Nach der Veröffentlichung seines Handbuchs des Schwindels und dessen Beschlagnahme im Jahre 1922 wurde Seeliger 1923 zur Beobachtung in die Psychiatrische Klinik in Haar eingeliefert, aber nach sechswöchigem Aufenthalt wieder entlassen. Während der Zwanzigerjahre war Seeliger weiter als Schriftsteller tätig, teilweise erschienen seine von anarchistischem und pazifistischem Gedankengut beeinflussten Werke im Selbstverlag. Nach der nationalsozialistischenMachtergreifung im Jahre 1933 griff Seeliger im Zuge eines seiner sog. „Hominidissimus“-Experimente in satirischer Weise NS-Funktionäre an, woraufhin die Behörden den Autor wegen Verunglimpfung des Nationalsozialismus vorübergehend in sog. „Schutzhaft“ nahmen.[2] Seeliger wurde zwar wieder auf freien Fuß gesetzt, fürchtete jedoch eine erneute, dauerhafte Inhaftierung, verließ Deutschland und lebte in der Schweiz. Bereits im April 1935 kehrte er jedoch nach Deutschland zurück und lebte anschließend zurückgezogen in Hamburg. 1936 wurde er wegen seiner jüdischen Ehefrau aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen. Ab 1940 hatte er seinen Wohnsitz in Cham (Oberpfalz). Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs scheiterten Seeligers Versuche, seine älteren Werke wiederaufzulegen.
Ewald Gerhard Seeliger ist Verfasser eines umfangreichen literarischen Werkes, das vorwiegend aus Romanen und Erzählungen besteht. Seeliger versuchte sich in diversen populären Genres wie dem Abenteuer- und Schelmenroman, dem Jugendbuch und der Liebesgeschichte. Daneben veröffentlichte der Autor, der sich der klassischen Aufklärung und ihrem Vernunftoptimismus verpflichtet fühlte, einige sprachmächtige, polemische Werke, in denen er seine eigenwillige Position eines gewaltlosen Anarchismus vertrat. Seeliger ist heute vor allem noch bekannt wegen des 1913 erschienenen und mehrfach verfilmtenBestsellersPeter Voß, der Millionendieb sowie wegen des in den Achtzigerjahren wiederentdeckten Handbuchs des Schwindels.
Werke
An der Riviera, Leipzig 1901
Leute vom Lande, Leipzig 1901
Aus der Schule geplaudert, Hamburg 1902
Der Stürmer, Berlin 1904
Chinesen, Hamburg 1905
Hamburg, Hamburg 1905
Nordnordwest, Berlin 1905
Über den Watten, Berlin [u. a.] 1905
Auf Tod und Leben, Stuttgart 1906
Der Schrecken der Völker, Berlin 1908
Zwischen den Wäldern, Leipzig 1908
Hans Rintfleisch, Hirschberg 1909
Mandus Frixens erste Reise, Berlin 1909
Englands Feind, Wiesbaden 1910
Meerfahrt, München [u. a.] 1910
Riffe der Liebe, München [u. a.] 1910
Top, München [u. a.] 1910
Zurück zur Scholle, München [u. a.] 1910
Schlesische Historien, München [u. a.]
Bd. 1: Siebzehn schlesische Schwänke, 1911
Bd. 2: Schlesien. Ein Buch Balladen, 1911
Bd. 3: Zwischen Polen und Böheimb. 20 Historien, 1911
Die Weiber von Löwenberg, München [u. a.] 1911
Buntes Blut, München [u. a.] 1913
Die fünf Komödien des Marquardt van Vryndt, Dresden 1913
Frau Lenens Scheidung, Dresden 1913
Mein Vortragsbuch, München [u. a.] 1913
Niß Ipsen von Bombüll und anderes, Reutlingen 1913
Peter Voß, der Millionendieb, Berlin [u. a.] 1913, verfilmt
Das Paradies der Verbrecher, München [u. a.] 1914
Das sterbende Dorf, München [u. a.] 1914
Der gelbe Seedieb, Berlin [u. a.] 1915
Max Doberwitz, der Tantenmörder, Dresden 1915
Das Meer, Leipzig 1915
Das amerikanische Duell, Berlin [u. a.] 1916
Die Abenteuer der vielgeliebten Falsette, München 1918
Die Entjungferung der Welt, Wien 1923 (unter dem Namen Ewger Seeliger Menschheit)
Das Weltgewissen, Leipzig 1923
Heinz Wolframs Weihnachtsgeschenke, Mainz 1925
Die vierzehn kurbrandenburgischen Nothelfer, Berlin 1927
Rübezahl, Berlin 1928
Der Streit um die Rote Rose, Berlin 1928
Zwei richtige Menschen, Niedersedlitz 1931
Glaube mit Humor, Berlin 1940 (unter dem Namen Ewger Seeliger)
Liebe mit Humor, Berlin 1940 (unter dem Namen Ewger Seeliger)
Siege mit Humor, Berlin 1940 (unter dem Namen Ewger Seeliger)
Liebe, zwischen den Wäldern, Hamburg 1942
Messias Humor, Erlangen 2005 (unter dem Namen Ewger Seeliger)[3]
Diva, Voß und Weiwur, Viechtach 2006
Literatur
Sophia Ihle: „Was man nicht lachend sagen kann, ist keine Wahrheit“. Zum provokativen Werk Ewald Gerhard Seeligers. In: Sabina Becker (Hrsg.): Jahrbuch zur Kultur und Literatur der Weimarer Republik. Band13/14. München 2011, S.121–149.
↑Biographie, auf ewald-gerhard-seeliger.de, abgerufen am 23. September 2020
↑Wolfgang Kessler: Schöpferische Kräfte Schlesiens? Schriftsteller(innen) aus Schlesien in der Bundesrepublik Deutschland 1955–1970. Stiftung Kulturwerk Schlesien, Würzburg 2016, S. 10 (online).