Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).
Fluorescein und andere Phthaleine wurden um 1871 von Adolf von Baeyer entdeckt. Den alternativen Namen Resorcinphthalein verdankt der Stoff den Reaktanten, aus denen ihn Adolf von Baeyer synthetisierte. Er mischte Phthalsäureanhydrid (auch Phthalsäure ist verwendbar) mit Resorcin und fügte konzentrierte Schwefelsäure als wasserabspaltendes Mittel hinzu. Danach erhitzte er die Mischung zu einer dickflüssigen Schmelze und behandelte dann die abgekühlte Schmelze mit warmem Wasser und Ammoniak, anschließend brachte er den Ansatz in reichlich destilliertes Wasser.
Im Jahr 1948 beobachteten Moore und Mitarbeiter, dass sich Fluorescein in Hirntumoren stärker als im umgebenden Hirngewebe anreichert.[3]
Darstellung
Fluorescein (2) wird durch Kondensation von einem Äquivalent Phthalsäureanhydrid (1) und zwei Äquivalenten Resorcin unter Abspaltung von Wasser an einem Katalysator dargestellt. Als Katalysator eignet sich entweder konzentrierte Schwefelsäure oder wasserfreies Zinkchlorid.
Mechanismus der Fluoresceinsynthese
Eigenschaften
Fluorescein kommt in zwei verschiedenen Strukturen vor. Die stabilere ist dabei die offene Carbonsäure-Form, die im festen Zustand als rote Kristalle vorliegt. Daneben existiert noch die Spiro-Lacton-Form, die eine instabile, gelbe Verbindung bildet.[1]
Im Jahr 1870 führte Paul Ehrlich das Fluorescein in die Untersuchung des Flüssigkeitswechsels des Auges ein.[4] Fluorescein wird heute vor allem in der analytischen Chemie als Indikator verwendet. Darüber hinaus dient es zum Nachweis von Bromiden, zur Quellenfärbung und zur Färbung von Seifen und Badeextrakten/-salzen. Weiterhin ist Fluorescein ein fluoreszierenderFarbstoff, der bei Anregung mit blauem Licht (Absorptionsmaximum bei einer Wellenlänge von 496 nm, z. B. durch einen Argon-Ionen-Laser) grünes Licht (Wellenlänge ca. 520 bis 530 nm) abgibt. Verwandte Reaktivfarbstoffe wie Fluoresceinisothiocyanat (FITC) können mit verschiedenen Antikörpern (Immunglobulinen) gekoppelt werden und so für die Fluoreszenzmikroskopie oder Durchflusszytometrie eingesetzt werden. Damit können in Flüssigkeiten, Zellen oder Geweben dann spezifische Oberflächeneigenschaften (Antigene), z. B. auch von Krankheitserregern, nachgewiesen werden. Man bezeichnet diese Arbeitstechnik als direkte Immunfluoreszenz. Weiterhin wird Fluorescein als Färbemittel in der Augenheilkunde bei der Fluoresceinangiographie und der Applanationstonometrie verwendet.[5]
Fluorescein hat eine hohe Quantenausbeute von bis zu 93 %, seine Nützlichkeit zur Fluoreszenzmarkierung wird aber durch eine Reihe von Nachteilen eingeschränkt: Die Intensität der Fluoreszenz hängt vom pH-Wert ab und fällt stark unterhalb von pH 7 (pKs ≈ 6,4). Unter Beleuchtung geht außerdem die Fluoreszenz schnell zurück (starkes Photobleichen). Das Fluoreszenzmaximum ist nicht sehr scharf, die dazugehörige Absorptionsbande recht breit.
2023 tauchte Fluorescein im Wasser Venedigs auf und färbte den Canal Grande grün.[6] Toxische Elemente seien in den Proben nicht nachgewiesen worden, teilte die Umweltbehörde mit. Woher das Fluorescein stammte, wurde nicht mitgeteilt.[7]
Analytik
Der klassische Nachweis beruht auf der Bromierung, durch die das rote Eosin (Tetrabromfluorescein) entsteht. Außerdem fallen verdünnte Lösungen von Fluorescein durch ihre gelbgrüne Fluoreszenzfarbe auf, worauf auch der Name beruht.
