Der auf -rod endende Ortsname lässt auf eine Gründung zwischen 800 und 1000 n. Chr. schließen. Die erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahre 1289 unter dem Namen Blidenrot[3] berichtet von einer Besitzstreitigkeit zwischen dem Ritter Rupert von Langenstein und dem Kloster Wirberg bei Grünberg. Der Marschall des Landgrafen, sowie weitere Ritter und Amtsleute bezeugen darin eine Abtretung der hiesigen Güter an das Kloster gegen 3 Mark, die der Ritter Rupert als Abfindung erhält. Ausgestellt wurde die Urkunde am „Vorabend des Tages des Erzengels Michael“, also am 28. September 1289.[4]
Im Mittelalter gehörte der Ort zu Grafschaft Ziegenhain.
1450 starb der letzte Graf von Ziegenhain und Nidda kinderlos. Nach einer Vereinbarung mit den Landgrafen von Hessen fiel in diesem Fall das Erbe an die Landgrafschaft Hessen.
Aber erst 1495 konnte ein Erbstreit mit den Grafen von Hohenlohe beigelegt werden, indem die hessischen Landgrafen die Hohenloher mit 9000 Gulden für die beiden Grafschaften abfanden.[5]
Die Fachwerkkirche wurde Anfang des 16. Jahrhunderts, noch vor der Reformation, erbaut und ist damit die älteste Fachwerkkirche in Oberhessen.[6]
1718 wurde ein größerer Umbau durchgeführt. 1775 wurden der Chorraum mit dem Chorbogen angebaut und im Kirchenschiff zwei Rundsäulen eingezogen. Der Innenraum der Kirche hat neben dem unteren Gestühl eine dreiseitige Empore mit Brüstungsmalereien, die Jesus Christus, die Apostel und die Evangelisten darstellen. Das Geläut besteht aus zwei Glocken. Renovierungen erfolgten 1825, 1834, 1913/14, 1951, 1970–1972 und zuletzt 2019/20.[4]
Obwohl das genaue Baujahr unbekannt ist, feierte die Kirchengemeinde beim Gottesdienst zum Erntedankfest am 5. Oktober 2014 den 500. Geburtstag der Kirche.[7]
Im Salbuch über Amt und Schloß Burggkemunden aus dem Jahr 1582, findet sich folgender Eintrag:
„Bleydenrod, ein Dorf ohne alle Mittel ins Amt Burggemunden gehörig, dem Landgrafen zuständig. Die Vornehmsten und Verständigsten sagen 1582 aus: im Dorf Bleydenrod hat der Landgraf alle hohe Oberherrlich- und Gerechtigkeit, Gebot, Verbot, Dienst, Folge, Steuer und was sonst derselben anhängig ist, hergebracht.“[8]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Bleidenrod:
„Bleidenrod (L. Bez. Kirtorf) evangel. Filialdorf; liegt 3 St. von Kirtorf, hat 55 Häuser und 359 Einw., die bis auf 3 Kath. evangelisch sind. Der Ort hat eine Kirche, hieß früher Blydenrade, und gehörte zum Kirchengebiete von Oberofleiden.“[9]
Bürgermeister
Nach der Eigenständigkeit von Bleidenrod als Gemeinde wurde 1829 Matthäus Lein als Großherzoglicher Beigeordneter genannt. 1836 erfolgte die Erhebung einer Bürgermeisterei. Die Verpflichtung des bisherigen Beigeordneten Matthäus Lein erfolgte am 21. Februar 1837.[4]
1837–1849 Matthäus Lein (* 14. August 1790 in Bleidenrod; † 11. April 1864 in Bleidenrod)
1849–1884 Johann Conrad Lein III. (* 16. September 1822 in Bleidenrod; † 21. Januar 1884 in Bleidenrod; starb im Amt)
1884–1889 Johann Conrad Lein IV. (* 24. Dezember 1836 in Bleidenrod; † 9. April 1930 in Bleidenrod)
1889–1914 Lorenz Lein II. (* 4. April 1852 in Bleidenrod; † 30. August 1914 in Bleidenrod; starb im Amt)
1914–1917 Vakanz (Die Amtsgeschäfte führte der erste Beigeordnete August Schultheiß, * 21. März 1865 in Bleidenrod; † 29. Januar 1947 in Bleidenrod)
1917–1919 Vakanz (Die Amtsgeschäfte führte Karl Lein III.; s. u.)
