Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Miao (Begriffsklärung) aufgeführt.
Die Miao (chinesisch苗族, PinyinMiáozú) sind eine Übergruppierung mehrerer Völker, welche aus den bewaldeten Berggebieten Südchinas stammen und welche vor allem sprachlich miteinander verwandt sind. Die größten Völkergruppen der Miao sind die Hmong, Hmu, Qoxiong und Hmau.[1] In China stellen sie heute eine der 56 staatlich anerkannten Völkergruppen dar.[2] Weltweit zählt das Volk der Miao über 15 Millionen Menschen.[3]
Über die Geschichte der Miao gibt es seit etwa 2000 Jahren reichhaltige schriftliche Aufzeichnungen in den chinesischen Chroniken und Geschichtsbüchern. Eigene schriftliche Überlieferungen sind erst seit dem 17. Jahrhundert vorhanden, als europäische Missionare ihre Arbeit in China aufnahmen. Die ethnischen Wurzeln der Miao gehen vermutlich 4000 Jahre zurück.
Die Han errichteten bereits vor 3000 Jahren expandierende Agrarstaaten und die Vorfahren der heutigen Miao wurden von der schnell wachsenden Han-Bevölkerung immer weiter nach Süden und in die Berggebiete zurückgedrängt. So wurden sie zu einer ethnischen Minderheit Chinas. Besonders während der Qing-Dynastie (1644–1911) kam es immer wieder zu Aufständen der Miao, die blutig niedergeschlagen wurden. Erst mit Gründung der Volksrepublik China erlangten die Miao eine gleichberechtigte Stellung in der chinesischen Gesellschaft.
Miao oder Hmong
Je nachdem, auf welches Territorium man sich bezieht, dienen die Namen Hmung, Hmu, Meo, Meau und Hmong als Synonym für Miao. Viele Miao außerhalb Chinas bevorzugen Varianten von Hmong als Eigenbezeichnung. Einige glauben, dass Miao im Chinesischen „Barbaren“ bedeute (vgl. Man). Tatsächlich war Miao vor Gründung der Volksrepublik China eine Sammelbezeichnung für verschiedene Völker Südchinas, unter der auch viele ethnische Gruppen geführt wurden, die sich nicht zu den Miao zählen. Die heutige chinesische Bezeichnung Miaozu, also „Miao-Volk“, wird in China nicht mit den chinesischen Begriffen für „Barbaren“ in Verbindung gebracht, weshalb die Miao in China sich nicht herabgewürdigt fühlen und keine Unzufriedenheit äußern. Nicht in China lebende Miao sehen dies jedoch anders und nennen sich stattdessen Hmong, denn aus ihrer Sicht bedeutet Hmong „freie Menschen“,[4] was ihren Wunsch nach einem Leben in Freiheit zum Ausdruck bringt. Die tatsächliche Bedeutung des Wortes ist allerdings unklar.
Die Sprachen der Miao gehören zur Sprachgruppe der Miao-Yao-Sprachen. Es gibt mehrere Schriftsprachen. Chinesische Wissenschaftler zählen die Miao-Yao-Sprachen in der Regel zur Sprachfamilie der sinotibetischen Sprachen.
Zur Miao-Nationalität werden auch ethnische Gruppen gezählt, die keine Miao-Sprache sprechen. In Chengbu und Suining (Hunan), in Longsheng und Ziyuan (Guangxi) und in Jinping (Guizhou) gibt es Miao, die Chinesisch sprechen (insgesamt etwa 100.000); in Sanjiang (Guangxi) sind Sprecher der Dong/Gaeml-Sprache Teil der Miao-Nationalität (über 30.000) und in der Inselprovinz Hainan gehören Yao-Sprecher zu den Miao (über 100.000).
