Elektronenmikroskopische Aufnahme einer Virusfabrik in einer Amöbe, die mit dem Zamilon-Virus (kleinen Partikeln) und „Mont1-Virus“ koinfiziert ist. Pfeile zeigen abnormale „Mont1“-Viruspartikel (Maßstab: 0,1 μm)
Das Zamilon-Virus (auch Zamilon-Virophage, SpeziesSputnikvirus zamilonense, früher Mimivirus-dependent virus Zamilon) ist ein kleines DNA-Virus, das Protisten infiziert und zur eigenen Replikation ein Helfervirus benötigt. Bei dem 2013 in Tunesien entdeckten Zamilon handelt es sich also um eine Art Satellitenvirus, oft auch als Virophage klassifiziert.[2]Zamilon infiziert die Amöben der Gattung Acanthamoeba polyphaga. Er ähnelt sehr dem ersten entdeckten Virophagen, dem verwandten Sputnik-Virus (gleiche Virengattung).
Der Name Zamilon kommt aus dem Arabischen (arabisch زميل, DMGzamīl ‚Kollege, Nachbar‘).[3]
Alle bekannten Virophagen sind assoziiert mit Helferviren der Riesenviren-Familie der Mimiviridae. Zamilon ist in seiner Auswahl an Hilfsviren eingeschränkt: Es ist innerhalb der Mimiviridae auf die Mimivirus-ähnlichen Linien I B und I C angewiesen, Viren der Linie I A sind für Zamilon ohne Nutzen. Dies scheint an einem rudimentären Immunsystem (genannt MIMIVIRE, englischmimivirus virophage resistance element) der bezeichneten Helferviren der Linie I A zu liegen, das dem CRISPR-Cas-System ähnelt.[4][5]
Siehe dazu auch Mougari et al. (2019), Fig. 5.[6]
Im Gegensatz zum Sputnik-Virophagen scheint Zamilon die Replikation seines Helfervirus nicht zu beeinträchtigen.
Im Jahr 2015 war Zamilon einer von drei Virophagen-Spezies, die physikalisch isoliert wurden (die beiden anderen sind das Sputnik-Virus aus derselben Gattung und ein Vertreter aus der Gattung Mavirus).
Mehrere andere Virophagen-DNAs wurden mithilfe von Metagenomanalyse gefunden, jedoch bis dato nicht physikalisch isoliert.[2][8]
Ein verwandter Stamm innerhalb der Zamilon-Spezies namens Zamilon 2 wurde 2015 durch Metagenomanalyse eines nordamerikanischen Pappelholzschnitzel-Bioreaktors entdeckt.[9] Ein anderer Virophage, Rio Negro, ist ebenfalls eng mit Sputnik verwandt.[2]
Eine weitere verwandte Spezies(?) ist „Zamilon vitis“, das die Spezies „Megavirus vitis“ parasitiert.[10]
Die Zamilon-Viruspartikel (Virionen) sind kugelförmig (sphärisch) mit einem Durchmesser von 50–60 nm und ähneln im Aussehen denen von Sputnik und Mavirus.[3]
Das zirkuläre doppelsträngige DNA-Genom ist 17.276 bp lang.[2][3]
Virophagen haben typischerweise Virionen mit einem Durchmesser im Bereich von 40–80 nm und eine Genomgröße im Bereich von 17–30 kbp.[2] Der mit Zamilon am engsten verwandte Virophage ist Sputnik, mit dem er 76 % der Genomsequenz teilt, obwohl ein Teil der Zamilon-Sequenz im Vergleich zu Sputnik umgekehrt (revers) ist.[2][3]
Zamilons DNA ist reich an den Basen Adenin und Thymin, der GC-Anteil beträgt nur 29,7 %.[3]
Die Analysen ergaben, dass das Zamilon-Genom 20 offene Leserahmen (englischopenreading frames, ORFs) mit einer Länge zwischen 222 Basen und 2337 Basen enthalten sollte; es sollten also 20 Polypeptidekodiert werden. Von den 20 vorhergesagten Genprodukten ähneln 15 denen von Sputnik, drei ähneln denen des Acanthamoeba polyphaga Mimivirus (APMV alias Mimivirussensu stricto: Gattung Mimivirus Linie A), zwei dem „Megavirus chilensis“ (Gattung Mimivirus Linie C) und eines dem Transpoviron (einem mobilen genetischen Element bei Riesenviren) von „Moumouvirus Monve“ (alias „Monve-Virus“, Gattung Mimivirus Linie B).[11]
