eichinger)
Dr. Michael Wieland: Röttingen – vermehrter und verbesserter Beitrag zu einer Geschichte dieser Stadt, Original Würzburg 1904, Nachdruck durch H. Eichinger 1990 (erhältlich bei H. Eichinger)
↑Nach Deutsche Fachprosa des Mittelalters: Ausgewählte Texte brachte der Ritter Sigmund von Gebsattel genannt Rack, Besitzer des damals Rockenhof genannte Hohen Baues, 1492 einen Bericht über fünf Turniere zu Papier, an denen er 1484-87 in Stuttgart teilgenommen hatte.