Ihren Anfang nahm die Geschichte des Klosters im heutigen Bayrischzell. Gräfin Haziga, die spätere Frau des Grafen Otto I. von Scheyern, und ihr erster Mann, Graf Hermann von Kastl, ließen dort Gebiete roden und unterstützten im Jahre 1077 die Gründung einer Mönchszelle 1077. Die Zelle wurde von Mönchen aus dem an der Cluniazensischen Kirchenreformbewegung orientierten Kloster Hirsau im Schwarzwald besiedelt und wechselte 1087 ins nahe gelegene Fischbachau, das Haziga vom Freisinger Bischof ertauscht hatte. 1095 wurde die Zelle in Fischbachau päpstlich bestätigt. Der zunehmende Platzmangel und die fehlenden Möglichkeiten, Besitz zur Existenzsicherung zu erwerben, führten im Zeitraum zwischen 1102 und 1107 zum Umzug auf den Petersberg bei Dachau, wo Haziga, deren Söhne Bernhard, Ekkehard und Otto sowie Graf Berthold von Burgeck großzügig Besitzungen an das Kloster übergaben.[3]
1102 wurde das Kloster zur Abtei erhoben und unter päpstlichen Schutz gestellt. Das bedeutete das Recht der freien Abtwahl und auch die Vogtfreiheit. Trotzdem trat ab 1107 Otto von Scheyern als alleiniger Schutzvogt des Klosters auf und übte dadurch einen bedeutenden Einfluss auf die inneren Belange der Abtei aus.
Nach Scheyern zogen die Mönche 1119, nachdem Graf Otto V. von Scheyern als neuer Graf von Wittelsbach in die Burg Wittelsbach umgezogen und ihnen die nunmehr ungenutzte Burg Scheyern als sein Hauskloster mit Grablege bestimmt und zugewiesen hatte. Ausschlaggebend für den Umzug vom Petersberg nach Scheyern waren für das Kloster die besseren natürlichen Gegebenheiten für eine Bewirtschaftung, unter anderem die Errichtung eines eigenen Brauereibetriebes,[4] und der Wunsch des Grafen von Scheyern nach einem Hauskloster in einem Bereich, in dem er eine stärkere Position haben würde als im Gebiet um Eisenhofen.[5]
Wieder schenkte die Gründerdynastie (neben ihrer alten Stammburg) beträchtliche Güter an ihr Hauskloster, das bis 1252 als Familiengrabstätte diente.[6] Der Wittelsbacher Einfluss ging erst mit der Verleihung der Niederen Gerichtsbarkeit durch Ludwig den Bayern im Jahr 1315 und dem damit verbundenen Ende der Vogtherrschaft deutlich zurück. Im 13. Jahrhundert war das Kloster für seine Malschule und sein Skriptorium bekannt.
Am 26. Mai 1532 traf sich der französische Gesandte Guillaume du Bellay mit Vertretern von Bayern, Hessen und Sachsen, um über ein antihabsburgisches Bündnis gegen Karl V. zu verhandeln.[7] Abt war damals Johannes Turbeit, der u. a. neue Nutzbauten anregte und das Kloster sanierte.[4]
Am 15. November 1802 kam das Kloster in landesherrliche Verwaltung, am 21. März 1803 wurde es im Zuge der Säkularisation aufgehoben. Die Gebäude wurden verkauft und wechselten in kurzer Zeit mehrfach den Besitzer. Am 20. September 1838 wurde das Kloster von König Ludwig I. von Bayern als Propstei wiedererrichtet und am 18. März 1842 zur Abtei erhoben. 1876 bis 1878 wurde die Stifts- und Pfarrkirche Heilig Kreuz und Mariä Himmelfahrtreromanisiert.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden im Kloster die Bibliothek und Materialien des Thesaurus Linguae Latinae aufbewahrt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das seit dem 19. Jahrhundert bis zur Aufhebung durch die Machtergreifung und die damit verbundene Kirchenverfolgung betriebene, nur sechs Jahrgangsstufen umfassende Pro-Gymnasium des Klosterseminars zu einem Humanistischen Gymnasium ausgebaut und 1969 in das Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen übernommen. Heute wird das Seminar als Wohnheim für die 1976 eröffnete Staatliche Berufsoberschule (BOS) fortgeführt.
In der Abtei leben elf Benediktinermönche (Stand 2021). Somit zählt der Konvent Scheyern zu den kleineren Konventen der Benediktiner in Bayern.
