Als Sohn eines schlesischen Kleinbauern wurde Wilhelm Wolff schon in seiner Jugend mit dem damals noch feudal geprägten Abhängigkeitsverhältnis zwischen den dortigen „Junkern“ und den ländlichen Unterschichten konfrontiert. Das Erlebnis der hieraus erwachsenden sozialen Konflikte wurde zum prägenden Einfluss auf sein späteres Leben und bestimmte auch die Grundhaltung vieler seiner Publikationen. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Schweidnitz studierte Wolff Klassische Philologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Breslau. Er konnte sein Studium jedoch nicht beenden, da er 1834 im Zuge der wieder einsetzenden „Demagogenverfolgungen“ wegen Mitgliedschaft in der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks, angeblicher Verletzung des Pressegesetzes und Majestätsbeleidigung verhaftet wurde und eine langjährige Untersuchungshaft in verschiedenen Gefängnissen erdulden musste, bevor man ihn schließlich zu Festungshaft auf der Festung Silberberg verurteilte. Einer seiner damaligen Mitgefangenen in Silberberg war der Schriftsteller Fritz Reuter. In der Artikelserie „Wilhelm Wolff“ (1876) hob später Friedrich Engels „die feuchten Kasematten und bitterkalten Winter“ in dem „alten Felsennest“ hervor, die seinem Freund auch den Beinamen „Kasematten-Wolff“ verliehen hätten. Wolffs Gesundheit litt dort so stark, dass ihm schließlich die Begnadigung gewährt wurde.
Seine Entlassung aus der Festungshaft erfolgte zum 30. Juli 1838. In den folgenden Jahren schlug er sich mühselig als Privatlehrer durch. Einer abermals drohenden Verhaftung wegen Pressevergehens Anfang 1846 entzog er sich durch Flucht nach London und später nach Brüssel. Hier wurde er mit Karl Marx und Friedrich Engels bekannt. Er arbeitete als Korrespondent der Deutsche-Brüsseler-Zeitung, war aktiv in den Kommunistischen Korrespondenz-Komitees, trat als Redner im deutschen Arbeiterverein auf und zählte zu den Gründungsmitgliedern des Bundes der Kommunisten. Nach der französischen Februarrevolution des Jahres 1848 wurde Wolff aus Belgien nach Frankreich abgeschoben. Von dort kehrte er nach Schlesien zurück und unterstützte die Wahl radikaler Kandidaten für das Frankfurter Parlament. Als Redakteur der Neuen Rheinischen Zeitung (NRhZ) betreute er u. a. die Rubrik „Aus dem Reich“ – Nachrichten aus den deutschen Kleinstaaten. Während des Belagerungszustandes in Köln vom 25. September bis 4. Oktober 1848 wurde Wolff steckbrieflich wegen „Komplotts“ gesucht und flüchtete zuerst nach Bad Dürkheim in der Pfalz. Später lebte er einige Monate in Köln im Untergrund, bis der Prozess gegen ihn eingestellt wurde.
Am 19. Mai 1849 wurde die Neue Rheinische Zeitung verboten; die berühmte letzte, rotgedruckte Nummer konnte gerade eben noch erscheinen. Wie die meisten ihrer Redakteure, flüchtete auch Wilhelm Wolff aus Köln und Preußen nach Frankfurt am Main. Hier hatte sich unterdessen eine Entscheidung im Konflikt über die Reichsverfassung angebahnt. Die preußische Regierung hatte einen Befehl erlassen, wonach die preußischen Abgeordneten aus Frankfurt abberufen wurden. Diesem Befehl wurde von der Mehrzahl der bürgerlichen, zumeist liberalen und konservativen Parlamentarier Folge geleistet. Wolff wurde daraufhin von den verbliebenen linken und demokratischen Gruppierungen aufgrund eines „alten Breslauer Mandats“ zum „Stellvertreter“ des abgereisten liberalen Abgeordneten Gustav Adolf Harald Stenzel ernannt und gehörte der Nationalversammlung vom 21. Mai 1849 bis zum 18. Juni 1849 selbst an. In dieser Funktion bezeichnete Wolff die Mitglieder der Reichsregierung und den Reichsverweser mehrfach als Volksverräter, forderte, sie für vogelfrei zu erklären, und von der Versammlung, sich offen auf den Boden der revolutionären Gewalt zu stellen. Innerhalb des Parlaments gehörte Wolff nicht zuletzt aufgrund dieser politischen Positionen zur Fraktion Donnersberg, die der radikalen Linken zuzuordnen war.