1919–1925 Karl Lein III. (* 18. Juli 1877 in Bleidenrod; † 7. Juni 1958 in Bleidenrod)
1925–1945 Karl Schultheiß (* 9. Januar 1894 in Bleidenrod; † 8. Mai 1982 in Bleidenrod; Absetzung durch die amerikanische Militärregierung)
1945–1948 Vakanz (Die Amtsgeschäfte führte Johannes Wilhelm Braun, * 11. März 1894 in Dorf-Güll; † 12. September 1972 in Bleidenrod)
1948–1971 Heinrich Jung (* 4. November 1913 in Bleidenrod; † 1. September 1987 in Bleidenrod)
ab 1971: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Alsfeld, Stadt Homberg (Ohm)[Anm. 8]
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Vogelsbergkreis, Stadt Homberg (Ohm)
ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Vogelsbergkreis, Stadt Homberg (Ohm)
Gerichtszugehörigkeit seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Bleidenrod das „Amt Homberg an der Ohm“ zuständig.
Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Homberg an der Ohm“ war daher von 1821 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht in Homberg an der Ohm, das für Bleidenrod zuständig war.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Homberg an der Ohm“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[22] Am 15. Juni 1943 wurde das Gericht zur Zweigstelle des Amtsgerichtes Alsfeld,[23] aber bereits wieder mit Wirkung vom 1. Juni 1948 in ein Vollgericht umgewandelt.[24] Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Homberg, und Bleidenrod wurde dem Bereich des Amtsgerichts Kirchhain zugeteilt.[25]
1973 wechselte die Stadt Homberg an der Ohm und mit ihr Bleidenrod in den Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Alsfeld.[26]
In übergeordneten Instanzen sind jetzt das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerentwicklung
1466: 005 frondienstpflichtige Männer mit 3 Pflügen (Einwohnerzahl dürfte demnach zwischen 20 und 25 gelegen haben)[4]
1577: 036 Hausgesesse mit vier Wagen (entspricht etwa 150–180 Einwohnern).[1]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Stadt Homberg (Ohm)[2]; Zensus 2011[31]; Homberg-Bleidenrod – Bilder und Texte zur Geschichte eines Ortes, 1989[4]
↑Das Großherzogtum Hessen war von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes. Ein Staatenbund ehemaliger Territorien des Heiligen Römischen Reichs. Er gilt als Vorläufer des Deutschen Reichs.
↑ abcdef
Waldemar Lein: Homberg-Bleidenrod – Bilder und Texte zur Geschichte eines Ortes. Band31. Mergard, Lauterbach 1989.
↑
Martin Röhling: Niddaer Geschichtsblätter. Heft 9. Die Geschichte der Grafen von Nidda und Ziegenhain. Hrsg.: Niddaer Heimatmuseum e. V. Im Selbstverlag, 2005, ISBN 3-9803915-9-0, S.115.
↑Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen von Gemeinden vom 15. September 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.39, S.1603, Punkt 1320; Abs. 14. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 9,2MB]).
↑Hauptsatzung. (PDF; 2,99 MB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Homberg (Ohm), archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Januar 2021; abgerufen im Januar 2021.
↑Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.12ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.13ff., § 26 Punkt b V. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC165696316, S.7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.419 (online bei Google Books).
↑
Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S.143ff. (online bei Google Books).
↑
Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr.8, S.121ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2MB]).
↑Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr.15, S.197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8MB]).
↑Rundverfügung des Reichsministers der Justiz vom 20. Mai 1943 — 3200/7 — Ia9 995 — Betrifft: Vereinfachung der Gerichtsorganisation.
↑Erlass des Hessischen Ministers der Justiz vom 24. Mai 1948 — 3210/1 — Ia 1961 — Betrifft: Umwandlung des Zweigstellen-Amtsgerichts Homberg (Oberhessen). (Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsorganisation und Gerichtsverfassung vom 17. November 1953. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1953 Nr.30, S.189–191, Anlagen 1. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,3MB]).)
↑Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC162730484, S.116 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC162730484, S.12 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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