Seit 1180 birgt die Heiligkreuzkapelle der Klosterkirche Heilig Kreuz und Mariä Himmelfahrt und Mariä Himmelfahrt eine Reliquie des Hl. Kreuzes, die in einem Reliquiar aufbewahrt und das Scheyrer Kreuz genannt wird. Der Patriarch Fulcherius (Fulko) von Jerusalem (1146–1157) hatte einen Kanoniker namens Konrad mit einer Kreuzpartikel nach Europa gesandt, um Almosen zur Erhaltung der heiligen Stätten zu sammeln. Die Dachauer Grafen brachten die Reliquie 1156 in ihren Besitz und hielten sie verborgen. Mit dem Leichnam des letzten ihres Geschlechtes, Konrad II., kam das Hl. Kreuz nach Scheyern, wo es seither als kostbarer Schatz verehrt wird. Die Scheyerer Kreuzreliquie ist nach der Form des byzantinischen Patriarchenkreuzes gefasst; das erklärt die beiden Querbalken. Der obere Balken symbolisiert die Kreuzinschrift, die bei der Kreuzverehrung in Jerusalem[8] gezeigt wurde.
Zu den zwei Festen Kreuzauffindung (3. Mai) und Kreuzerhöhung (14. September) finden jedes Jahr zwei besondere Wallfahrtsgottesdienste statt, die jeweils am ersten Sonntag im Mai und am 14. September oder an dem Sonntag, der diesem Tag am nächsten liegt, gefeiert werden.
Die im Jahr 1979 erbaute Hauptorgel von Georg Jann (heute: Thomas Jann Orgelbau) ersetzte ein Vorgängerinstrument von Heinrich Koulen aus dem Jahre 1907. Sie hat 2526 Pfeifen, einen freistehenden Spieltisch, 39 klingende Register, 46 Registerzüge, rein mechanische Tontraktur, Schleifwindladen, elektropneumatische Registertraktur und fünf mechanische Setzerkombinationen (2020 durch eine elektronische Setzeranlage ersetzt). Die Orgel wurde in ein neobarockes Hauptgehäuse eingebaut, welches in seiner äußeren Form verändert wurde. Das Rückpositiv wurde in Zusammenhang mit der Neugestaltung der Emporenbrüstung durch den Architekten Schedl entworfen.[1] Im Februar 2020 erfolgte eine Reinigung, Neuintonation und technische Überarbeitung des Instruments durch die Firma Mathis Orgelbau.[9]
Glocken
Bis zum Mai 2009 läuteten im Turm der Abteikirche fünf Gussstahlglocken des Bochumer Vereins aus dem Jahre 1947, sogenannte Sekund-Schlagton-Glocken.[10] Die Schlagtöne der Kirchenglocken sind g0, b0, des1, e1 und g1. Die große Herz-Jesu-Glocke ist mit einem Durchmesser von 237,8 Zentimetern die größte Gussstahlglocke Bayerns und hängt starr in einem Stahlträger nahe der Kirche. Die einer Versuchsreihe des Bochumer Vereins entstammenden Sekund-Schlagton-Glocken gelten als klangliche Fehlkonstruktionen. Außerdem war der technische Zustand mangelhaft und die Kosten für eine Sanierung unverhältnismäßig hoch, sodass man sich für ein komplett neues Geläut aus Bronze entschied.
Die beiden abgestellten Glocken aus Bronze (1816 und 1921 gegossen) wurden wieder in Betrieb genommen, ebenso die kleine 2004 in Maria Laach gegossene Christusglocke, die dem Kloster angeboten wurde. 2009 ergänzte Rudolf Perner aus Passau das Geläut mit elf Glocken zu einem 14-stimmigen Ensemble von rund 24 Tonnen Gewicht. Es teilt sich in drei Gruppen auf: das Großgeläut (Glocken 1–4) in der oberen Glockenstube, das Hauptgeläut (Glocken 5–10) und das Zimbelgeläut (Glocken 10–14) zusammen in der unteren Glockenstube. Alle Glockenstühle und Joche sind aus Holz, der Läuteantrieb ist elektrisch. Die große Christus-Salvator-Glocke bildet mit ihrem Schlagton e0 das Fundament für das tontiefste Geläut Bayerns und eines der tontiefsten und umfangreichsten Geläute Deutschlands. Am Sonntag, dem 28. Juni 2009, wurden die Glocken geweiht und am Heilig-Kreuz-Fest offiziell in Betrieb genommen.[11][12][13]
Nach der vorläufigen Läuteordnung soll dreimal täglich, um 05:30, 12:00 und 19:40 Uhr, die Heilig-Kreuz-Glocke zum Engel des Herrn läuten, woran sich jeden Abend die Josefsglocke zum Gedenken an die Verstorbenen anschließt. Außerhalb der Karwoche erinnert die Marienglocke jeweils am Donnerstagabend nach dem Abendläuten an die Todesangst und freitags um 15 Uhr an die Todesstunde Christi. Der Uhrschlag ertönt über die Glocken 8, 6 (Viertelstunden) und 2 (volle Stunden). Am Tag vor Sonn- und Feiertagen wird um 15 Uhr eingeläutet.
