Die Astrometrie (von altgriechischἀστήρ, ἄστρονastḗr, ástron, deutsch ‚Stern‘, und μέτρονmétron, deutsch ‚Maß‘) ist der geometrische Teilbereich der Astronomie und als solcher das Gegenstück zur Astrophysik. Sie wird auch Positionsastronomie oder klassische Astronomie genannt und umfasst die Messung und Berechnung von Gestirnspositionen (Sternörtern) und ihren Bewegungen in genau definierten Bezugsystemen. Damit ist sie die Grundlage vieler astronomischer Forschungen und insbesondere der Himmelsmechanik. Bis zur Etablierung der Astrophysik, die um 1860 nach Erfindung der Spektroskopie begann, machten Astrometrie und Sphärische Astronomie den Großteil der gesamten Sternkunde aus.
Bis zum Aufkommen der Astrophysik nach 1850 – vor allem durch die Spektralanalyse und die Astrofotografie – war (nach Karl Schütte) die Astrometrie gleichbedeutend mit Astronomie überhaupt. Erst im 20. Jahrhundert begann man von Astrometrie oder Positionsastronomie zu sprechen – im Gegensatz zur Astrophysik, welche ab 1950 die Astronomie dominierte.
Zwischen etwa 1960 und 1990 führte die Astrometrie beinahe ein Nischendasein, da sich ihr kaum 10 % der Astronomen (zunehmend allerdings die Geodäten) widmeten. Als aber die Ära der Astrometriesatelliten und der CCD-Sensoren begann, änderte sich dies und heute bringen die hochpräzisen Messmethoden der Astrometrie auch wesentliche Impulse u. a. für Himmelsmechanik, Raumfahrt, Kosmologie und die Stellardynamik bzw. Milchstraßenforschung.
Zu den Pionieren der "klassischen" Astrometrie zählen vor allem
Hipparchos, auf den der erste Sternkatalog mit über 1000 Sternen zurückgeht und der die langsamen Koordinatenverschiebungen durch die Präzession entdeckte
Ptolemaios, der die astronomischen Theorien seiner Zeit im Almagest zusammenfasste
Tycho Brahe, der – noch ohne Fernrohr – Messgenauigkeiten bis zu 0,01° erreichte
Der 2-D-Teil der Astrometrie zählt zur sphärischen Astronomie und beschäftigt sich nur mit der Einfallsrichtung von Lichtquellen aus dem Weltraum – theoretisch, messtechnisch, betreffs der Koordinatensysteme und für diverse Reduktionen der scheinbaren Richtung von Himmelsobjekten (Planeten, Sternen, Galaxien) auf ihre wahre Richtung.
Dreidimensional werden die Sternörter durch Messung von Parallaxen – jener scheinbaren jährlichen Verschiebungen, die von gegenüberliegenden Punkten der Erdbahn feststellbar sind. Daraus können Sterndistanzen bis zu 100 Lichtjahren abgeleitet werden, mit Hipparcos- und anderen Methoden noch weit darüber hinaus.
Die Dynamik ferner Objekte wird umso mehr astrophysikalisch erforscht, je weiter sie entfernt sind. Diese Grenze wird aber durch die Raumfahrt und Astrometriesatelliten ständig ausgeweitet.
Nutzen für die astronomische Forschung
Präzise Sternkoordinaten, Entfernungs- und Geschwindigkeitsdaten befruchten viele Aspekte der Astronomie. Einige davon sind:
Besseres räumliches Bild der Sternverteilung und der Bewegungsverhältnisse
Jean Kovalevsky, (et al.): Fundamentals of astrometry. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-64216-7.
Jean Kovalevsky: Modern astrometry. Springer, Berlin 2002, ISBN 3-540-42380-X.
Stephen Webb: Measuring the universe – the cosmological distance ladder. Springer, London 2001, ISBN 1-85233-106-2.
Michael Perryman: Astronomical Applications of Astrometry: Ten Years of Exploitation of the Hipparcos Satellite Data. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2008, ISBN 978-0-521-51489-7.
↑Bis zur Hipparcos-Mission waren diese (schwachen) Sterne nicht genau genug vermessen, so dass die Bedeckungslinien auf der Erde oft zu unsicher für mobile Messtrupps waren. Nun löst der Tycho-Katalog das Problem auf etwa ±100 m Genauigkeit.