Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Kaufmann (Begriffsklärung) aufgeführt.
Das Gewerbe des Kaufmanns bestand ursprünglich im Handel mit Waren. Die kaufmännischen Berufe gehen heute weit über die Tätigkeiten des Kaufens und Verkaufens hinaus und umfassen große Teile des Dienstleistungssektors.
Die Berufsbezeichnung für Frauen lautet Kauffrau. Historisch gesehen bezeichnet der Begriff Kauffrau eine Handel treibende Frau oder auch die Frau eines Kauf- oder Handelsherrn.[1] Üblich sind die Abkürzungen Kfm. und Kffr.[2] Der Plural für männliche Personen heißt Kaufmänner, für weibliche Kauffrauen und geschlechtsneutral und allgemein Kaufleute.[3][4]
Den traditionellen drei Ständen der Gesellschaft, dem Klerus, dem Adel und den Bürgern, wurden als vierte Säule die Kaufleute zugeordnet.[5] Diese Säule wurde zuweilen regelrecht umgestürzt, da den Kaufleuten Betrug und das Prahlen mit ihrem Reichtum vorgeworfen wurde.
Zugleich jedoch wurde die Tätigkeit des Kaufmanns als Arbeit aufgewertet. Dem entsprechen seit dem 12. Jahrhundert Bemühungen, die Kaufleute als Bestandteil des städtischen Bürgertums in das mittelalterliche Gesellschaftsschema aufzunehmen. Der Kaufmann wurde als gesellschaftlich höher stehend angesehen als der Händler, wenngleich beide ihren Lebensunterhalt durch den Handel verdienten.[6] Im Mittelalter waren Kaufleute oftmals in einer Gilde oder Hanse organisiert und gehörten zur städtischen Oberschicht, dem Patriziat.[7][8]
Das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns kam 1494 in Italien auf und wird Luca Pacioli zugeschrieben: „Es gilt nichts höher als das Wort des guten Kaufmanns, und so bekräftigen sie ihre Eide, indem sie sagen: Bei der Ehre des wahren Kaufmanns“.[9]
Kaufmännische Berufe früher und heute
Kaufmännische Berufe besitzen spezielle Bezeichnungen, die sich von den handelsrechtlichen Bezeichnungen unterscheiden.
Bis ins 19. Jahrhundert trugen meist nur selbständige Unternehmer die Berufsbezeichnung Kaufmann, später wurden zunehmend auch Angestellte als Kaufmann geführt.[10] In der Vergangenheit war der Kaufmann lediglich ein gewöhnlicher Händler, wohingegen sich der Kaufmann heutzutage juristisch und vom Ausbildungsweg von einem Händler unterscheidet.[11] Das klassische Bild des Kaufmanns, der unter anderem Händler im eigenen Laden oder Geschäft ist, ist heutzutage nur noch im Groß- und Einzelhandel gegeben.
Kaufleute unterstehen in Deutschland dem Handelsrecht.[15] Gemäß den §§ 1–3 Handelsgesetzbuch ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt oder in das Handelsregister eingetragen ist. Die handelsrechtliche Einordnung als Kaufmann ist unabhängig davon, ob der Unternehmer einen kaufmännischen Beruf erlernt hat.
Kaufmännische Berufsabschlüsse
Absolviert man ein betriebswirtschaftliches Studium an einer Universität oder einer gleichgestellten Hochschule, bekommt man die Bezeichnung Betriebswirt im Rahmen des akademischen Grades des Bachelors oder des Masters verliehen. Der Abschluss Diplom-Kaufmann wird in der Regel nur noch bei auslaufenden Studiengängen vergeben, wenngleich einzelne Hochschulen nach wie vor ein Diplomstudium der Betriebswirtschaft anbieten.[16]
Zu dem kaufmännischen Berufsfeld gehören beispielsweise auch die Ausbildungen zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistung, Schifffahrtskaufmann, Immobilienkaufmann, Automobilkaufmann und zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen. Das statistische Bundesamt registrierte im Jahr 2012 31.902 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum Kaufmann im Einzelhandel.[19] Allerdings unterscheiden sich männliche und weibliche Jugendliche in der Berufswahl. Bei den Neuabschlüssen von weiblichen Jugendlichen liegt der Beruf Kauffrau im Einzelhandel auf Rang eins. 7,8 % der weiblichen Auszubildenden mit neu abgeschlossenem Vertrag begannen im Jahr 2012 eine Ausbildung in diesem Beruf. Auch die schulische Vorbildung beeinflusst die Berufswahl. Bei Jugendlichen mit Hochschulzugangsberechtigung waren Industriekaufmann, Kaufmann im Groß- und Außenhandel und Bankkaufmann die häufigsten Ausbildungsberufe.
