Die seit ihrer damaligen Erstbeschreibung mit der Zeit sehr umfangreich gewordene Gattung wurde seit 2002 einer Reorganisation unterzogen, so dass sie heute nur noch ca. vier Spezies (Arten) umfasst.[7][8]Bodo umfasst freilebende, phagotrophe („sich fressend ernährende“, d. h. räuberisch lebende) Organismen, die in vielen Meeres- und Süßwasserumgebungen sowie in einigen terrestrischen Umgebungen vorkommen.
Bodo ernährt sich von Bakterien (und evtl. anderen Mikroorganismen), die er beim Schwimmen in seinen aquatischen Lebensräumen finden.[9]
Die schwimmähnliche Bewegung wird durch die beiden ungleichen Geißeln (Flagellen) ermöglicht, die aus einer vorne (anterior) gelegenen Geißeltasche entspringen.[10]Bodo ist von ungefähr bohnenförmiger Gestalt und wird aufgrund seiner geringen Größe oft in Proben aus Wasser- oder Landumgebungen übersehen.
Die Gattung (und auch die Typusart B. saltans) ist weltweit vertreten (kosmopolitisch).[11]
Die Gattung wurde ursprünglich 1831 von Christian Gottfried Ehrenberg als eiförmiger Körper mit sehr kurzem Schwanz beschrieben, der durchsichtig ist und die Farbe der aufgenommenen Nahrung erkennen lässt.[2]
Ehrenberg beschrieb auch die Typusart Bodo saltans als grün. Das wurde später jedoch relativiert, als man entdeckte, dass die grüne Färbung von photosynthetischen Bakterien herrührt, die aufgenommen werden.[10] 1988 wurde festgestellt, dass Bodo phagotropher ist und sich von einer ganzen Reihe von Bakterien ernähren kann (mit unterschiedlichen Präferenzen).[10]
2002 unterteilten Simpson et al. die Bodoniden, was zu einer Schrumpfung der Gattung Bodo führte, da die meisten ihrer Arten in andere Gattungen überführt wurden: Bodo wurde in eine neue OrdnungEubodonida eingeordnet, und bei diesem Wechsel wurden die ursprünglich 149 Arten auf nur noch 4 reduziert, die Gattung Bodo war nunmehr die einzige Gattung der Familie Bodonidae (monotypisch).[7][12]
Seit 2002 wurden dann wieder ca. 11 neue Arten in die Gattung aufgenommen, von denen jedoch etwa 9 als umstritten gelten.[4][5][3]
Auch in die Familie Bodonidae wurde mit Allobodo wieder eine neue Gattung aufgenommen.[13]
Je mehr Untersuchungen über die Arten durchgeführt werden, desto mehr Änderungen werden wahrscheinlich auftreten.[8]
So wird die genaue Stellung der Familie Bodonidae innerhalb der Kinetoplastida immer noch unterschiedlich angegeben,[13][4][5]
und selbst nach der Verwendung von Mehrfachgenanalysen gibt es immer noch große Diskussionen über die Platzierung einzelner Arten in der Gattung.[14]
Darüber hinaus gibt es nicht nur in der Gattung Bodo, sondern auch in der (ehemals monotypischen) Familie Bodonidae zahlreiche Kandidatenspezies ohne nähere Zuordnung.[13]
Habitat und Ökologie
In der Natur findet man Bodo im Meeres- und Süßwasser, aber auch in terrestrischen Umgebungen mit hohem Feuchtigkeitsgehalt, z. B. im Dung[10] (Kot von Pflanzenfressern, vor allem von Huftieren).
Ökologisch steht Bodo nahe der Basis des Nahrungsnetzes, dem die Gattung angehört.
Als Phagotrophe ernähren sich Bodo von Bakterien, sind also bakterivor. Sie nehmen diese auf per Phagocytose (Einverleibung unter Einzellern), was zu einer Farbveränderung des Organismus führen kann, da Bodo selbst durchsichtig ist.[10]
Die Mitglieder der Gattung sind nicht in der Lage sind, ihre eigene Energie zu produzieren (etwa durch Photo- oder Chemosynthese).
Häufig sind die Bakterien phototroph, was bedeutet, dass Bodo (wie alle Pflanzenfresser unter den Landwirbeltieren) zur zweiten trophischen Ebene der Nahrungsnetze gehört, den Phytophagen.
Dies konnte durch Kultivierung bestätigt werden. Man darf annehmen, dass es in der freien Natur ein relativ großes bakterielles Beutespektrum gibt.[10]
Bodo ist ein mikroskopisch kleiner, biflagellater (doppelt begeißelter), nierenförmiger, einzelliger Organismus, wobei die größten Zellen 8 μm lang und 5 μm breit sind.[10]
Einige der kleineren Typen werden nur 3 μm lang und 2 μm breit.
