Aufgewachsen in der Villa seines Vaters in Alt-Radebeul, begann Lothar Schmid nach seiner Schulzeit ein Jura-Studium in Bamberg und übernahm nach dem Tod seines Vaters Euchar Albrecht Schmid 1951 zusammen mit seinen beiden Brüdern Joachim Schmid und Roland Schmid die Leitung des Karl-May-Verlages in Bamberg, den er nach dem Tod seiner Brüder und der Auflösung der Erbengemeinschaft von 2003 bis 2007 mit seinem Sohn Bernhard (* 1962) führte. 2007 zog er sich aus der Geschäftsführung zurück.
Am 18. Mai 2013 verstarb Lothar Schmid in Bamberg im Alter von 85 Jahren.
Schachkarriere
Nahschach
Mit etwa 13 Jahren wurde Lothar Schmid Mitglied im Schachklub Radebeul. Zwei Jahre später wurde er Stadtmeister von Dresden und Gaumeister von Sachsen. 1943 belegte er bei der Reichsmeisterschaft der Hitler-Jugend in Wien den geteilten zweiten Platz. 1947 gewann er die deutsche Jugendmeisterschaft und im gleichen Jahr die Meisterschaft der sowjetischen Besatzungszone im Titel-Stichkampf gegen Gerhard Pfeiffer. Diesen ersten Platz musste er sich 1949 nach dem Turnier in Großröhrsdorf mit Wolfgang Pietzsch teilen.
Schmid zog noch im Jahr 1947 nach Bamberg um, nahm 1948 erstmals an der deutschen Meisterschaft für Herren teil und belegte dabei den vierten Platz. Im Jahr 1950 gewann er im Finale gegen Walter Niephaus den zum ersten Mal ausgetragenen „Deutschen Schachpokal“.[2] Für seinen Sieg beim Turnier in Zürich 1954 (vor Nievergelt und Euwe) wurde ihm nachträglich 1959 der Titel eines Großmeisters verliehen.[3] Jeweils Zweiter wurde er 1955[4] in Frankfurt-Höchst hinter Klaus Darga und 1959[5] in Nürnberg hinter Wolfgang Unzicker bei den Deutschen Meisterschaften.
Als Verleger der Werke von Karl May konnte er sich dem Schach nie als Profi widmen. So musste er 1958 aus beruflichen Gründen auf die Teilnahme am Interzonenturnier in Jugoslawien verzichten.
Der Aufbau 1. d2–d4 c7–c5 2. d4–d5 d7–d6 3. e2–e4 Sg8–f6 4. Sb1–c3 g7–g6 wurde als Schmid-Benoni bekannt.
Fernschach
Schmid war auch als starker Fernschachspieler bekannt: Er gewann die erste deutsche Meisterschaft (1950 bis 1952 ausgespielt) und das Eduard-Dyckhoff-Gedenkturnier, das 1954 begann, mit dem Endergebnis von 14 aus 15 (+13 =2 −0) vor Spielern wie Albéric O’Kelly de Galway und Berthold Koch. Bei der von 1956 bis 1959 ausgetragenen zweiten Weltmeisterschaft belegte er den geteilten 2. Platz.[9] Neben dem Großmeistertitel der FIDE trug er auch den Fernschachgroßmeistertitel der ICCF.
Schiedsrichter
Der breiten Öffentlichkeit wurde er bekannt als Schiedsrichter des legendären Wettkampfes um die Schachweltmeisterschaft 1972 in Reykjavík zwischen dem sowjetischen Titelträger Boris Spasski und dessen US-amerikanischem Herausforderer Bobby Fischer, dem sogenannten Match des Jahrhunderts. Dieser Wettkampf wurde damals zum Kampf der politischen Systeme hochstilisiert. Nach Einschätzung von Schachhistorikern ist es dem umsichtigen Verhalten und diplomatischen Geschick von Lothar Schmid zu verdanken, dass der brisante, mehrmals vor dem Abbruch stehende Wettkampf trotz aller Spannungen ordnungsgemäß beendet werden konnte.[10] Als es 1992 in Jugoslawien überraschend zu einem „Revanche-Wettkampf“ zwischen Fischer und Spasski kam, war Schmid erneut als Schiedsrichter mit von der Partie.
Schmid war außerdem bei den WM-Kämpfen Karpow–Kortschnoi (Baguio 1978) und Kasparow–Karpow (London/Leningrad 1986) sowie bei vielen anderen Top-Ereignissen als Schiedsrichter dabei.
Aufgrund seiner Verdienste als internationaler Schachschiedsrichter wurde Lothar Schmid zum Schachschiedsrichter des Jahrhunderts gewählt. Die Auszeichnung wurde ihm 2005 im Rahmen der Jugend-Schacholympiade in Novi Sad im Beisein des ehemaligen Weltmeisters Anatoli Karpow verliehen.
Schachbibliothek
Schmid besaß bis zu seinem Tod eine Sammlung von über 50.000 Schachpublikationen, die wohl die größte in Deutschland und weltweit die bedeutendste Privatsammlung von Schachliteratur war.
Auszeichnungen
1969: Goldene Ehrennadel des Deutschen Schachbundes[11]
↑Vornamen gemäß amtlicher Sterbeurkunde S675/2013 des Standesamts Bamberg vom 6. Juni 2013. Ein weiterer in einer einzelnen Quelle kursierender Vorname ist amtlich nicht belegt.