Der 40. Jahrestag der DDR wurde am 7. Oktober 1989 in Ost-Berlin und vielen weiteren Orten mit Feierlichkeiten begangen. Er endete in einigen Städten mit Massenprotesten.
6. Oktober abends ein großer Fackelzug der Freien Deutschen Jugend (FDJ) mit angeblich 100.000 Teilnehmern zwischen Brandenburger Tor und Marx-Engels-Platz, auf der Ehrentribüne saßen Erich Honecker, Michail Gorbatschow und viele weitere Gäste
7. Oktober nachmittags Volksfeste in vielen Städten und Dörfern der DDR
7. Oktober abends ein festlicher Empfang im Palast der Republik für ausgewählte internationale und nationale Gäste
Beim Fackelzug und der Ehrenparade befanden sich Gorbatschow und der DDR-Staatsratsvorsitzende und SED-Generalsekretär Erich Honecker auf der Haupttribüne in Gesellschaft von Raissa Gorbatschowa, Willi Stoph, dem Ministerpräsidenten der DDR, und vielen weiteren hochrangigen Vertretern des Systems und Ehrengästen aus dem In- und Ausland.
Die auf die Fahrbahnen der Karl-Marx-Allee ausgerichtete Haupttribüne mit den staatlichen Ehrengästen befand sich auf der Nordseite der Karl-Marx-Allee, und zwar zwischen den in Plattenbauweise errichteten Hochhäusern Karl-Marx-Allee Nr. 11 und Karl-Marx-Allee Nr. 19 (ungefähre Position[5]).
Hinter der Tribüne stand eine hohe rote Wand mit der in großen weißen Blockbuchstaben ausgeführten Schrift „40 Jahre DDR“, darunter war das Staatswappen der DDR zu sehen. Entlang der Karl-Marx-Allee unmittelbar gegenüber dieser Tribüne hatten die Militärkapellen Aufstellung genommen, welche für die musikalische Umrahmung der Ehrenparade zu sorgen hatten.
Ehrengäste auf der Tribüne Ämterbezeichnung am 7. Oktober 1989
Fahrt von Minister Keßler zur Haupttribüne mit den staatlichen Ehrengästen.
Meldung Keßlers an den Generalsekretär der SED und Staatsratsvorsitzenden der DDR, Erich Honecker. Keßler blieb anschließend zusammen mit Stechbarth neben Honecker auf der Tribüne.
Die Militärparade am 7. Oktober 1989 war die letzte Ehrenparade der NVA anlässlich eines Jahrestages der DDR. Mit ihr endete in Deutschland die „große Zeit der Militärparaden“.[12]
Erinnerungen Gorbatschows
Als besonderer Gast war der sowjetische Generalsekretär des ZK der KPdSU und Vorsitzende des Obersten Sowjets der UdSSRMichail Gorbatschow bei den Feierlichkeiten am 6. und 7. Oktober anwesend.[13] In seinen Erinnerungen vermischten sich die Eindrücke vom großen Fackelzug der FDJ am Abend des 6. Oktober mit den Protesten vor dem Palast der Republik am Abend des 7. Oktober.
„Vor den Tribünen, auf denen die Führung der DDR und die ausländischen Gäste Platz genommen hatten, zogen Marschblöcke aus allen Bezirken der Republik vorbei. Ein beeindruckender Anblick: Orchester spielten auf, Trommelwirbel erklang, Scheinwerferlicht strahlte. Wenn die Fackeln aufflackerten, sah man – was vielleicht am eindrucksvollsten war – Tausende und Abertausende junger Gesichter. Man erzählte mir, daß die Teilnehmer an diesem Fackelzug sorgfältig ausgewählt worden waren und daß es sich vorwiegend um Aktivisten der Freien Deutschen Jugend, junge Mitglieder der SED und der ihr nahestehenden Parteien und gesellschaftlichen Organisationen handelte. [= 6. Oktober]
Um so aufschlußreicher waren die Losungen und Sprechchöre in ihren Reihen: ‚Perestroika!‘, ‚Gorbatschow! Hilf!‘ Aufgeregt trat Mieczysław Rakowski an mich heran: ‚Michail Sergejewitsch, verstehen Sie, was für Losungen sie da schreien?‘ Dann dolmetschte er: ‚Sie fordern: ‹Gorbatschow, rette uns!› [= 7. Oktober]
Das ist doch das Aktiv der Partei! Das ist das Ende!‘ [= Vermischung]“[14]
Proteste
Die Veranstaltungen zum 40. Jahrestag der DDR fanden in einer Zeit von kleineren Veränderungen in einigen realsozialistischen Ländern statt, die in den Wochen zuvor rund 50.000 DDR-Bürgern die Flucht in den Westen ermöglicht hatten. Schon im Vorfeld war es zu Pannen gekommen: Absagen geladener Festgäste, Fernbleiben von für Ordensverleihungen Vorgesehenen, gestrichene Veranstaltungsvorhaben mancherorts. Die Feiern waren von Protesten begleitet.[15][16][17] Mehr als 1000 Demonstranten wurden verhaftet.
Am Tag des Jubiläums wurde einigen westlichen Journalisten die Einreise verweigert. Da und dort hatten Gegenveranstaltungen Zulauf. In Friedensgebeten wurde auf den 40. Republikgeburtstag teilweise kritisch Bezug genommen.[18]
Nur einen Monat später fiel die Berliner Mauer. DDR-Staatschef Erich Honecker trat nur kurz nach dem Republikgeburtstag zurück (am 18. Oktober 1989). Knapp ein Jahr nach dieser Parade feierte Deutschland seine Wiedervereinigung.
Literatur
Thomas Loy: Erinnerung: Republikgeburtstag auf der Paradestraße, in Tagesspiegel, 6. Oktober 2009. Text
40. Jahrestag der DDR . Eine Prügelorgie zum Fest, in Focus, 2009 Text
Christoph Bock: Gorbatschow hat den berühmten Satz nie gesagt; Welt, 6. Oktober 2014.Text
Lothar Heinke: Der letzte Tanz der Totgesagten beim 40. beim 40. Geburtstag der DDR, in Tagesspiegel vom 6. Oktober 2014 Text
↑Ungefähre Position der Haupttribüne mit den staatlichen Ehrengästen: 52° 31' 17.0 N, 13° 25' 13.1 O. 52.52138888888913.420305555556Koordinaten: 52° 31′ 17″ N, 13° 25′ 13,1″ O
↑Gorbatschow soll widerstrebend anwesend gewesen sein, dies jedoch im Geiste der Kameradschaft mit anderen sozialistischen Staaten.
↑Michail Gorbatschow: Erinnerungen. Berlin 1995, S. 934.; Die Perestroika-Rufe und Gorbi hilf uns gab es nur am 7. Oktober von Jugendlichen, die sich in ihren Ansichten erheblich von denen beim Fackelzug der FDJ am 6. Oktober unterschieden