Thomas Johann Heinrich (genannt Henry) war das zweite Kind und der erste Sohn von Johann Siegmund Mann jr. (1797–1863) und Elisabeth Marty (1811–1890). Seine Mutter, die zweite Ehefrau seines Vaters, lebte bis zu ihrem Tod im Haus an der Mengstraße. Er hatte mit Elisabeth (1838–1917), Johannes (1842–1844), Olga Marie (1845–1886) und Friedrich (genannt Friedel; 1847–1926) vier Geschwister.
Als erster Sohn Elisabeth Martys sollte er anstatt einer seiner beiden älteren Stiefbrüder das Familienunternehmen fortführen. Sein Vater Sigmund war seit 25 Jahren Teilhaber von Joh. Siegm. Mann, Commissions- und Speditionsgeschäfte gewesen, als der Großvater 1848 starb, und hatte das Unternehmen seither geführt.[1]
Laufbahn
Henry, der den Realzweig des Katharineums besuchte, verließ es bereits vor dem Abschluss,[2] um in die kaufmännische Laufbahn eingeführt zu werden. Schon 18-jährig unternahm er seine ersten Handelsreisen nach England und Holland und kehrte 1861 von dort zurück. Nach 40-jähriger Tätigkeit legte sein Vater die Firma zum 1. Januar 1863 in die Hände seines Sohnes, der 1864 Königlich Niederländischer Konsul wurde, und von Georg Thorban. Nachdem Thorban 1865 verstorben war, wurde Mann der alleinige Inhaber und bestimmte nun, die Verantwortung des Geschäfts tragend, die Geschicke der Familie.[1]
Aufgrund seiner zunehmenden Beanspruchung durch den Senat nahm Mann zum 1. Januar 1885 den sich seit fast 25 Jahren im Geschäft bewährenden Hans Christian Wilhelm Eschenburg als Teilhaber auf.[1]
Den Firmensitz verlegte Mann 1882 von der Mengstraße in sein neu erbautes Wohnhaus in der Beckergrube 52. Der Senator bewohnte vorher das 1904 abgerissene Haus in der Breiten Straße Nr. 38. Seine Lage markiert heute der Thomas-Mann-Stein des Bildhauers Ulrich Beier. Seine Eltern verblieben in der Mengstraße, da es die bürgerliche Tradition, die seine Kinder erst später als ihren Hintergrund verstanden, verkörperte. Mit der Ausgliederung der Firma aus dem Haus, das an der reputabelsten Stelle der Stadt stand, büßte die Firma an geschäftlicher Funktion ein. Die Großmutter Heinrich und Thomas Manns, die Konsulin Elisabeth Mann bewohnte bis zu ihrem Tode das heutige Buddenbrookhaus. Testamentarisch vermachte sie 3000 Mark der evangelisch-reformierten Kirche, den Evangelischen Missionsgesellschaften in Basel und Barmen je 600 Mark zur Verwaltung für die Kinder und dem Rettungshaus 2000 Mark.[3]
Die den Vorstand bildenden Wilhelm Brehmer (Vorsitz), August Rehder (Stellvertreter), Cay Dietrich Lienau, Mann, Johannes Schramm, J. A. Wolpmann, Wilhelm Spiegeler und Hermann Otte waren als solche zur gemeinschaftlichen Zeichnung der Firma berechtigt. Sie gründeten die „Lübecker Bank“, welche am 2. Januar 1872 ihre Geschäftstätigkeit aufnahm.[7]
Die Volkswirtschaftlichen Gesellschaft zu Lübeck profitierte von Manns umfangreichen Kenntnissen. So diskutierte man über Münzwährungen und den Übergang der Lübischen Mark zur Reichsmünze.[8]
Mann wurde zum Mitglied der Handelskammer gewählt.[9] Dort ist er in die wichtigsten Zweige des lübeckischen Staatsgetriebes, insbesondere der den Handel und Verkehr auf das Engste berührenden Geschäfte, eingeführt worden und bewährte sich als eifriger kraftvoller Mitarbeiter. Für die zum 31. Dezember 1875 ausscheidenden kaufmännischen Mitglieder des Handelsgerichts wurde folglich in Nachgehung des §29 des Gesetzes der Gerichtsverfassung vom 17. Dezember 1860 dem Senat am 3. Dezember unter anderen auch Mann in Vorschlag gebracht.[10] Im Folgejahr wurde Mann an Stelle des abtretenden F. Dahlberg zum zweiten Stellvertreter des Präses der Handelskammer gewählt.[11]
Am 19. Februar 1877 wurde Mann vom Senat der Freien Reichsstadt Lübeck als Nachfolger des aus gesundheitlichen Gründen ausgetretenen Ludwig Wilhelm Minlos gewählt und leistete am 21. seinen Eid.
