Manfred von Brauchitsch entstammte dem alten schlesischen Adelsgeschlecht derer von Brauchitsch und war der Sohn des preußischenOffiziers Viktor von Brauchitsch (1864–1925) und Olga, geb. von Bomsdorff (1873–1954). In erster Ehe heiratete er am 27. Dezember 1946 in Starnberg Gisela Hundt (1918–1957). In zweiter Ehe heiratete er nach seiner Flucht in die DDR am 22. November 1958 Lieselotte Schneider (1918–2003). Sein Patensohn und einziger Neffe ist der Fotograf Victor von Brauchitsch.
Leben
Brauchitsch besuchte zwischen 1913 und 1923 ein Gymnasium in Berlin. 1923 trat er in Berlin-Spandau einem Freikorps bei und wurde Mitglied der Brigade Erhardt. Von 1924 bis 1928 diente er in der Reichswehr. Nach dem Besuch der KriegsschuleDresden hatte er einen schweren Motorradunfall und schied wegen seiner dabei erlittenen Verletzungen aus der Reichswehr aus. Nach seiner Genesung wurde er Rennfahrer.
Ab 1933 war er Werksfahrer von Mercedes-Benz. Brauchitsch hatte den Spitznamen „Pechvogel“, weil er als Rennfahrer zwar schnell war, aber immer wieder durch unglückliche Umstände um Siege oder gute Platzierungen gebracht wurde. Einen Teil des Pechs hatte er sich allerdings selbst zuzuschreiben, da er äußerst schonungslos mit seinen Fahrzeugen umging.
Ein gutes Beispiel dafür ist der XI. Große Preis von Deutschland am 24. Juli 1938 auf der Nordschleife des Nürburgrings. Beim Boxenstopp geriet er durch verschütteten Kraftstoff mit seinem Wagen in Flammen. Brauchitsch wurde von Rennleiter Alfred Neubauer aus dem Wagen gezogen und der brennende Overall gelöscht. Als das Feuer erstickt war, setzte sich Brauchitsch wieder in den Wagen. Das Lenkrad wurde aufgesteckt und er nahm das Rennen wieder auf. Bei der nächsten Bodenwelle löste sich bei ungefähr 190 km/h das Lenkrad. Beim folgenden Unfall blieb Brauchitsch unverletzt, obwohl der Wagen stark beschädigt wurde – angesichts des damaligen geringen Sicherheitsstandards ein großes Glück.
Seine ersten Rennen bestritt Brauchitsch in einem privaten Mercedes-Benz Typ SSK seines Vetters Hans von Zimmermann, Nischwitz. Seinen ersten großen Sieg feierte er 1932 auf der Berliner AVUS, wo er mit einer von Reinhard von Koenig-Fachsenfeld entworfenen, aerodynamisch geformten Spezial-Karosserie auf seinem Mercedes SSKL angetreten war. Von 1934 bis 1939 gehörte er zum Werksteam des Herstellers. Trotz seines sprichwörtlichen Pechs erreichte er einige große Siege, wie zum Beispiel beim Großen Preis von Monaco im Jahr 1937 oder 1938 beim Großen Preis von Frankreich. Er hält den Streckenrekord des zwischen 1913 und 1934 ausgetragenen Gabelbachrennens.
1945 übersiedelte Brauchitsch an den Starnberger See, und 1948 wurde er Sportpräsident des wieder gegründeten AVD.
1949 bis 1950 lebte er in Argentinien, wo er vergeblich versuchte, sich wieder als Rennfahrer zu betätigen. Im März 1950 kehrte er nach Deutschland zurück. Ein Versuch, dort in den aktiven Motorsport zurückzukehren, blieb eine kurze Episode, da ihm nur ein weit unterlegener, umgebauter BMW aus der Vorkriegszeit zur Verfügung stand.
Der inzwischen mittellose Brauchitsch traf sich mehrfach mit Walter Ulbricht, dem Generalsekretär des ZK der SED, und ließ sich im März 1951 zum Vorsitzenden des „Westdeutschen Komitees für Einheit und Freiheit im Deutschen Sport“ wählen. Nachdem auch seine Autobiografie in einem Ost-Berliner Verlag erschienen war und der Staatsschutz der Bundesrepublik Deutschland Ermittlungen über das Sport-Komitee angestellt hatte, wurde er im September 1953 wegen Hochverrats, Geheimbündelei und Staatsgefährdung verdächtigt und kam für acht Monate in Untersuchungshaft. Kurz vor der Gerichtsverhandlung am Bayerischen Obersten Landesgericht wurde seine Untersuchungshaft aufgehoben. Er verließ Silvester 1954 seine erste Ehefrau Gisela und flüchtete in die DDR.
Zunächst war die Staatsführung der DDR gar nicht sonderlich begeistert darüber, zumal sie befürchtete Brauchitsch hätte den westdeutschen Ermittlungsbehörden zu viel über das „Westdeutsche Komitee für Einheit und Freiheit im Deutschen Sport“ und die Verstrickungen der DDR in dieses Komitee verraten. Schließlich setzte sich ob der Popularität Brauchitschs aber die Erkenntnis durch, dass der propagandistische Erfolg über seine Übersiedlung in die DDR größer wäre.
1957 entstand der DEFA-Film Rivalen am Steuer, dessen Drehbuch auf seinen Erinnerungen basiert.
1966 wurde sein Buch Ohne Kampf kein Sieg von Rudi Kurz für das Fernsehen der DDR in fünf Teilen verfilmt. In der Hauptrolle spielte Jürgen Frohriep.
Literatur
Walter von Hueck: Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A (Uradel) 1992, Band XXII, Band 103 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke, Limburg (Lahn) 1992, S. 37. ISSN0435-2408.
Christoph Franke u. a.: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser A (Uradel), Band XXVIII, Band 138 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke, Limburg (Lahn) 2005, S. 16. ISSN0435-2408
Frank O. Hrachowy: Stählerne Romantik – Automobilrennfahrer und nationalsozialistische Moderne, in: Schriften zur Literaturwissenschaft, Verlag Books on Demand, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8370-1249-1.