Der stäbchenförmige B. subtilis weist üblicherweise eine Größe von ca. 2 bis 3 µm auf, die Dicke liegt bei ca. 0,7 bis 0,8 µm. Seine Sporen sind elliptisch mit einer Länge von 1 bis 1,5 µm und einer Breite von 0,6 bis 0,9 µm.[3] Die Zellen sind peritrich, also mehrfach und über die ganze Zelle verteilt begeißelt und können sich dadurch schnell fortbewegen. Das Bakterium wird von einer grampositiven Zellwand umgeben.[4]
Lebensweise und Physiologie
B. subtilis ist ubiquitär verbreitet und kann aus Boden, Staub und Luft isoliert werden. Als Bodenkeim kommt er häufig auf Pflanzen und Pflanzenmaterial vor.[5]
Der Name Heubazillus weist darauf hin, dass er sich leicht in einem sogenannten Heuaufguss anreichern lässt. Die Generationszeit beträgt bei optimalem Nährstoffangebot, optimaler Sauerstoffversorgung und einer optimalen Wachstumstemperatur von 40 °C ca. 45 Minuten.[4]
B. subtilis ernährt sich chemoorgano-heterotroph, d. h., er nutzt von anderen Lebewesen erzeugte Nährstoffe, um Energie und körpereigene Substanz zu generieren. B. subtilis besiedelt sowohl die Rhizosphäre als auch die oberen Schichten des Bodens.[6] Dort hat er als typisches Fäulnisbakterium Anteil an der Rückführung organischer Stoffe in die Nahrungskreisläufe. Er besitzt ein großes Arsenal an Glukan- (polymer verkettete Zucker)[7] und Proteasen[8] (Protein-abbauenden Enzymen), die bei Bedarf aus der Zelle exportiert werden.
Als Kohlenstoff- und Energiequelle wird bevorzugt Traubenzucker (Glucose) genutzt. Bei ausreichender Konzentration verhindert Glucose die Aktivierung von Genen, deren Produkte andere Kohlenstoffquellen in den Stoffwechsel einschleusen. Bei Glucoseabwesenheit können auch andere Zucker oder kohlenstoffhaltige Substrate genutzt werden.(Katabolitrepression)[4]
Zur Energiegewinnung dient Sauerstoff als bevorzugter terminaler Elektronenakzeptor (Zellatmung). Auch hier wird die Nutzung alternativ in Frage kommender Substrate bei Sauerstoffzutritt unterdrückt. Unter anaeroben Bedingungen können die Zellen bei Glucose- und Nitrat-Anwesenheit noch genug Energie für langsames Wachstum erzeugen. Sind keine als Elektronenakzeptor nutzbaren Substrate verfügbar, dann ist B. subtilis in der Lage, auch ausschließlich durch Gärungsstoffwechsel bei Erzeugung von Milchsäure, Ethanol, Acetoin und 2,3-Butandiol zu überleben.[4]
Widrigen Umweltbedingungen versucht sich B. subtilis durch aktive Fortbewegung mithilfe seiner Geißel zu entziehen. Ferner kann sich B. subtilis über die sogenannte generelle Stressantwort als vegetativ aktive Zelle mit Schwankungen von Umweltfaktoren auseinandersetzen. In letzter Konsequenz kann B. subtilis durch ein atypisches Zellteilungsprogramm Endosporen bilden, die lange Perioden – allerdings unter Aufgabe der ökologischen Nische und Ausscheiden aus evolutionären Prozessen – überdauern. Im Lichtmikroskop sind Sporen bzw. Vorsporen in sporulierenden Zellen auch ohne Färbung als stark lichtbrechende, ovale Strukturen zu erkennen.
Eine weitere Eigenschaft ist die Ausbildung der Kompetenz. Kompetenz bei Bakterien heißt die Fähigkeit, extrazelluläre (Fremd)DNA aufzunehmen und diese zwecks Erweiterung des eigenen Genoms zu integrieren oder sie zur Ernährung zu nutzen.[9]
B. subtilis subsp. spizizeniiNakamura et al. 1999[13]
B. subtilis subsp. subtilis (Ehrenberg 1835) Nakamura et al. 1999[14][13]
B. subtilis wurde im Jahre 1835 durch Christian Gottfried Ehrenberg als Vibrio subtilis (Gekrümmtes Stäbchen) beschrieben. 1872 wurde es durch Ferdinand Julius Cohn in Bacillus subtilis (Stäbchen) umbenannt und von Fischer 1895 einer gleichnamigen Familie zugeordnet.[10]
B. subtilis wurde früher in der Humanmedizin zur Behandlung von chronischen Hautkrankheiten (Dermatosen) bzw. von Durchfall, Gärungs- und Fäulnisdyspepsien, Magen-Darm-Entzündung (Enteritis) und Enterocolitis angewandt. In der Roten Liste der in Deutschland verfügbaren Fertigarzneimittel von 2017 sind keine diesen Wirkstoff enthaltende Präparate mehr aufgeführt, allerdings gibt es zahlreiche als Nahrungsergänzungsmittel ("Probiotika") angebotene Präparate.
Aufgrund der hohen Hitzeresistenz der Sporen von B. subtilis werden diese auch als Indikator bei entsprechenden Sterilisationsprozessen in Pharmazie, Medizin und Lebensmittelindustrie eingesetzt.[17]
Aufgrund seiner Fähigkeit zur Sekretion extrazellulärer Enzyme wird B. subtilis insbesondere für die Herstellung von Waschmittelenzymen (z. B. Subtilisin[19]), aber außerdem auch für die Synthese von Riboflavin[20] (Vitamin B2) und des Antibiotikums Bacitracin[21] in der biotechnologischen Industrie genutzt.
Der Stamm Bacillus subtilis var. natto wird zur Herstellung der japanischen Spezialität Nattō und ähnlicher Gerichte verwendet.[22]
B. subtilis kann unter äußerst seltenen Umständen auch pathogen wirken, z. B. kann es bei Augenverletzungen und Eindringen des Bakteriums zur Blindheit kommen (Panophthalmie).[23] Zudem kann B. subtilis das Toxin Amylosin bilden und zu Lebensmittelvergiftungen führen.[24]
B. subtilis gilt als das bestuntersuchte grampositive Bakterium. In den Jahren 1990 bis 1997 wurde sein Genom erforscht und komplett sequenziert, wobei sich die Sequenzierungsstrategie an bereits vorhandenen Genkarten orientierte. Der zirkuläre DNA-Doppelstrang umfasst 4.214.810 Basenpaare; der GC-Gehalt liegt bei 43,5 %. Von der Gesamtsequenz haben 86,87 % der Nukleotide codierende Funktion, die restlichen Nukleotide befinden sich in z. T. regulatorisch bedeutsamen Regionen zwischen den Genen. Im Durchschnitt misst ein Gen 890 Nukleotide.[26]
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