In der Chorkapelle des Klosters, der ehemaligen Johanneskirche der vormaligen Burg, befindet sich die älteste Grablege der Wittelsbacher. Sie wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgestaltet, letztmals als Einzelhochgrab 1967/69 (mit der Grabplatte vom Anfang des 17. Jahrhunderts). Folgende Mitglieder der Dynastie sind unter anderen hier bestattet:
Im Kloster Scheyern wurde nachweislich spätestens im Jahr 1119 angefangen, Bier zu brauen. Die Mönche des Klosters begannen bereits im Mittelalter mit der Bierproduktion, um den eigenen Bedarf zu decken und Einnahmen für das Kloster zu generieren. Unter Abt Georg Spörl (1467-1489) wurde ein Brauhaus auf dem Klosterkomplex errichtet. Während einer Pachtphase, wurde das Kloster Scheyern Bier in den 1960er Jahren in Augsburg gebraut. Seit dem 21. März 2006 wird wieder in den Mauern des alten Brauereigebäudes Klosterbier gebraut. Das Motto der Brauerei ist lat. „Nunc est bibendum“, was auf Deutsch so viel wie „Jetzt lasst uns trinken“ oder wörtlich: „jetzt gilt’s zu trinken“ bedeutet.[21][22]
Brauprozess
Die Biere von Kloster Scheyern werden nach traditionellen Methoden gebraut. Dabei kommen ausschließlich natürliche Zutaten wie Wasser, Malz, Hopfen und Hefe nach dem zum Einsatz. Die Brauerei legt großen Wert auf Qualität und Nachhaltigkeit. Das verwendete Wasser stammt aus dem eigenen Klosterbrunnen auf dem Klostergelände.[23]
Sortiment
Kloster Scheyern bietet eine Vielzahl von Biersorten an, darunter:
Helles: Ein helles Lagerbier mit einem milden Geschmack und einer goldenen Farbe.
Dunkel: Ein dunkles Bier mit malzigen Aromen und einer vollmundigen Note.
Weißbier: Ein traditionelles bayerisches Weizenbier mit fruchtigen Noten und einer hefetrüben Optik.
Bockbier: Ein stärkeres Bier, das besonders in den Wintermonaten beliebt ist.
Ferdinand Kramer: Geschichtsschreibung zwischen Rückbesinnung auf Hirsauer Tradition und adeligem Machtanspruch. Eine quellenkritische Studie zur Scheyerner Chronik, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte München 57 (1994) 351-81; [1]
Schyernplatz 1: Benediktinerabtei Scheyern. In: Jolanda Drexler-Herold, Angelika Wegener-Hüssen: Landkreis Pfaffenhofen a. d. Ilm (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. BandI.19). Karl M. Lipp Verlag, München 1992, ISBN 3-87490-570-5, S.258–277.
Lukas Wirth OSB (Hrsg.): Kloster Scheyern. 900 Jahre Benediktiner am Stammsitz der Wittelsbacher, Pustet, Regensburg 2019, ISBN 978-3-7917-3037-0.
Der Scheyrer Turm Hrsg. Benediktinerabtei Scheyern, Nr. 78, Selbstverlag 2021
↑Wissenschaftliche Studien und Mittheilungen aus dem Benedictiner-Orden, Volume 2.- 1881
↑Ute Mauch: Scheyern und die Anfänge der Wittelsbacher Frühgeschichte des Klosters Bayrischzell-Fischbachau-Petersberg-Scheyern bis zur Übersiedlung in die Stammburg der Grafen von Scheyern um das Jahr 1119. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 23, 2004, S. 535–538; hier: S. 535.
↑Pankraz Fried: Zur Frühgeschichte der Wittelsbacher und des Klosters Scheyern. In: Toni Grad (Hrsg.): Die Wittelsbacher im Aichacher Land. Gedenkschrift der Stadt Aichach und des Landkreises Aichach-Friedberg zur 800-Jahr-Feier des Hauses Wittelsbach (= Schriftenreihe des Heimatmuseums Aichach. Nr. 3, ZDB-ID 186914-0). Mayer, Aichach 1980, S. 13–33.
↑Andreas Otto Weber: Gestaltung der Landschaft durch Herrschaft. Scheyern. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Bd. 57, Heft 3, 1994, ISSN0044-2364, S. 642–660.
↑Michael Hartig: Die oberbayerischen Stifte, Band I: Die Benediktiner-, Cisterzienser- und Augustiner-Chorherrenstifte. Verlag vorm. G. J. Manz, München 1935, DNB560552157, S. 56 f.
↑Äbte und bedeutende Konventualen. In: Lukas Wirth OSB (Hrsg.): Kloster Scheyern: 900 Jahre Benediktiner am Stammsitz der Wittelsbacher, Pustet, Regensburg 2019, ISBN 978-3-7917-3037-0, S. 671–714
↑Verzeichnis der Äbte. In: Anselm Reichhold: Chronik von Scheyern: Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Herausgegeben von der Abtei Scheyern, Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn 1998, ISBN 3-87437-411-4, S. 460–461
↑Markus Eller. In: Lukas Wirth OSB (Hrsg.): Kloster Scheyern. 900 Jahre Benediktiner am Stammsitz der Wittelsbacher, ISBN 978-3-7917-3037-0, S. 697–698 (mit farbigem Porträtfoto von ihm)
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