Er entstammte dem alten polnischen Adelsgeschlecht von Radolin. Sein Vater war der preußische Kammerherr Emmerich Ladislaus Leszczyc Graf von Radolin-Radolinski (1808–1879), Herr auf Jarotschin und Radolin. Seine Mutter war Gräfin Josephine von Radolin-Radolinski (1809–1880).
Seit 1866 war er preußischer Diplomat und war auf verschiedenen Dienstposten tätig. Zwischen 1866 und 1868 war er Attaché in Florenz. Danach war er Legationsrat in Paris und Stuttgart. Etwa zwei Jahre lang war er beim Oberkommando der deutschen Besatzungstruppen in Frankreich tätig. Ab 1874 war er Legationsrat in Madrid und noch im gleichen Jahr in Dresden. Von 1876 bis 1881 war er erster Botschaftssekretär in Konstantinopel. Im Jahr 1881 war er Hilfsarbeiter in der politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes. Seit 1882 war Radolin Gesandter in Weimar.
Im Jahre 1877 wurde Graf Radolin-Radolinski vom preußischen König zum Kammerherrn ernannt.[1] Im Jahre 1879 wurde er durch den König unter Verleihung der erblichen Mitgliedschaft in das Preußische Herrenhaus berufen; der Eintritt in das Herrenhaus erfolgte im Jahre 1880.[2][3]
Von 1884 bis 1888 war er Hofmarschall und später Oberhofmarschall von Kronprinz beziehungsweise Kaiser Friedrich III. Reichskanzler Otto von Bismarck stand Radolin wegen seines polnischen Familienhintergrundes anfangs ablehnend gegenüber, bescheinigte ihm aber schließlich Loyalität. Franz von Roggenbach vermutete gar, dass Radolin ein Spion Bismarcks am Hof des Kronprinzenpaares war. Richtig ist, dass er sowohl für den Kanzler wie für das Prinzenpaar eine Vertrauensperson war.[4] Radolin war Freund von Friedrich August von Holstein. Er war wie dieser und das Kronprinzenpaar für eine englandfreundliche Außenpolitik. Der russlandorientierten Politik Bismarcks stand er skeptisch gegenüber. Der österreichischen Regierung überbrachte Radolin vertrauliche Informationen. Gegen die Anweisungen von Kronprinzessin Victoria informierte Radolin den Prinzen Wilhelm über den unheilbaren Gesundheitszustand des Vaters.
Als Kaiser erhob Friedrich Radolin 1888 in den erblichen Fürstenstand mit dem Prädikat „Durchlaucht“.[5] Im gleichen Jahr wurde Fürst Radolin von Kaiser Wilhelm II. zum Wirklichen Geheimen Rat und zum Obersttruchsess ernannt.
Im Jahr 1892 trat Radolin erneut in den diplomatischen Dienst ein. Seine Karriere in den folgenden Jahren verdankte er v. Holstein und Wilhelm II. Seit 1892 vertrat Radolin das deutsche Kaiserreich als Botschafter in Konstantinopel und seit 1895 in St. Petersburg. Während seiner Zeit im Osmanischen Reich und auch noch im Anschluss als Botschafter in Petersburg war Radolin bemüht, Sultan Abdul Hamid II. in der armenischen Frage den Rücken zu stärken, was darauf hinauslief, dass sich das Deutsche Reich hinsichtlich der Hamidischen Massaker (Massaker an den Armeniern 1894–1896), bei denen Tausende Armenier ermordet wurden, nicht nur abstinent verhielt, sondern bewusst gegen die Initiativen der anderen Großmächte zugunsten der Armenier stellte. Er scheute hierbei nicht, zusammen mit dem Kreis um Holstein, gegen seinen Nachfolger in Konstantinopel, Freiherr von Saurma, der sich letztlich pro-armenisch positionierte, zu intrigieren und ihn auszubooten. Der anti-armenischen Politik, zu der neben Radolin auch Colmar Freiherr von der Goltz beitrug, lagen indessen auch Kapitalinteressen zugrunde, wie z. B. jene der Deutschen Bank.[6]
Zwischen 1901 und 1910 war er Botschafter in Paris. Seine diplomatischen Leistungen waren eher begrenzt. Aus Russland musste er abgezogen werden, weil er einen Streit mit der Zarin hatte.[7] In Paris bemühte er sich vergeblich um eine deutsch-französische Annäherung.
Lucy Gräfin von Radolin (1872–1965), ⚭ Karl Graf von Moy de Sons (1863–1932), bayerischer Gesandter und Staatsrat
Aus der zweiten Ehe ging ein Sohn hervor:
Peter Graf von Radolin (1898–?), ⚭ Elisabeth Coronini Gräfin von Cronberg (1900–?)
Sein Erbe in den Fürstentitel, als Fideikommissherr der Grafschaft Jarotschin und Besitzer des Fürstllich Radolinschen Geldfideikommiss wurde sein Enkel Johannes-Hugo Fürst von Radolin (1894–1965).
Mehmet Can Dinçer: Hugo Radolin und das Mosaik der Völker (I), Die deutsche Weltmachtpolitik und die Hamidischen Massaker (1894–1896), in: multipolar 1/2017.
↑E. David (Hrsg.): Handbuch für das Preußische Herrenhaus. Carl Heymanns Verlag, Berlin 1911, S. 350. (Online).
↑Hermann Krüger (Hrsg.): Chronik des preußischen Herrenhauses. Ein Gedenkbuch zur Erinnerung an das dreißigjährige Bestehen des Herrenhauses. Berlin 1885, S. 194.
↑Hans-Joachim Böttcher: Prinz Alexander von Battenberg. In: Studien zur Geschichte Ost- und Ostmitteleuropas. Band15. Gabriele Schäfer Verlag, Herne 2021, ISBN 978-3-944487-84-7, S.306,344,345,347,350,362.
↑A. Freiherr von Houwald: Brandenburg-Preußische Standeserhebungen und Gnadenakte für die Zeit 1873-1918. Görlitz 1939, S. 56.
↑Mehmet Can Dinçer: Hugo Radolin und das Mosaik der Völker (I), Die deutsche Weltmachtpolitik und die Hamidischen Massaker (1894–1896). In: multipolar 1/2017.
↑Ernst Rutkowski: Briefe und Dokumente zur Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie unter besonderer Berücksichtigung des Böhmisch-mährischen Raumes. München, 1991, S. 217 Teildigitalisat.
↑Wilhelm II.: Ereignisse und Gestalten 1878-1908. Verlag K.F. Koehler, Leipzig/Berlin, 1922, S. 107.