Kultur
Eine Krefelder Ausstellung[5] zeigte 2015 in Textil gewebte Geschichten der Miao. Die Exponate, hergestellt in alten Textil-Techniken, hatte die Reisende Ien Rappoldt in Guizhou entdeckt. Die verschiedenen Miao-Untergruppen spiegeln sich in einer Vielfalt der Trachten. Die wohl auffälligste Gruppierung ist die der „Langhorn Miao“ in Guizhou und Hunan. Deren Frauen tragen bei traditionellen Anlässen einen gewaltigen Kopfschmuck aus Silber, der Hörner zeigt, welche denen eines Wasserbüffels ähneln; sowie lange Gewänder mit reichen, aus Silber gefertigten Verzierungen. Ein derartiges Kostüm wiegt bis zu 22 Kilogramm. Bisweilen sind Ohrringe so schwer, dass manche ältere Frauen davon deformierte Ohrläppchen haben.
Religion
Die Miao huldigen verschiedenen Gottheiten und Vorfahren ihres Volkes. Im Laufe der Geschichte wurden theoretische und praktische Elemente des Daoismus hinzugefügt, außerdem wird Wert darauf gelegt, den Gesetzen der Natur zu folgen und sich in Einklang damit zu bringen. Die größte Gottheit wird Saub oder Yawm Saub genannt, er gibt den Schamanen ihre Fähigkeiten. Der Gott Saub darf in Zeiten von Not gerufen werden.
Die Gottheiten der kosmischen Natur werden Dab genannt, wohingegen Dab Need oder Qhua Neeb schamanische Geister sind, die durch die Welten schweben und mit Schamanen zusammenarbeiten. Bei diesen Geistern wird unterschieden zwischen wilden Geistern und zahmen und freundlichen Hausgeistern. Eine weitere Kategorie von Geistern sind die Xwm Kab, die aus der Welt der Vorfahren stammen, auch sie werden bei schamanischen Ritualen eingesetzt. Ein im Haus befindlicher Altar wird vornehmlich dem Gott Dab Xwm Kab, dem Gott des Glücks, gewidmet. Er wird an der Wand des Wohnzimmers befestigt. Auf dem Altar werden Gaben dargereicht wie Reis, Huhn und Suppe. Am letzten Tag des alten Jahres wird den Vorfahren Reis und ein geopfertes Huhn dargereicht, außerdem wird ein Ritual abgehalten, an dem die Seelen angerufen werden. Die meisten Miao praktizieren heute weiterhin die traditionelle Religion, einige sind zum Buddhismus übergegangen. Viele in Amerika und Australien lebende Miao sind zum Buddhismus oder Christentum übergetreten.
Verbreitung der Miao
Provinzebene
Beim Zensus im Jahre 2000 wurden in China 8.940.116 Miao gezählt. Verteilung der Miao-Bevölkerung in China:
In der Provinz Guizhou sind 12,2 % (1990: 11,38 %) der Gesamtbevölkerung Miao, in Hunan 3,04 % (2,57 %), in Yunnan 2,46 % (2,43 %), in Chongqing 1,65 % und in Guangxi 1,06 % (1,01 %).
Kreisebene
Verbreitungsgebiete der Miao Chinas auf Kreisebene (2000)
Hier wurden nur Werte ab 0,25 % berücksichtigt. AG = Autonomes Gebiet; AB = Autonomer Bezirk; AK = Autonomer Kreis.
Wu Xinfu (伍新福), Long Boya (龙伯亚); Miaozu shi (苗族史 Geschichte der Miao). Sichuan minzu chubanshe 四川民族出版社 (Nationalitätenverlag Sichuan), Chengdu 1992, ISBN 7-5409-0857-2.
Gary Y. Lee, Nicholas Tapp: Culture and Customs of the Hmong. Greenwood, 2010, ISBN 0313345260.
Weblinks
Commons: Miao – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
↑Christian Culas, Jean Micraud: A Contribution to the Study of Hmong (Miao) Migrations and History. In: Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde. Band153, Nr.2, 1997, ISSN0006-2294, S.211–243, JSTOR:27864832.
↑Never say Dai. In: The Economist. 9. März 2013, ISSN0013-0613 (economist.com [abgerufen am 19. März 2021]).
↑Jacques Lemoine (2005). "What is the actual number of (H)mong in the world?" (PDF). Hmong Studies Journal. 6.