Die Organismen sind durchsichtig (transparent), ähneln aber aufgrund der Aufnahme photosynthetischer Bakterien oft einer grünen Weintraube.[2]
Zur Gattung Bodo gehören freilebende Organismen, die die Fähigkeit besitzen, sich mit der Spitze ihrer längeren Geißel an einem Substrat festzuhalten. Die normale Funktion dieser Geißel ist zwar in Umgebungen mit reichlich vorbeiströmender Nahrung zu verweilen.[10]
Während des Fressvorgangs wird die kürzere der beiden Geißeln, an der sich in der Regel Mastigoneme (Flimmerhärchen) befinden, in einer schwungvollen Bewegung eingesetzt, um die Bakterien zu den „Wangenläppchen“ (englischcircumbuccal lappets) zu bewegen, die direkt unter der Zellmembran liegen. Diese wickeln sich darum und nehmen die Bakterien in die Mundhöhle auf, wo sie in den Cytopharynx transportiert werden können (siehe Phagocytose §Protisten). Im Cytopharynx werden die Bakterien in Nahrungsvakuolen verpackt, die die Verdauung und Speicherung der Nährstoffe ermöglichen.[10]
Innerhalb der Zelle befindet sich bei Bodo saltans außerdem eine kontraktile Vakuole, ein Kinetoplast, eine Geißelkammer (engl. flagellar pocket), ein Mitochondrium und der Zellkern.
In der Nähe des Kinetoplasten befinden sich acht Mikrotubuli, die für die Unterstützung des Cytopharynx verantwortlich sind.
Es wird vermutet, dass diese Mikrotubuli an der Nahrungsaufnahme beteiligt sind, eine aktive Rolle dabei blieb aber noch unbestätigt.[10]
Das schlingen- oder schlaufenförmige Mitochondrium nimmt einen großen Teil des Innenvolumens der Zelle ein und enthält den Kinetoplasten (ein großes Netzwerk aus zirkulärer DNA).[10]
Bodo celerG. A. Klebs, 1892 (N) – nach AlgaeBase und WoRMS wird dieser Name derzeit als Synonym von Alphamonas edax(G. A. Klebs) A. G. Alexeieff angesehen (A,W).
Bodo edaxG. A. Klebs, 1892 (N:ohne Autor) – nach AlgaeBase und WoRMS wird dieser Name derzeit als Synonym von Alphamonas edax(G. A. Klebs) A. G. Alexeieff (A) respektive Colpodella edax(Klebs, 1892) Simpson & Patterson, 1996 (W) angesehen.
Bodo uncinatus corr. (Kent) G. A. Klebs (N) mit Schreibvariante Bodo uncinata(Kent) G. A. Klebs (A) und früherem Synonym Heteromita uncinataKent, 1878 (N)
Weitere Spezies, die teilweise als Mitglieder der Gattung gesehen werden (Auswahl, nach AlgaeBase und WoRMS):
Überraschenderweise ernähren sich die Mitglieder der Gattung Bodo nicht nur von Bakterien (mit unterschiedlicher Präferenz), sondern beherbergen auch Bakterien als intrazelluläre Symbionten.[21]
Im Jahr 2018 berichteten Samriti Midha und Kollegen über ein von ihnen Candidatus Bodocaedibacter vickermanii genanntes endosymbiotisches Bakterium bei Bodo saltans.
Die Symbiose von B. saltans mit Ca. Bc. vickermanii ist damit das erste Beispiel für eine solche Verbindung bei freilebenden Kinetoplastiden. Im Unterschied zu den früher bekannt gewordenen Endosymbionten der parasitischen Kinetoplastiden gehört Ca. Bc. vickermanii jedoch den α-Proteobacteria an.[21]
Neu gebildete BsV-Virionen im Inneren eines Vesikels. Am Apex des linken unteren Virions befindet sich ein geschlossenes Stargate (schwarze Pfeilspitze).[23]
Mehrere Spezies der Gattung Bodo, insbesondere B. saltans, werden von einem Virus befallen, dem Bodo-saltans-Virus (BsV, wissenschaftlichTheiavirus salishense). Dieses ist möglicherweise das am häufigsten vorkommende Riesenvirus in den Ozeanen.[23]
Die verschiedenen Stämme von BsV sind jeweils nur in der Lage, entweder eine bestimmte Bodo-Spezies oder (wie im Fall von B. saltans) sogar nur bestimmte Stämme der sehr heterogenen Gattung bzw. Art zu infizieren.[23] BsV ist Mitglied der Familie Mimiviridae (im PhylumNucleocytoviricota, NCLDV) und innerhalb dieser Familie verwandt mit den in Klosterneuburg bei Wien erstmals per Metagenomik identifizierten Klosneuviren (in der NCBI-Taxonomie Unterfamilie Klosneuvirinae).[24][25] Sein nächster bekannter Verwandter innerhalb dieser Gruppe ist das „Davosvirus“.[26][A. 2]
Bodo saltans. Auf: Alchetron. Stand: 8. August 2022 (Video[27] & Bilder. Für den Text steht Wikipedia als Quelle; fast gleicher Text: Bodo saltans. Auf: bionity.com)
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