Nach der Matura bewarb sie sich auf Wunsch ihres Vaters bei der Gemeinde Wien um eine Stelle, wo die Arbeitsplätze traditionell als sicher galten. Ohne eine weitere Ausbildung wurde ihr als einzige Beschäftigungsmöglichkeit die Arbeit als Erzieherin angeboten. Von 1962 bis 1969 war sie im städtischen Heim in Biedermannsdorf tätig, danach wechselte sie als „Heimmutter“ in das Gesellenheim Zohmanngasse im 10. Wiener Gemeindebezirk. In einem 2012 geführten Interview erzählte sie über diese Zeit: „Das war nicht einfach. Es war sicher auch nicht alles in Ordnung, was ich gemacht hab, ich hab auch Detschn ausgeteilt. Das war damals so üblich […]. Nicht nur in Heimen, sondern auch in den Familien. Schrecklich, aber es war so.“[3] 1976 wurde sie Leiterin des Heimes, das zunehmend als „letzte Station für schwierige Fälle“[4] galt. Mit Beginn der 1990er Jahre schickte das Jugendamt vermehrt ausländische Jugendliche, anfangs Flüchtlinge der Jugoslawienkriege, später auch aus Afrika, in das Heim in der Zohmanngasse. Häufig waren das Jugendliche, die etwa keine Bundesbetreuung, also keine staatliche Unterstützung während ihres Asylverfahrens, mehr erhielten. Bock bemühte sich darum, ihnen Deutschkurse, Gelegenheitsjobs und Schlafplätze auch außerhalb des überfüllten Heimes zu vermitteln.[4] Damit einher ging auch ihr zunehmendes Engagement für Asylwerber. Im Herbst 1999, wenige Tage vor der Nationalratswahl in Österreich, wurde von der Polizei im Rahmen der umstrittenen Operation Spring auch im Haus in der Zohmanngasse eine Razzia durchgeführt. Etwa 30 Jugendliche afrikanischer Herkunft wurden wegen des Verdachts auf Drogenhandel festgenommen und Bock wegen Bandenbildung und Drogenhandels angezeigt und zeitweise vom Dienst suspendiert. Die Anklage wurde später fallengelassen, allerdings wurde ihr verboten, weitere afrikanische Asylwerber in der Zohmanngasse unterzubringen.
Bock verstarb am 19. Jänner 2018 im Alter von 75 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit im Ute-Bock-Haus in Wien.[1] Ihr Grab befindet sich am Evangelischen Friedhof im Wiener Zentralfriedhof.
Im Jahr 2000 ging Bock in Pension und kümmerte sich ab diesem Zeitpunkt ehrenamtlich ständig um das von ihr initiierte Hilfsprojekt für Flüchtlinge und Asylwerber. Am 21. Mai 2002 wurde der Ute Bock Verein – Wohn- und Integrationsprojekt gegründet.
Unterstützt von einem Netzwerk überwiegend ehrenamtlicher Helfer organisierte Bock nun private Wohngemeinschaften und Familienwohnungen, die sie mit Hilfe von Spenden und aus eigener Tasche finanzierte und betreute. In ihrem Wohnprojekt stellte sie bald rund 100 Wohnungen für über 300 Menschen aus mehr als 20 Ländern bereit, die, ohne Unterstützung von staatlicher Seite, ansonsten obdachlos wären.[5] Weitere rund 1000 obdachlose Asylwerber haben im Rahmen eines Post- und Meldeservices ihre Zustelladresse, eine Voraussetzung etwa für den Schriftverkehr mit Behördenstellen, beim Verein Ute Bock. Daneben hilft der Verein, auch in Kooperation mit NGOs, juristische Beratungen für die Flüchtlinge zu organisieren, betreibt eine kostenlose Kleidungsausgabe und vermittelt im Rahmen eines Bildungsprogrammes verschiedene Kurse (Deutsch, Alphabetisierung, Informationskompetenz u. a.).