Im Anschluss an die Flucht der Nationalversammlung nach Stuttgart und der schließlichen Auflösung des dortigen Rumpfparlaments am 18. Juni 1849 durch württembergische Truppen ging Wolff nach Baden; später emigrierte er wie viele andere Flüchtlinge in die Schweiz. Dort ließ er sich in Zürich nieder und arbeitete wiederum als Privatlehrer. Bald jedoch trug er sich aufgrund vermehrter Aktivitäten des Schweizer Bundesrates gegen die Anwesenheit der deutschen Flüchtlinge mit dem Gedanken, wie die große Mehrzahl der Oppositionellen nach Amerika auszuwandern. Im Juni 1851 reiste er nach London, wo er viel mit Marx und Engels verkehrte und sich letztendlich zum Bleiben entschloss. Von September 1853 an bis zu seinem Tod lebte Wilhelm Wolff in bescheidenen Verhältnissen als Privatlehrer in Manchester, wobei er weiterhin enge Kontakte zu seinen alten Mitstreitern wie Friedrich Engels unterhielt. Wolff wurde auf dem Ardwick Cemetery in Manchester begraben.[6] Seine Freunde informierten die Öffentlichkeit von seinem Ableben. „Todes-Anzeige. Am 9. Mai d.J. starb zu Manchester an den Folgen eines Schlagflusses im beinahe vollendeten 55. Lebensjahr Wilhelm Wolff aus Tarnau bei Schweidnitz in Schlesien, in den Jahren 1848 und 1849 Redakteur der ‚Neuen Rheinischen Zeitung‘ in Köln[7] und Mitglied der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt und Stuttgart, seit 1853 Privatlehrer in Manchester. Manchester, 13. Mai 1864. Karl Marx. Friedrich Engels. Ernst Dronke. Dr. med. Louis Borchardt. Dr. med. Eduard Gumpert.“[8]
Wolffs Artikel „Das Elend und der Aufruhr in Schlesien“ (1844) diente Gerhart Hauptmann zur politischen und sozialgeschichtlichen Orientierung bei der Gestaltung seines naturalistischen Dramas „Die Weber“. Karl Marx widmete seinem „unvergeßlichen Freunde, dem kühnen, treuen, edlen Vorkämpfer des Proletariats“, Wilhelm Wolff, den ersten Band seines Hauptwerkes Das Kapital (Hamburg: Verlag von Otto Meissner 1867).
In Berlin ist die Wilhelm-Wolff-Straße nach ihm benannt.[9]
Werke
† *: Aus Schlesien. In: Das Westphälische Dampfboot. Bielefeld Februar 1845, S. 89–94.Digitalisat
Gesammelte Schriften. Nebst einer Biographie Wolffs von Friedrich Engels. Mit Einleitung und Anmerkungen. Hrsg. von Franz Mehring. Jubiläums-Ausgabe. Buchhandlung Vorwärts, Berlin 1909 (= Sozialistische Neudrucke III)
Erwin Reiche (Hrsg.): Der Kasematten-Wolff. Schriften von Wilhelm Wolff und sein Lebensbild von Friedrich Engels. Thüringer Volksverlag, Weimar 1950 (Werden u. Wirken. Verkannte u. Vergessene)
Verband der Deutschen Presse (Hrsg.): Das Elend und der Aufruhr in Schlesien. Wilhelm Wolff. Die Kasematten. Auch eine Milliarde. Tribüne, Berlin 1952 (Schriftenreihe für journalistische Schulung 1)
Willy Klawitter: Wilhelm Wolff. In: Schlesische Lebensbilder. Bd. 1: Schlesier des 19. Jahrhunderts. Breslau 1922, S. 266–270.
