Unter einer Walstrandung versteht man das unbeabsichtigte Auflaufen eines Wals auf den Strand oder eine Untiefe. Am bekanntesten sind dabei Massenstrandungen von Grind- und Pottwalen, bei denen mindestens drei Tiere zeitgleich an einem Küstenabschnitt stranden.
Mögliche Ursachen
Die Ursachen von Walstrandungen werden bereits seit den 1980er Jahren erforscht. Mögliche Gründe für Massen- oder Einzelstrandungen setzen sich meist aus mehreren Faktoren zusammen[1], hierzu zählen:
Klimatische Bedingungen, einschließlich Witterungsbedingungen, veränderter Meeresströmungen und Wassertemperaturen (z. B. aufgrund vom Klimaphänomenen wie El Niño[2])[1]
Verhaltensbiologische Gründe; Tiere folgen, aufgrund der starken emotionale Bindungen innerhalb einer Gruppe, einem gestrandeten Tier[2], fliehen vor Feinden oder reagieren auf Stress, indem sie die Küste ansteuern[1]
Seit Ende des 16. Jahrhunderts sind in der Nordsee Pottwale gestrandet. Diese traten vor allem in den Wintermonaten zwischen November und Februar in der Zeit der männlichen Südwanderung auf.[4]
Seit den 1990er-Jahren treten Walstrandungen im Zusammenhang mit militärischen Sonartests gehäuft auf. Im Dezember 2001 räumte die US Navy eine Mitschuld an der Strandung und dem Tod mehrerer Meeressäuger im März 2000 ein.[5] Der von ihr mitverfasste Zwischenbericht kommt zu dem Schluss, dass die Tiere durch das aktive Sonar einiger Navy-Schiffe getötet oder verletzt wurden. Generell wird Unterwasserlärm, der noch immer im Zunehmen begriffen ist, vermehrt für Strandungen verantwortlich gemacht, da er die Kommunikation und den Orientierungssinn der Tiere beeinträchtigt.[6]
Auch der Klimawandel scheint durch die Beeinflussung der großen Windsysteme der Erde und damit des Verlaufs der Meeresströmungen zu Walstrandungen zu führen. Mark Hindell und sein Team von der University of Tasmania in Hobart untersuchten Walstrandungen an der Küste von Tasmanien zwischen 1920 und 2002 und stellten fest, dass in gewissen zeitlichen Abständen jeweils größere Strandungsereignisse vorkamen.[7] In den Jahren mit einer zehnfachen Anzahl von Strandungsereignissen wurde auch das Auftreten von starken Stürmen registriert, welche die Kaltwasserströmungen vermehrt in Küstennähe leiteten. In nährstoffreichem, kaltem Wasser finden Wale besonders viele Beutetiere, weshalb sie den Kaltwasserströmungen folgten und damit in diesen meteorologisch außergewöhnlichen Jahren in seichtere Gewässer gelangten als sonst, wo die Gefahr für Strandungen höher ist.
Da viele Wale und Delfine in Gruppenverbänden leben, folgen oder begleiten sie oft kranke oder geschwächte Tiere in seichte Gewässer, was bei Ebbe zu Massenstrandung führen kann.
Umgang mit gestrandeten Walen
Einmal gestrandet, werden vor allem Großwale von ihrem eigenen Körpergewicht erdrückt, wenn sie nicht rechtzeitig ins tiefere Wasser zurückgelotst werden können. Zudem ist die Regulation der Körpertemperatur bei einem gestrandeten Wal nicht mehr gewährleistet und es besteht die Gefahr der Überhitzung.
Die meisten Wale sterben im offenen Meer und sinken nach dem Tod auf den Meeresgrund, wo sie zu einem sogenannten Walsturz werden. Da die Kadaver gestrandeter Wale Gase bilden und es so zu einer Walexplosion kommen kann, ist es sowohl aus Sicherheitsgründen als auch aus gesundheitlicher Sicht sinnvoller, gestrandete Walkadaver wieder ins Meer zu schleppen und sie dort zu versenken. Insbesondere bei Massenstrandungen wirkt man so auch einer möglichen Ausbreitung von Mikroorganismen entgegen, die sich bei der Verwesung bilden.[8]
Forscher verwenden mittlerweile hochauflösende Satellitenkameras, um Massenstrandungen in dünn besiedelten und unbewohnten Gebieten rechtzeitig zu bemerken und Rückschlüsse hinsichtlich der Ursachen ziehen zu können. Alle festgestellten Massenstrandungen werden darüber hinaus genau erfasst und kartiert. Auch bei der im September 2020 eingetretenen Massenstrandung von Grindwalen vor Tasmanien wurde das Ereignis entdeckt, als erst 270 Tiere (von insgesamt etwa 470) gestrandet waren, so dass noch über 100 Wale gerettet werden konnten.[9][10]
15./16. März 2000 strandeten auf den Bahamas, Mittelamerika, im Atlantik. Insgesamt 17 Wale und Delfine. Sieben starben. Stunden zuvor hatten Schiffe der US Navy aktives Sonar mittlerer Reichweite verwendet. Vier der gestorbenen Wale wurden untersucht: Drei zeigten Blutungen im Innenohr, einer im Gehirn.[12]
8. Oktober 2022: etwa 477 Grindwale verende⁷ten im Oktober an zwei neuseeländischen Stränden; 232 Grindwale auf Chatham Island und am 10. Oktober 2022 wiederum 245 Grindwale auf der benachbarten Pitt Island, Neuseeland. Kein Tier überlebte, trotz Rettungsversuchen, ein Teil der Wale musste eingeschläfert werden.[15][16]
26./27. September 2023: fast 100 Grindwale strandeten in der Nähe der ehemaligen Cheyne Beach Whaling Station, bei Albany vor Australiens Küste, wobei Rettungsversuche scheiterten.[17]
Am 12. Juli 2024 wurden auf der Orkney-Insel Sanday, ganz im Norden Schottlands 77 gestrandete Grindwale entdeckt. 65 waren tot, 12 mussten eingeschläfert werden. Die Organisation British Divers Marine Life Rescue (BDMLR) möchte mehrere Tiere obduzieren lassen.[18]
↑Joseph G. Schnitzler, Marianna Pinzone, Marijke Autenrieth, Abbo van Neer, Lonneke L. IJsseldijk, Jonathan L. Barber, Rob Deaville, Paul Jepson, Andrew Brownlow, Tobias Schaffeld, Jean-Pierre Thomé, Ralph Tiedemann, Krishna Das, Ursula Siebert: Inter-individual differences in contamination profiles as tracer of social group association in stranded sperm whales. In: Scientific Reports. 8, 2018, doi:10.1038/s41598-018-29186-z.
↑ abP. J. Clarke, H. C. Cubaynes, K. A. Stocking et al. (2021): Cetacean Strandings From Space: Challenges and Opportunities of Very High Resolution Satellites for the Remote Monitoring of Cetacean Mass Strandings. Front. Mar. Sci., 18 November 2021, Sec. Ocean Observation, Vol. 8 doi:10.3389/fmars.2021.650735