2008 stand Bocks Verein finanziell vor dem Aus, wurde dann aber von dem Unternehmer Hans Peter Haselsteiner substantiell unterstützt. Haselsteiner kaufte über seine Privatstiftung Concordia auch 2011 das Gebäude des ehemaligen Gesellenheimes in der Zohmanngasse im 10. Wiener Gemeindebezirk von der Stadt Wien und finanzierte Renovierung und Umbau, um es Bocks Verein als Wohnheim („Ute Bock Haus“) zur Verfügung zu stellen.[6] Im Mai 2012 bezog der Verein das Haus mit Wohnraum für rund 70 Flüchtlinge und Platz für Beratungseinrichtungen, wo auch Ute Bock selbst in einer kleinen Wohnung lebte. Die Einrichtung des Heims führte zu Konflikten mit Anrainern, die die hauptsächlich aus Tschetschenien, Nigeria und Somalia stammenden Bewohner für Unruhe und Kriminalität in der Umgebung verantwortlich machten.[7][8]
2004: Nominierung zur Österreicherin des Jahres in der Kategorie Humanität. Das Preisgeld wurde unter dem Preisträger Georg Sporschill und vier weiteren Nominierten aufgeteilt.
Die Stadt Wien hat angeboten, Ute Bock in einem Ehrengrab beizusetzen. Ihre Familie hat das jedoch „aus Gründen der Privatheit“ abgelehnt.
Der Fotograf und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer Julian Pöschl und der Grafiker Severin Heckenast haben am 20. Jänner 2018 eine Online-Petition gestartet, den Dr.-Karl-Lueger-Platz in Wien in Ute-Bock-Platz umzubenennen, was der Kulturstadtrat in Bezug auf die Zeit und den Ort ablehnte.[15][16] Bis 2. Februar wurde bereits über 32.500-mal unterzeichnet.[17]
Am 2. Februar 2018 fanden auf dem Heldenplatz in Wien sowie in Bregenz, Innsbruck und Klagenfurt Gedenkveranstaltungen für Bock statt. Am „Lichtermeer für Ute Bock“ in Wien nahmen zwischen 6000 (Polizeischätzung) und 10.000 (Veranstalterschätzung) Menschen teil. Durch den Abend führte Hans Peter Haselsteiner, es sprachen Christl Weinberger (Vorstand des Flüchtlingsprojekts Ute Bock), Ariane Baron (Mitarbeiterin im Ute-Bock-Haus) und Bewohner des Hauses sowie der frühere Bundespräsident Heinz Fischer und der amtierende Alexander Van der Bellen, Erich Fenninger, Heinrich Staudinger, Ferdinand Maier, Irene Brickner und Houchang Allahyari. Den musikalischen Rahmen bildeten unter anderem Michael Fischer als Chorleiter zur Einleitung, der Brunnenchor, DrumBock (eine Perkussion-Gruppe von professionellen Musikern, die im Ute-Bock-Haus wohnen) und Rainhard Fendrich.[17][18]
Das Ute-Bock-Haus wird seinen Namen behalten, auch wenn es vielleicht später einmal eine neue Leitfigur geben wird.[17]
Am Dr.-Karl-Lueger-Platz, der laut Kulturstadtrat „grundsätzlich“ nicht umbenannt werden soll,[19] sollte vom 27. April bis zum 20. Mai 2019 ein temporäres Denkmal für Ute Bock errichtet werden. Ines Hochgerner und Peter Fritzenwallner haben konzipiert, der Darstellung von Lueger ein Gruppenbild von Ute Bock mit zwei Flüchtlingen wie für einen Dialog gegenüberzustellen.[20]
In Favoriten, dem 10. Wiener Gemeindebezirk, wurde im Dezember 2020 beschlossen, eine neu entstehende Verkehrsfläche zwischen Windtenstraße und Gussriegelstraße, unweit des Ute-Bock-Hauses an der Zohmanngasse, Ute-Bock-Weg zu nennen.