Dieser Artikel behandelt das Mainzer Schloss in der Stadt Heilbad Heiligenstadt. Zum Kurfürstlichen Schloss in Mainz siehe Kurfürstliches Schloss (Mainz).
Das Mainzer Schloss befindet sich auf dem Stiftsberg, einer kleinen Erhebung am westlichen Rand des historischen Stadtkerns von Heiligenstadt, das seit 1022 zum Kurfürstentum Mainz gehörte und lange Zeit von der Burg Rusteberg aus verwaltet wurde. Der Platz vor dem Schloss ist der heutige Friedensplatz. Benachbarte Sehenswürdigkeiten sind die Kirche St. Martin und das Bergkloster.
Geschichte
Mit Verlegung des Oberamtes 1540 vom Rusteberg nach Heiligenstadt wohnten und arbeiteten die Oberamtmänner und die Verwaltung zunächst in einem Teil der Stiftskurie, später im Stiftskorn- und Stiftsbrauhaus. Unter dem Kurfürsten Johann Schweikhard von Cronberg wurde die Gebäude 1603 abgerissen und am gleichen Ort ein neuer Hof des Erzbischofs, das Oberamtshaus mit weiteren Wirtschaftsgebäuden und der Laurentiuskapelle errichtet. Teile der Wirtschaftsgebäude sind noch heute hinter dem Schloss vorhanden, eine Steintafel an der „Alten Sparkasse“ erinnert an den Auftraggeber Johann Schweikhard.[1]
Nachdem der Oberamtmann Johann Eberhard von Leyen gestorben war und der KurfürstPhilipp Karl von Eltz-Kempenich 1732 seinen Neffen Hugo Franz Carl von und zu Eltz-Kempenich als Vertreter der Mainzer Kurfürsten einsetzte, wandelte er das Oberamt in eine Statthalterei um. Da die Räumlichkeiten für die immer umfangreicher werdenden Aufgaben nicht mehr ausreichten, wurden das alte Oberamtshaus und einige Kurien des Stiftes abgerissen. Von 1736 bis 1738 ließ Kurfürst Philipp Karl von Eltz-Kempenich das Schloss als Residenz des erzbischöflichen Statthalters vom Dingelstädter Baumeister Johann Christoph Heinemann (1695–1777) erbauen. Dieser war auch für das nahe Schloss Bischofstein verantwortlich. Die Laurentiuskapelle wurde ebenfalls abgerissen und in den Schlossneubau integriert.
Das Portal mit Sterntor, zwei Balkone, ein kunstvoller Rundgiebel mit Wappen des Statthalters von Eltz, der eichengeschnitzte Treppenaufgang sowie Stuckarbeiten im Treppenhaus und weiteren Räumen sind besondere Baumerkmale des Gebäudes. Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal (* 1719; † 1802) hielt sich als letzter Landesherr hier auf (1777, 1792 und 1796).
Heute ist das Gebäude Sitz des Landratsamtes des Landkreises Eichsfeld.[2]
Seit 2019 wird es im Rahmen einer Generalsanierung umgebaut, welche 2024 abgeschlossen sein soll.
Baubeschreibung
Der Schlosskomplex besteht aus 4 Teilen: dem Hauptgebäude, einem Nebenflügel, den ehemaligen Wirtschaftsgebäuden des Oberamtshauses und der im 19. Jahrhundert neu entstandenen ehemaligen Sparkasse. Der Barockbau wurde mit Sandsteinquadern errichtet. Die Hauptfassade über dem Hauptportal weist zwei Balkone und einen Rundgiebel mit dem Wappen des Kurfürsten Philipp Karl von Eltz-Kempenich. Die Laurentiuskapelle wurde im Hauptgebäude neu ausgestattet und war von außen zugänglich. Zum tiefer gelegenen Stadtgebiet ist der Schlosskomplex auf dem Stiftsberg mit einer hohen Mauer umgeben.
Hauptportal am Friedensplatz
Erhaltengebliebene Gebäude des ehemaligen Oberamtes
Kapelle im Mainzer Schloss
Die Alte Sparkasse
Schlossmauer am Knickhagen
Verwaltungsbehörden
Bereits mit der Errichtung des St. Martin-Stiftes und dem Archidiakonat zu Heiligenstadt um das Jahr 900 befand sich auf dem Stiftsberg eine kirchliche Verwaltungsbehörde. Mit der Verlegung des Kurmainzischen Oberamtes vom Rusteberg auf dem Stiftsberg befindet sich hier bis zum heutigen Tag eine kontinuierliche Behördenstruktur für das Eichsfeld und zum Teil darüber hinaus.
