Das kleine Dorf am Rande des Vogelsbergs befindet sich an einer Verbindungsstraße, welche die Bundesstraße 276 mit der parallel dazu verlaufenden Landesstraße 3338 verbindet. Es liegt am rechten Rand der Nidder.
Historische Flächennutzung
1854 Morgen: 2537, davon 936 Acker, 1182 Wiesen, 316 Wald[1]
Das Datum der ältesten bekannten Erwähnung des Orts unter dem Namen Kulstoß wird mit 1352 angegeben.[3] Am 15. Juli 1357 wird Heinrich Kaulstoß, Bürger zu Gelnhausen und Kirchenrechner der dortigen Pfarrei, urkundlich erwähnt.[4] Kaulstoß ist vermutlich sein Herkunftsort oder der seiner Familie.[5] Ein Henne Kaulstoß wird in einem Weistum des Gerichts Wolferborn am 28. Februar 1399 genannt.[6] Außerdem ist ein Henne Kaulstoß, Bruder des Prämonstratenserklosters zu Selbold, am 13. Januar 1400 urkundlich fassbar.[7]
Die Bedeutung des Ortsnamens ist vermutlich „der kühle Hang“ bzw. „Aufstieg“.[8]
Um 1809 begingen die Räuber Nicolaus Vierheller aus Kaulstoß und Jakob Heinrich Vielmetter, vulgo Jacob Heinrich, zwei Diebstähle zu Schotten und Sichenhausen.[10] Vielmetter war der eigentliche Kopf der Wetterauer Bande.[11]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Kaulstoß:
„Kaulstoß (L. Bez. Schotten) evangel. Filialdorf; liegt im Vogelsberg an der Nidder, 11⁄2 St. von Schotten, und 1726 Hess. (1328 Par.) Fuß über der Meeresfläche erhaben. Man findet 54 Häuser und 302 Einwohner, die außer 2 Katholiken evangelisch sind. – Der Ort kommt früher unter dem Namen Kulstoiss vor, und schon im 14. Jahrhundert gehörte die Kapelle zu Wingertshausen.“[12]
Die Freiwillige Feuerwehr Kaulstoß wurde 1932 gegründet.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde 1936 eine sogenannte „rassenkundliche Untersuchung“ über Kaulstoß und Burkhards angefertigt.[13]
Im Zuge der Gebietsreformen Anfang der 1970er Jahre beschloss der Gemeinderat, Kaulstoß mit Wirkung vom 31. Dezember 1971 der Stadt Gedern anzuschließen.[14] Allerdings stand dieser Beschluss unter dem Vorbehalt, dass sich Gedern dem neuen Vogelsbergkreis anschließen würde. Da sich Gedern jedoch für den Wetteraukreis entschied, wurde der Beschluss hinfällig. Mit Wirkung vom 1. August 1972 wurden durch Landesgesetz Kaulstoß, Burkhards und Sichenhausen daher zu Stadtteilen von Schotten und somit Teil des Vogelsbergkreises.[15][16] Für den Stadtteil Kaulstoß wurde ein Ortsbezirk errichtet.[17]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Kaulstoß angehört(e):[1][18][19]
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Vogelsbergkreis, Stadt Schotten[Anm. 7]
ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Vogelsbergkreis, Stadt Schotten
Gerichtszugehörigkeit seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Oberhessen (ab 1815 Provinz Oberhessen) wurde das „Hofgericht Gießen“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Kaulstoß das Amt Lißberg zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtum Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übertragen. Kaulstoß fiel in den Gerichtsbezirk des „Landgerichts Schotten“.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Schotten“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[29]
Mit Wirkung zum 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Schotten und Kaulstoß kam zum Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Nidda.[30] Zum 1. Januar 2012 wurde auch das Amtsgericht Nidda gemäß Beschluss des hessischen Landtags aufgelöst[31] und Kaulstoß dem Amtsgericht Büdingen zugeteilt.
Kirchliche Verhältnisse
Im 14. Jahrhundert gehörten Kaulstoß und andere Dörfer in das Kirchspiel Wingershausen.