Als Senator schied Mann aus der Kammer. Da ein Senatsposten nicht mit dem eines Konsul vereinbar war, legte er diesen nieder. Anstatt des in dem Senat Erwählten wurde Johann Sigmund Mann (Stiefbruder) Königlich Niederländischer Konsul und Hans Christian Wilhelm Eschenburg, er wurde 1885 Teilhaber in Manns Firma, zum Vizekonsul ernannt.[12]
Neben dem Vorstand der „Lübecker Bank“ war Mann ab 1887 an Stelle des ausscheidenden Ed. Tegtmeyer aus dem Aufsichtsrat auch in der Leitung der „Lübecker Privatbank“ vertreten.[14]
Politik
Ab 1869 wurde Mann in den Bürgerschaftswahlen im III. Wahlbezirk (Marien Quartier und VorstadtSt. Lorenz) gewählt[15] und war hier von 1873 bis 1875 Mitglied des Bürgerausschusses. Auf der Versammlung des vom 19. Juli 1876 erwählte man ihn zum zweiten stellvertretenden Wortführer.[16]
An Stelle des abtretenden Wilhelm Heinrich Heyke erwählte der Senat 1874 ihn zum Bürgerlichen Deputierten bei dem Finanzdepartement[17] und wenig später auch im Steuerdepartement.[18] Bis 1874 war er Mitglied der Vorsteherschaft des Wollmagazins.[19]
Der aus Heinrich Theodor Behn (Vorsitz), Mann, Johannes Albrecht Suckau, sowie Dres. Franck und Robert Peacock bestehende lübeckische Zweig des Vereins für Hebung der Fluß- und Canalschiffahrt wuchs 1878 um Rud. Carl Müller, Hinrich Christian Otto, Konsul August Rehder und Georg Wilhelm Stange[20] an. Es wurde die von Baurat Carl August Wilhelm Lohmeyer aus Ratzeburg vorgetragene projektierte Korrektur des Stecknitzkanals, welche am 29. Mai 1878 auf der Hauptversammlung in Berlin als Tagesordnungspunkt durch den lübeckischen Vorsitzenden zu vertreten war, diskutiert und gebilligt.[21]
Im Senat vergab die Central-Armen-Deputation, seit 1878 betreuende Mann diese, 1881 an den 1880 aufgenommenen Karl Peter Klügmann.[23] Nach dem Tod Eschenburgs verlässt Mann 1884 die Baudeputation, der er als Senatorisches Mitglied seit 1877 beigeordnet war, und Johann Hermann Eschenburg, Sohn und Nachfolger des Verstorbenen, tritt an seine Stelle. Mann wurde der fortan von Hermann Rittscher geführten Comission für Zollangelegenheiten beigeordnet. Ebenfalls seit 1877 gehörte Mann als beigeordnetes senatorisches Mitglied der Senatskommission für Handel und Schifffahrt an und rückte er nach Curtius' Ausscheiden 1885 ins Präsidium des Departements auf. Die Fragen, welche die Umgestaltung des gesamten lübeckischen Steuerwesens bot, bei den die umfangreichen Vorbereitungen und Arbeiten, der zweckmäßigen Ausgestaltung und Verbesserung der lübeckischen Verkehrswege, des Lübeckischen Eisenbahnnetzes, der Hafenbauten und des Elbe-Trave-Kanalprojektes verknüpft waren, stellten große Herausforderungen.[24]
So beschäftigte man sich ausgehend von der (Peter) Rehder-Studie wiederholt damit, ob im Hafen für die auf der Wallhalbinsel beginnende zu deren Spitze führende neue Uferstrecke der Hydraulische Betrieb für das Löschen der Schiffe im Anschluss an den der geplanten Drehbrücke einzurichten sei. 1890 begaben sich der Vorsitzende der Senatskommission für Handel und Schifffahrt, Mann, der Präses der Handelskammer, Hermann Lange, und als Vorsitzender des Vereins der GetreidehändlerErnst Stiller in die Hansestädte Hamburg und Bremen. Die dortigen Hafeneinrichtungen wurden in Bezug auf ihre Zweckmäßigkeit und Kosten für den Verkehr vor Ort in Augenschein genommen. Hierbei kam man zu dem Schluss, sich dafür auszusprechen.[25] Die Fertigstellung des heute unter Denkmalschutz stehenden Bockdrehkrans aus dem Jahre 1893 fußte auf dieser Reise.
Nach dem Bürgermeister ist Mann der wichtigste Politiker gewesen. Er konnte aber in Ermangelung eines Studiums, wie Thomas auch später sein literarisches Pendant feststellen lassen wird, niemals Bürgermeister werden. Dem Rang nach war er Minister eines deutschen Bundesstaates.
