Die Ligue de la patrie française (Liga für das französische Vaterland) war eine französische politische Organisation mit nationalistischer Ausrichtung, die am 31. Dezember 1898 im Zusammenhang mit der Dreyfus-Affäre gegründet wurde und die bis 1904 bestand. Die Liga vereinte intellektuelle und weltliche Anti-Dreyfusards.
Die Ligue de la patrie française wurde als Reaktion auf die Gründung der Ligue des Droits de l’Homme ins Leben gerufen, um die heterogenen antidreyfusardischen Kräfte zu bündeln und zu organisieren. Ihr gehörten Professoren und Künstler ebenso an wie Boulangisten und Bonapartisten. Ihre Aktivitäten blieben begrenzt. Bei den Kommunalwahlen 1900 triumphierte sie vor allem in Paris. Dem Wahlsieg der Linken 1902 konnte sie jedoch nicht standhalten, ebenso wenig wie die Ligue des Patriotes von Paul Déroulède, die ebenfalls 1904 offiziell aufgelöst wurde. Die beiden wichtigsten Köpfe der Ligue waren der Schriftsteller Maurice Barrès und der Literaturkritiker Jules Lemaître, ihr Präsident.
Die Ligue unterschied sich von anderen antidreyfusardischen Gruppierungen: von der Ligue des patriotes, die Boulanger unterstützt hatte und der parlamentarischen Republik zunehmend feindselig gegenüberstand, sowie von der Ligue nationale anti-sémitique de France, gerade weil sie es vermied, mit diesem Antisemitismus in Verbindung gebracht zu werden. Sie vereinte also nationalistische Konservative, die die Armee gegen die Dreyfusards unterstützen wollten, ohne die Republik in Frage zu stellen. Auf dieser Grundlage war ihr Zusammenhalt jedoch sowohl doktrinär als auch strategisch schwach. Daher gelang es ihr nicht, über die Eliten und Intellektuellen hinaus, aus denen sie zu zwei Dritteln bestand, zu mobilisieren. Nach dem Austritt von Barrès 1901 und Coppée 1902 konnte sie auch die Wahlniederlage im selben Jahr nicht verkraften. Sie näherte sich der ihr nahestehenden konservativen Rechten an und versuchte 1904, in der Action libérale populaire aufzugehen, was ihr jedoch nicht gelang, da die Action libérale, die aus ehemaligen Monarchisten bestand, die sich der Republik angeschlossen hatten, ihr vorwarf, die katholische Kirche nicht klar zu verteidigen. Mangels eines ausreichend starken ideologischen Rückgrats zerfiel sie schließlich in verschiedene konservative Strömungen.[1]
Mitglieder
Die unten aufgelisteten Personen gehören zu den Unterzeichnern der ersten Erklärung der Liga.[2] Diese lautete:
« Die Unterzeichneten, erschüttert durch die Fortdauer und die Verschlimmerung der verhängnisvollsten aller Unruhen, überzeugt, dass sie nicht länger andauern können, ohne die lebenswichtigen Interessen des französischen Vaterlandes tödlich zu gefährden, insbesondere jene, deren ruhmreiches Vermächtnis in den Händen der nationalen Armee liegt, überzeugt auch, dass sie damit die Meinung Frankreichs zum Ausdruck bringen, haben beschlossen, innerhalb der Grenzen ihrer Berufspflicht zu arbeiten und, indem sie sich dem Fortschritt der Ideen und der Sitten anpassen, die Traditionen des französischen Vaterlandes zu bewahren: sich ohne sektiererische Gesinnung zu vereinigen und zusammenzuschließen, um in diesem Sinne durch Wort, Schrift und Beispiel nützlich zu wirken und den Geist der Solidarität zu stärken, der alle Generationen eines großen Volkes durch die Zeiten hindurch verbinden soll. »
– Ligue de la patrie française: Jules Lemaître: L’action républicaine et sociale de la Patrie française, discours prononcé à Grenoble le 23 décembre 1900. Paris 1900, S.26–38.[2]
Die Mitglieder des am 19. Januar 1899 gewählten Komitees sind fettgedruckt.[3]
Henry de Bruchard: 1896–1901. Petits Mémoires du temps de la Ligue. Nouvelle librairie nationale, Paris 1912.
V. Cleve Alexander: Jules Lemaître and the Ligue de la Patrie Française. Indiana University, Bloomington 1975.
Bernard Joly: Dictionnaire biographique et géographique du nationalisme français, 1880–1900 : boulangisme, ligue des patriotes, mouvements antidreyfusards, comité antisémites. Honoré Champion, Paris 1998 (Digitalisat auf Gallica).
Bertrand Joly: Nationalistes et conservateurs en France : 1885–1902. Les Indes savantes, Paris 1977, ISBN 2-84654-130-2.
Philippe Oriol: L’Histoire de l’affaire Dreyfus de 1894 à nos jours. Les Belles Lettres, 2014, ISBN 978-2-251-44467-3.
Jean-Pierre Rioux: Nationalisme et Conservatisme : la Ligue de la patrie française (1899–1904). Beauchesne, Paris 1977.
Zeev Sternhell: La droite révolutionnaire, 1885–1914 : les origines françaises du fascisme. Fayard, Paris 2000, ISBN 2-213-60581-5 (persee.fr).
↑Ariane Chebel d’Appollonia: L'extrême-droite en France : De Maurras à Le Pen. Band1. ERREUR PERIMES Complexe, 1999, ISBN 2-87027-573-0, S.134–138 (google.fr).