Seit der Reformationszeit waren Burkhards, Busenborn, Eichelsachsen, Eschenrod und Kaulstoß Filialen.[32] Ein aus Böhmen vertriebener evangelischer Geistlicher soll Burkhards und Kaulstoß zu einer selbständigen Pfarrei geeinigt haben.[33]
Schulgeschichte
Nach dem Dreißigjährigen Krieg entstanden Filialschulen im Vogelsberg, u. a. in der Pfarrei Burkhards in den Dörfern Eschenrod, Kaulstoß und Busenborn. Nach einer Erhebung aus dem Jahre 1798 war der Kaulstoßer Lehrer gleichzeitig auch Leineweber.[34] 1825 kaufte die Gemeinde ein Haus und nutzte es als Schulhaus. Das spätere Schulhaus soll 1835 erbaut worden sein.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Kaulstoß 168 Einwohner. Darunter waren 3 (1,8 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 21 Einwohner unter 18 Jahren, 60 zwischen 18 und 49, 42 zwischen 50 und 64 und 45 Einwohner waren älter.[35] Die Einwohner lebten in 69 Haushalten. Davon waren 15 Singlehaushalte, 21 Paare ohne Kinder und 21 Paare mit Kindern, sowie 6 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 18 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 36 Haushaltungen lebten keine Senioren.[35]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Einwohnerzahlen nach 2000:[39][40][41]; Zensus 2011[35]
↑Am 31. Dezember 1971 wurde Kaulstoß zunächst der Stadtgemeinde Gedern eingegliedert. Am 1. September 1972 wurde Kaulstoß dann der neu gebildeten Stadtgemeinde Schotten eingegliedert.
↑Haushalt 2024-2025. Vorbericht: Entwicklung der Einwohnerzahlen. Abgerufen im Mai 2024.
↑Heinrich Reimer: Urkundenbuch zur Geschichte der Herren von Hanau und der ehemaligen Provinz Hanau. Teil 3. Leipzig 1891, S. 51–53 Nr. 48.
↑Heinrich Reimer: Urkundenbuch zur Geschichte der Herren von Hanau und der ehemaligen Provinz Hanau. Teil 3, Leipzig 1891, S. 259 Nr. 230.
↑Werner Wagner: Die Dörfer und Städte des 1972 aufgelösten Landkreises Büdingen und die Ersterwähnung jedes einzelnen Ortes. In: Büdinger Geschichtsblätter 22, 2011, S. 225 ff., S. 234.
↑Heinrich Reimer: Urkundenbuch zur Geschichte der Herren von Hanau und der ehemaligen Provinz Hanau. Teil 3. Leipzig 1891, S. 767 Nr. 839.
↑Karl Glöckner, Kaulstoß. In: MOHG 43, 1959, S. 65.
↑Ludwig Baur, Hessische Urkunden Bd. 4, S. 58 f, Nr. 71.
↑Friedrich Ludwig Adolph Grolman: Actenmäßige Geschichte der Vogelsberger und Wetterauer Räuberbanden und mehrerer mit ihnen in Verbindung gestandenen Verbrecher. Nebst Personal-Beschreibung vieler in alle Lande teutscher Mundart dermalen versprengter Diebe und Räuber; Mit einer Kupfertafel, welche die getreuen Bildnisse von 16 Haupt-Verbrechern darstellt. Gießen 1813. Kap. XXXI, S. 226 ff, S. 234.
↑Hermann Bettenhäuser: Räuber- und Gaunerbanden in Hessen. Ein Beitrag zum Versuch einer historischen Kriminologie Hessens. In: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde, Bd. 75/76, 1964/65, S. 275–348, S. 338.
↑Brigitte Richter: Burkhards und Kaulstoß, zwei oberhessische Dörfer. Eine rassenkundliche Untersuchung. (= Deutsche Rassenkunde/Forschungen über Rassen und Stämme, Volkstum und Familien im Deutschen Volk, hg. v. Eugen Fischer, Bd. 14), Jena 1936.
↑Gemeindegebietsreform in Hessen; Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 21. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr.3, S.84, Punkt 93 Abs. 34 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,0MB]).
↑ abHauptsatzung. (PDF; 1,67 MB) § 5. In: Webauftritt. Stadt Schotten, abgerufen im Mai 2024.
↑Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.12ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Martin Röhling: Niddaer Geschichtsblätter. Heft 9. Die Geschichte der Grafen von Nidda und der Grafen von Ziegenhain. Hrsg.: Niddaer Heimatmuseum e. V. Im Selbstverlag, 2005, ISBN 3-9803915-9-0, S.75, 115.
↑Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.13ff., § 26 Punkt d) IX. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.420 (online bei Google Books).
↑
Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S.262ff. (online bei Google Books).
↑
Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr.8, S.121ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2MB]).
↑Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8MB]).
↑Wilhelm Diehl: Die Schulordnungen des Großherzogtums Hessen. Im Auftrage der Gruppe Großherzogtum Hessen der Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte. 3. Band: Das Volksschulwesen der Landgrafschaft Hessen –Darmstadt. Berlin 1905, S. 90 und 174.
↑Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC162730484, S.122 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC162730484, S.18 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).