Österreich
In Österreich wurde der Begriff des Kaufmanns im Jahr 2007 mit der Handelsrechtsreform abgeschafft. Man empfand dort den Begriff als zu kompliziert und spricht nun nur noch vom Unternehmer, der dem Unternehmensrecht unterliegt.[20] Als Beruf gibt es den Kaufmann weiterhin wie in Deutschland.
Die kaufmännische Lehre ist in der Schweiz einsamer Spitzenreiter unter den Schulabgängern.[21] Die Grundbildung zum Kaufmann ist in drei Profilen möglich.[22] Bei dem Profil B (Basis-Grundbildung) liegt der Fokus in Informatik, Kommunikation und Administration (kurz IKA) und auf einer Fremdsprache. Zum Profil E (erweiterte Grundbildung) gehören die Schwerpunkte Wirtschaft und Gesellschaft (kurz W&G) und zwei Fremdsprachen. Ferner besteht die Möglichkeit eine Ausbildung mit Berufsmaturität (Profil M) zu absolvieren. Diese stimmt mit dem Ausbildungsgrad der erweiterten Grundbildung überein, wobei der Auszubildende Finanz- und Rechnungswesen als Schwerpunktfach belegt. Der Berufsverband der Kaufleute, KV Schweiz, fasst rund 55.000 Mitglieder und ist ein wichtiger Partner in Aus- und Weiterbildung sowie in Arbeitsfragen.[23] Gemäß dem Artikel 4 und dem Artikel 21 der Verordnung des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie (BBT) über die berufliche Grundbildung Kauffrau/Kaufmann mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) vom 26. September 2011[24] dauert die berufliche Grundbildung drei Jahre und wird mit einer Abschlussprüfung abgeschlossen. Weiterbildungsmöglichkeiten bieten Berufsprüfungen (BP), zum Beispiel zum Marketingfachmann und höhere Fachprüfungen (HFP), zum Beispiel zum Marketingleiter.[22] Durch den Besuch einer höheren Fachschule oder Fachhochschule können Fachhochschulreifen erworben werden.
Literatur
L. Rothschild: Taschenbuch für Kaufleute. Ein Handbuch für Zöglinge des Handels, sowie ein Nachschlagebuch für jedes Kontor. Enthaltend: Das Ganze der Handelswissenschaft. 48., neu bearbeitete Auflage. Verlag kaufmännischer Hand-, Lehr- und Sprachbücher, G. A. Gloeckner, Leipzig 1905.
Jochen Hoock: Theorie und Praxis kaufmännischen Handelns, 16.–18. Jahrhundert. Vornehmlich am Beispiel Westfalens. In: Trude Ehlert (Hrsg.): Haushalt und Familie in Mittelalter und früher Neuzeit. Vorträge eines interdisziplinären Symposions vom 6.–9. Juni 1990 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Mit einem Register von Ralf Nelles. Jan Thorbecke, Sigmaringen 1991, ISBN 3-7995-4156-X, S. 107–118.
↑Evamaria Engel/Frank-Dietrich Jakob: Städtisches Leben im Mittelalter – Schriftquellen und Bildzeugnisse, Köln 2006, S. 136.
↑Allied Information Services: Neue Auslese, Band 1, Kalifornien 1946, S. 23.
↑Ruth Schmidt-Wiegand/Berent Schwineköper (Hrsg.): Gilden und Zünfte – Kaufmännische und gewerbliche Genossenschaften im frühen und hohen Mittelalter, Band XXIX, Sigmaringen 1985, S. 31.
↑Uwe Ziegler: Die Hanse – Aufstieg, Blütezeit und Niedergang der ersten europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Bern 1994, S. 7, 275.
↑Carl Peter Kheil, Über einige ältere Bearbeitungen des Buchhaltungs-Tractates von Luca Pacioli, 1896, S. 9
↑Georg Obst: Das Buch des Kaufmanns – ein Handel- und Lehrbuch der gesamten Handelswissenschaften für Kaufleute, Industrielle, Gewerbetreibende, Juristen, Beamte und Studierende, 2. Auflage, Leipzig 1906, S. 282.