Kurmainzisches Oberamt
1540 wurde das Oberamt und das Landgericht nach Heiligenstadt verlegt. Es befand sich in den Vorgängergebäuden des Schlosses, von denen noch einige im hinteren Schlossareal erhalten sind. Der Oberamtmann war der Stellvertreter des Mainzer Kurfürsten für das Eichsfeld und angrenzender Gebiete, wie der Ganerbschaft Treffurt. Folgende Oberamtmänner sind nachgewiesen:[3]
Der Kurfürst Philipp Karl von Eltz-Kempenich wandelte das kurmainzische Oberamt in Heiligenstadt in eine Statthalterei des Eichsfelder Staates um. Das neu erbaute Schloss wurde der Sitz folgender Statthalter:
Preußische Regierung und Kriegs- und Domänenkammer
Nach Besetzung des Eichsfeldes 1802 durch das Königreich Preußen wurde die Kurmainzische Verwaltung aufgelöst und zunächst eine Zivilkommission eingesetzt. Heiligenstadt war dann Sitz der preußischen Regierung mit seinen Landesbehörden für das Eichsfeld, Erfurt, Nordhausen und Mühlhausen, bis die Regierung 1804 nach Erfurt wechselte. Gleichzeitig war Heiligenstadt zeitweise Sitz der Eichsfeld-Erfurtischen Kriegs- und Domänenkammer (1803–1806 und 1813–1816). Für die evangelischen Religionsangelegenheiten wurde ein Lutherisches Landeskonsistorium zu Heiligenstadt geschaffen, zuständig für das Eichsfeld und die Gebiete Nordhausen, Mühlhausen und Erfurt mit einem neu berufenen Generalsuperintendenten an der Spitze.[5]
1802–1803 Kammergerichtsrat von Ludendorf[6] (für die Königlich Preußische zur Interim-Verwaltung und Organisation des Eichsfeldes und der Städte Mühlhausen und Nordhausen verordnete Kommission)
1803–1804 Regierungspräsident Ernst Karl Wilhelm von Reibnitz[7] (für die Regierung des Eichsfeldes, Erfurt und der Städte Mühlhausen und Erfurt, ab 1804 in Erfurt)
Nach dem Sieg Napoleons bei Jena und Auerstedt im Oktober 1806 kam das Eichsfeld an das Königreich Westphalen, und Heiligenstadt wurde zur Hauptstadt des Harzdepartements und des Distriktes Heiligenstadt mit dem Sitz der Königlichen Präfektur.
Nach erneuter Inbesitznahme des Eichsfeldes durch das Königreich Preußen war das Schloss Sitz der Kreisverwaltung Heiligenstadt, zunächst als Kreis Obereichsfeld, dann umbenannt in Kreis Heiligenstadt und 1939 in Landkreis Heiligenstadt. Folgende Landräte sind bekannt:
Durch die Kreiseinteilung des Landes Thüringen 1945 wurden die bisherigen Landkreise Heiligenstadt und Worbis zum Landkreis Eichsfeld zusammengelegt. 1946 wurde der Name des Landkreises in Landkreis Worbis (mit Sitz in Heiligenstadt) geändert. Mit der Neugliederung der Verwaltungen 1952 in der DDR wurde der Kreis Heiligenstadt geschaffen, das Schloss wurde Sitz des Vorsitzenden des Rates des Kreises. 1990 wurde es zum Sitz des Landrates Heiligenstadt und 1994 des Landkreises Eichsfeld.
Josef Keppler: Das Heiligenstädter Schloß. Hrsg. Landkreis Eichsfeld, Druck Cordier Heiligenstadt, 3. Auflage 1997
Eckard Büttner: Das Heiligenstädter Schloss. Residenz des Statthalters im kurmanzischen Eichsfeld. In: Heimat Thüringen 7 (2000), hg. vom Heimatbund Thüringen, ISSN 0946-4697, S. 16–17
Raban Graf von Westphalen: Das Heiligenstädter Schloss und die letzten Mainzer Kurfürsten. Ein Beitrag zum kurmainzischen Bauwesen . In: Eichsfelder Heimatzeitschrift. 61. Jg., Heft 10, Seiten 293–301
Einzelnachweise
↑Josef Keppler: Das Heiligenstädter Schloß. Hrsg. Landkreis Eichsfeld, Druck Cordier Heiligenstadt, 3. Auflage 1997, Seite 3