Als Sohn eines Arbeiters legte Hager nach Besuch von Volks- und Oberrealschule 1931 das Abitur ab. Er war Mitglied des CVJM und des Sozialistischen Schülerbundes, arbeitete als Journalist und trat 1930 in die KPD, 1932 in den Roten Frontkämpferbund ein. Er war 1933 an der Störung der ersten Rede Adolf Hitlers im Radio (Stuttgarter Kabelattentat) beteiligt, wurde verhaftet und kam in das KZHeuberg. Nach kurzer Haftzeit emigrierte er im Jahr 1936.
Im Jahr 1939 wurde er in Frankreich interniert und emigrierte dann nach Großbritannien. Dort war er für die Auslandsorganisation der KPD aktiv, schrieb unter dem Pseudonym Felix Albin, wurde dann zeitweilig erneut als Enemy Alien interniert, zunächst in Huyton, später auf der Isle of Man. Dann wurde er in London Mitglied des Vorstandes der Freien Deutschen Bewegung und arbeitete für die Freie Tribüne, ab Juni 1945 war er ihr Chefredakteur.
Im Jahr 1946 kehrte er nach Berlin zurück. Er trat der SED bei, wo er Leiter der Abteilung Parteischulung sowie stellvertretender Chefredakteur des Vorwärts, der vom Landesverband Groß-Berlin der SED herausgegebenen Montagsausgabe des Neuen Deutschlands wurde. Hager veröffentlichte seine Texte unter dem Pseudonym „XYZ“.[1] Im Jahr 1948 absolvierte er einen Dozentenlehrgang an der Parteihochschule in Kleinmachnow, was ihn 1949 zum ordentlichen Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin qualifizierte.
Im Jahr 1950 wurde er Kandidat des Zentralkomitees der SED und 1952 Leiter der Abteilung Wissenschaft des ZK der SED. 1954 wurde er Mitglied und 1955 Sekretär des ZK der SED. In dieser Funktion war er verantwortlich für Wissenschaft, Volksbildung und Kultur. 1959 wurde er Kandidat und 1963 Mitglied des Politbüros des ZK der SED und Leiter der Ideologischen Kommission des Politbüros. Er wurde 1958 Abgeordneter der Volkskammer und 1967 Vorsitzender von deren Volksbildungsausschuss. Außerdem war er von 1976 bis 1989 Mitglied des Staatsrates und von 1979 bis 1989 Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates. Im SED-Politbüro galt Hager als Chefideologe und oberster Kulturverantwortlicher. In dieser Funktion verhinderte er 1979 einen Auftritt Udo Lindenbergs in der DDR. Dieser hatte in einem Radiointerview des SFB am 5. März 1979 seinen Wunsch geäußert, für seine Fans ein Konzert in Ost-Berlin veranstalten zu wollen.[2] Das Interview wurde von DDR-Seite aufgezeichnet und einen Tag später als Information vom Staatlichen Komitee für Rundfunk, Abteilung Monitor an Hager gesandt. Hager schrieb am 9. März 1979 quer über das Blatt: „Auftritt in der DDR kommt nicht in Frage“.[3]
In Reden und Schriften bestritt Hager die Existenz einer einheitlichen deutschen Kulturnation und einer gemeinsamen deutschen Geschichte. Am 9. April 1987 gab Hager in einem Interview mit der bundesdeutschen Illustrierten Stern zu den Reformen Gorbatschows in der Sowjetunion die Antwort:
„Würden Sie, nebenbei gesagt, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“
Am 10. April 1987 erschien das Interview mit der offiziellen Absage an die Glasnost- und Perestroika-Politik in der Sowjetunion im SED-Zentralorgan Neues Deutschland. Sowohl Teile der SED-Basis als auch der übrigen Bevölkerung der DDR brachten ihren Unmut gegen Kurt Hager mit dem Spottnamen „Tapeten-Kutte“ zum Ausdruck. So schmähte ihn auch Wolf Biermann in seinem Lied Ballade von den verdorbenen Greisen.
Hans Modrow und Egon Krenz offenbarten unabhängig voneinander in Buch-Publikationen der Jahre 2018 bzw. 2019, dass besagter legendär gewordener Tapetenvergleich im Stern-Interview gar nicht aus der Feder Hagers stammte, sondern ihm stattdessen von Erich Honecker persönlich in den Wortlaut der Antworten hineingeschrieben worden war.[4] Krenz würdigt darüber hinaus Hagers loyalen Charakter, diese eigentliche Urheberschaft auch nach 1989 nie öffentlich gemacht zu haben.[5]
Auf der 10. Tagung des ZK nach dem XI. Parteitag der SED vom 8. bis zum 10. November 1989 schied Hager aus seinen Funktionen aus. Gegenüber Jan Carpentier, der am 23. November 1989 im Rahmen der DDR-Jugendsendung Elf 99 aus der Waldsiedlung Wandlitz berichten durfte, gab Hager an, unfreiwillig in der Hochzeit des Kalten Krieges hier einquartiert worden zu sein. Man habe sich „den Beschlüssen der Partei gebeugt“, sagte Hager in Gegenwart seiner Frau. Wandlitz bezeichnete er als sein siebtes Internierungslager, in das er gekommen sei.[6][7] Später nahm er diese Aussage zurück.[8]
Er war verheiratet mit Sabina Hager, geb. Schauer (1912–2000)[13][14]. Das Ehepaar Hager hatte zwei Kinder: einen Sohn (* 1944) und die Tochter Nina Hager.
Stefan Wolle: Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1971–1989. 1999. (= Schriftenreihe Band 349) Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 292–293.
Ilko-Sascha Kowalczuk: Die 101 wichtigsten Fragen. DDR. C.H. Beck, München 2009, S. 129–130. (= Frage 83: Warum wollte SED-Ideologe Kurt Hager nicht tapezieren?)
Ilko-Sascha Kowalczuk: Endspiel : Die Revolution von 1989 in der DDR. C.H. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-68407-4.
↑Zu Lindenbergs Bemühungen um Auftritte in der DDR siehe Joachim Hentschel: Dann sind wir Helden. Wie mit Popmusik über die Mauer hinweg deutsche Politik gemacht wurde. Rowohlt, Hamburg 2022, ISBN 978-3-498-00279-4, S. 200–237.
↑Oliver Dürkop/Michael Gehler: In Verantwortung. Hans Modrow und der deutsche Umbruch 1989/90 Studien Verlag, Innsbruck 2018.
↑Egon Krenz: Wir und die Russen - Die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau im Herbst '89, edition ost, Berlin 2019, S. 111.
↑Holde-Barbara Ulrich: Schmerzgrenze. 11 Porträts im Gespräch. Bärbel Bohley, Sabina Hager, Heidrun Hegewald u. a. Dietz Verlag, Berlin 1991.
↑Ingrid Schiborowski, Anita Kochnowski (Hrsg.): Frauen und der spanische Krieg 1936-1939. Eine biografische Dokumentation. Verlag am Park, Berlin 2016, 652 S.