Uranin
Das wasserlösliche Natriumsalz des Fluoresceins trägt den Namen Uranin (gleiche C.I.-Nummer 45350, Summenformel C20H10Na2O5) und ist ein vielfältig verwendeter gelber, unter UV- und Tageslicht grün fluoreszierenderFarbstoff.
Uranin besitzt in wässriger Lösung ein enormes Färbevermögen (so führt gegen einen weißen Hintergrund bereits eine Uraninkonzentration von 0,1 mg/l zu einer sichtbaren Verfärbung).
So kann bei Schiffbrüchigen beziehungsweise nach Notwasserungen mit einer Menge von lediglich 500 g Uranin eine Meeresfläche von ca. 4000 m² auffällig gefärbt und somit die Entdeckung durch Suchtrupps, gerade aus der Luft, erleichtert werden.[1]
Der Farbstoff wird weiterhin vielfältig eingesetzt, insbesondere zum Einfärben von Schaumbädern, Badezusätzen, Shampoos, Kosmetika und Frostschutzmitteln für Autokühler, um Leckagen im Kühlsystem mittels einer UV-Lampe leicht orten zu können. Ist die Abdichtung zwischen Kühlsystem und Brennraum undicht, lässt sich der Farbstoff sogar am Auspuff nachweisen. Ferner nutzt man es auch bei Dichtigkeitsprüfungen von Flachdächern und Tankanlagen. Uranin gilt als biologisch unbedenklich.[8][9] Daher wird es von Hydrologen und Hydrogeologen als sogenannter Tracer zum Verfolgen von Grundwasserströmen und unterirdischen Flussläufen verwendet. 1877 brachte man bei Immendingen 10 kg Uranin in die Donau ein und bemerkte 60 Stunden später in dem Flüsschen Aach eine deutliche Fluoreszenz, wodurch die Donauversinkung aufgeklärt werden konnte.[10]
Uranin wird auch zur Dekoration eingesetzt, zum Beispiel für Leuchtfarben in Diskotheken oder Szenenbildern (in Sciencefiction- oder Horrorfilmen: mit UV-Licht angestrahltes Uranin sieht „giftig-radioaktiv“ aus). Anfangs wurde jährlich am 17. März, dem Saint Patrick’s Day, der durch Chicago fließende Chicago River mit Uranin grün eingefärbt. Aufgrund der Intervention der EPA wird allerdings seit 1966[11][12] ein pflanzlicher Farbstoff verwendet.[13] Uranin wurde am 10. September 2019 von Umweltaktivisten eingesetzt, um die Limmat in Zürich grün zu färben; dies zog ein Ermittlungsverfahren der Polizei wegen Gewässerverunreinigung nach sich.[14] Eine ähnliche Aktion wurde am 4. August 2024 von Umweltaktivisten in Kassel durchgeführt.[15]
↑Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky: Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 237.
↑Karl Wessely: Auge und Tonuslage im vegetativen Nervensystem. In: Münchener Medizinische Wochenschrift. Band 95, Nr. 1, 2. Januar 1953, S. 43–47, hier: S. 44–45.
↑Robert L. Stamper, Marc F. Lieberman, Michael V. Drake: Becker-Shaffer’s Diagnosis and Therapy of the Glaucomas. 8. Auflage, Elsevier Health Sciences, 2009, ISBN 978-0-323-02394-8, S. 47–50.
↑Arbeitskreis „Human- und ökotoxikologische Bewertung von Markierungsmitteln in Gewässern“: Human- und ökotoxikologische Bewertung von Markierungsmitteln in Gewässern. Empfehlungen eines Arbeitskreises beim Umweltbundesamt. In: Grundwasser. Band2, Nr.2, 1. Juni 1997, S.61–64, doi:10.1007/s767-1997-8521-7.
↑A. Knop: Über die hydrographischen Beziehungen zwischen der Donau und der Aachquelle im badischen Oberlande. In: Neues Jahrb. Mineral. Geol. Palaeontol., (1878), S. 350–363.