Soziale Tatkraft
Auf der Versammlung der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit am 13. Dezember 1877 wurde anstelle des abtretenden Herrn Deuster der Senator mit absoluter Mehrheit zum Vorstandsmitglied gewählt.[26] Der auf Initiative von Mann, Carl Türk und Carl Adolph Georg Heinrich Hinckeldeyn am 9. November 1877 gestellte Antrag auf Bewilligung einer jährlichen Subvention von 600 Mark für die Grauen Schwestern auf drei Jahre wurde ohne Diskussion genehmigt.[27] Am 27. März 1881 fand im Saal der Gesellschaft die Konstituierende Sitzung des Vereins, der armen kränklichen Kindern im Sommer einen Landaufenthalt zur Kräftigung ihrer Gesundheit gewähren will, statt. Mann als deren Initiator wurde zum Vorsitzenden gewählt.[28]
Auch dem kirchlichen Leben brachte Mann reges Interesse entgegen. Am 18. November 1872 wurde er auf der Versammlung der Mariengemeinde zum Mitglied des Gemeindeausschusses erwählt.[29]
Henry Mann verstarb infolge einer Blasenkrebserkrankung und wurde im Familiengrab auf dem Burgtorfriedhof beigesetzt. Nach dem Tode des Senators wurden Konsul Fehling und der Weinhändler Tesdorpf zum Vormund seiner fünf hinterlassenen Kinder bestellt. Thomas Mann war zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alt. In seinem Testamentverfügte Henry die Liquidation der Firma und den Verkauf des Wohnhauses. So hinterließ er seiner Familie ein beachtliches Vermögen, von dem jedoch nur die Zinsen ausbezahlt werden sollten. Für die Dauer der Testamentsabwicklung bewohnten die Manns das Gartenhaus in der Roeckstraße. Danach verließ die Familie Lübeck und zog nach München. Die Witwe verstarb 1923 in Weßling.
Literarisches
Thomas Mann gab in seinem Roman Die Buddenbrooks, für den er den Nobelpreis erhielt, der Figur des Senators Thomas Buddenbrook Züge seines Vaters.
Alken Bruns: Mann-Familie in: Lübecker Lebensläufe, Neumünster 1993, S. 237 (S. 238 f.)
Michael Stübbe: Die Manns; Genealogie einer deutschen Schriftstellerfamilie. Verlag Degener & Co., Insingen bei Rothenburg o.d.T. 2004, ISBN 3-7686-5189-4.
Emil Ferdinand Fehling: Lübeckische Ratslinie, Verlag Max Schmidt-Römhild, Lübeck 1925, Nr. 1010
Senator Thomas Johann Heinrich Mann †. In: Lübeckische Blätter; 33. Jg., Nummer 82, Ausgabe vom 14. Oktober 1891, S. 489–490.
Einzelnachweise
↑ abcHundertjähriges Geschäftsjubiläum. In: Lübeckische Blätter; 32. Jg., Nummer 42, Ausgabe vom 25. Mai 1890, S. 251–252.
↑Kein Eintrag bei Hermann Genzken: Die Abiturienten des Katharineums zu Lübeck (Gymnasium und Realgymnasium) von Ostern 1807 bis 1907. Borchers, Lübeck 1907. (Digitalisat)
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 32. Jg., Nummer 101, Ausgabe vom 17. Dezember 1890, S. 600.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 13. Jg., Nummer 17, Ausgabe vom 26. Februar 1871, S. 96.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 14. Jg., Nummer 18, Ausgabe vom 3. März 1872, S. 99–100.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 13. Jg., Nummer 32, Ausgabe vom 28. Juni 1871, S. 296.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 13. Jg., Nummer 105, Ausgabe vom 31. Dezember 1871, S. 587.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 14. Jg., Nummer 95, Ausgabe vom 27. November 1872, S. 520.
↑Versammlung der Kaufmannschaft. In: Lübeckische Blätter; 16. Jg., Nummer 52, Ausgabe vom 1. Juli 1874, S. 306.
↑Versammlung der Handelskammer. In: Lübeckische Blätter; 17. Jg., Nummer 98, Ausgabe vom 8. Dezember 1875, S. 566–568.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 18. Jg., Nummer 54, Ausgabe vom 5. Juli 1876, S. 312.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 19. Jg., Nummer 75, Ausgabe vom 19. September 1877, S. 424.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 21. Jg., Nummer 19, Ausgabe vom 5. März 1879, S. 108.
↑Local- und vermischte Notizen. In Lübeckische Blätter; 29. Jg., Nummer 15, Ausgabe vom 20. Februar 1887, S. 84.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 17. Jg., Nummer 49, Ausgabe vom 20. Juli 1875, S. 268.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 18. Jg., Nummer 58, Ausgabe vom 19. Juli 1876, S. 334.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 16. Jg., Nummer 4, Ausgabe vom 14. Januar 1874, S. 24.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 16. Jg., Nummer 86, Ausgabe vom 28. Oktober 1874, S. 487.
↑Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter; 16. Jg., Nummer 48, Ausgabe vom 17. Juni 1874, S. 284.