Interessanterweise wurde 2018 eine Gen-Homologe von Sputnik und Zamilon mit dem „Orpheovirus“ gefunden.[14]
Vermehrungszyklus und Helferviren
Wie alle anderen Virophagen repliziert sich Zamilon im Zytoplasma innerhalb der Virusfabrik seines Helfers, der als Wirt fungiert.[3] Zamilon wurde zuerst in Verbindung mit dem Mont1-Virus isoliert, einem Mimivirus-ähnlichen Vertreter der Mimiviridae, der durch seine Polymerase B-Gensequenz in die Mimiviridae-Linie I C klassifiziert wurde. Anschließend wurde gezeigt, dass der Virophage in der Lage ist, sich auch in Verbindung mit Moumouvirus Monve (Monve-Virus) und Acanthamoeba polyphaga Moumouvirus (APMoV)[15][16] aus der Mimiviridae-Linie I B, sowie mit Terra1 und Courdo11 aus Linie I C zu replizieren. Es kann jedoch nicht in Verbindung mit Mimivirus oder Mamavirus (beide Linie I A), repliziert werden.[3][17] Hierin unterscheidet sich Zamilon von Sputnik, der sich in Verbindung mit einem Mimivirus-ähnlichen Mitglied der Mimiviridae replizieren kann.[3]
Zamilon scheint weder die Replikationsfähigkeit seines Helfervirus zu signifikant hemmen, noch die durch die Helferviren schließlich herbeigeführte Lyse der Amöbenzellen-Wirte zu beeinträchtigen. Obwohl das Helfervirus in Gegenwart von Zamilon einen hohen Anteil an abnormalen Virionen bildete, wurden diese auch in Abwesenheit des Virophagen auf einem vergleichbaren Niveau beobachtet.[3] Dies ist ebenfalls ein Unterschied zu Sputnik, der die Infektiosität seines Helfervirus merklich verringert, und dessen Lyse der Amöben hemmt und der mit der Erzeugung eines erhöhten Anteils an abnormalen Mimiviridae-Virionen verbunden ist.[2][3] Bernard La Scola und Kollegen, die sowohl Sputnik als auch Zamilon isolierten, gaben an, dass dies, wenn es sich bestätigt, „das Konzept des Virophagen in Frage stellen würde“, da diesem im Unterschied zu anderen Satellitenviren die Annahme einer schädlichen Wirkung auf das Helfervirus zugrunde liegt.[3]
↑Anthony Levasseur, Meriem Bekliz, Eric Chabrière, Pierre Pontarotti, Bernard La Scola, Didier Raoult: MIMIVIRE is a defence system in mimivirus that confers resistance to virophage. In: Nature. 531. Jahrgang, 2016, S.249–252, doi:10.1038/nature17146.
↑ abSaid Mougari, Dehia Sahmi-Bounsiar, Anthony Levasseur, Philippe Colson, Bernard La Scola: Virophages of Giant Viruses: An Update at Eleven. In: Viruses, Band 11 Nr. 8, Reihe Viruses of Plants, Fungi and Protozoa , 8. August 2019, 733, doi:10.3390/v11080733.
↑M Boughalmi, H Saadi, I Pagnier, P Colson, G Fournous, D Raoult, B La Scola: High-throughput isolation of giant viruses of the Mimiviridae and Marseilleviridae families in the Tunisian environment. In: Environmental Microbiology. 15. Jahrgang, 2013, S.2000–2007, doi:10.1111/1462-2920.12068, PMID 23298151.
↑Natalya Yutin, Vladimir V. Kapitonov, Eugene V. Koonin: A new family of hybrid virophages from an animal gut metagenome. In: Biology Direct. 10. Jahrgang, 2015, S.19, doi:10.1186/s13062-015-0054-9.
↑M. Bekliz, J. Verneau, S. Benamar, Didier Raoult, Bernard La Scola, Philippe Colson: A New Zamilon-like Virophage Partial Genome Assembled from a Bioreactor Metagenome. In: Frontiers in Microbiology. 6. Jahrgang, 2015, S.1308, doi:10.3389/fmicb.2015.01308, PMID 26640459, PMC 4661282 (freier Volltext).