Walter Schmidt: Wilhelm Wolff. Sein Weg zum Kommunisten 1809 - 1846. Dietz Verlag, Berlin 1963
Der schlesische Revolutionär Friedrich Wilhelm Wolff (1809-1864). In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau. Bd. 9, Göttingen 1964, S. 187 ff.
Walter Schmidt: Wolff, Friedrich Wilhelm. In: Biographisches Lexikon zur deutschen Geschichte. Von den Anfängen bis 1945. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1970, S. 754–755.
Walter Schmidt: Die Kommunisten und der preußische Amnestieerlaß vom 12. Januar 1861. Zu einem bisher nicht beachteten Artikel von Karl Marx von September 1862. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Berlin 1977, XXV. Jg., Heft 9, S. 1066–1079.[10]
Walter Schmidt: Wilhelm Wolff. Kampfgefährte und Freund von Marx und Engels. 1846 – 1864. Dietz Verlag, Berlin 1979
Walter Schmidt: Die Kommunisten und der preußische Vereinigte Landtag 1847. Artikel Wilhelm Wolffs in der "Deutschen-Brüsseler-Zeitung". In: Marx-Engels-Jahrbuch 3, Berlin 1980, S. 318–364
Walter Schmidt: Fritz Reuters Brief an Wilhelm Wolff vom 12. Januar 1864. In: International Review of Social History, 27 Jg., 1982, S. 85–96
Heinrich Best, Wilhelm Weege: Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Droste-Verlag, Düsseldorf 1998. ISBN 3-7700-0919-3, S. 364–365.
Walter Schmidt: Der verstreute Wilhelm-Wolff-Nachlass, sein Schicksal und seine Bedeutung für die Geschichte der demokratischen und Arbeiterbewegung von 1830 bis 1864. In: Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge 2003, Hamburg 2003, S. 96–109 ISBN 3-88619-692-5
Helge Dvorak: Wolff, Friedrich Wilhelm (genannt Lupus), in: Helge Dvorak, Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft Band I Politiker Teil 6: T–Z, Heidelberg 2005, ISBN 3-8253-5063-0
Walter Schmidt: Wilhelm Wolff im vormärzlichen Schlesien. In: Helmut Bleiber / Walter Schmidt (Hrsg.): Schlesien auf dem Weg in die bürgerliche Gesellschaft. Bewegungen und Protagonisten der schlesischen Demokratie im Umfeld von 1848. Bd. 2, trafo verlag, Berlin 2007, S. 115–160 ISBN 978-3-89626-671-2
Walter Schmidt: Die Widmung im ersten Band des Kapitals. Zum 200. Geburtstag von Wilhelm Wolff. In: Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge 2009. Argument, Hamburg 2009, S. 99–112 ISBN 978-3-88619-669-2
↑„Euer K. Hochpr. Reg. ergebenster Joh. Fr. Wolff Manchester, den 4. Juni 1862“. Zitiert nach Walter Schmidt: Die Kommunisten und der preußische Amnestieerlaß vom 12. Januar 1861. Zu einem bisher nicht beachteten Artikel von Karl Marx von September 1862, S. 1076.
↑„Wolff, Johann Friedrich Wilhelm (lt. Testament)“. In: Association Démocratique, ayant pour but l´union et la fraternité de tous les peuples. Eine frühe internationale demokratische Vereinigung in Brüssel 1847-1848. Hrsg. von Bert Andréas, Jacques Gandjonc und Hans Pelger. Bearb. von Helmut Elsner und Elisabeth Neu. Trier 2004, ISBN 3-86077-847-1, S. 186 (= Schriften aus dem Karl-Marx-HausHeft 44).
↑„Ich heiße mit Vornamen Friedrich Wilhelm, bin am 21. Juni 1809 zu Tarnau, Schweidnitzer Kreises geboren, evangelischer Religion, und der Sohn des Gerichtsscholzen Friedrich Wolff daselbst.“ Aussage von Wolff vom 7. Juni 1834.
↑Walter Schmidt: Wilhelm Wolff. Sein Weg zum Kommunisten 1809 - 1846, S. 21.
↑Die Angabe von Friedrich Engels, dass Wolff in „Tarnau, in der Gegend von Frankenstein in Schlesien“ geboren wurde, ist falsch. (Marx-Engels-Werke Band 19, S. 55.)