Die spezifische Kohlendioxid-Emission der Stromerzeugung (englisch carbon emission intensity per kilowatt-hour, CIPK), kurz auch Strommix oder Energiemix genannt, gibt in g CO2eq/kWh an, wie viel Gramm Kohlendioxid (inklusive dessen Äquivalente mit Treibhauspotential) bei der Erzeugung von einer KilowattstundeStrom freigesetzt wird, bzw. beim Verbrauch einer kWh zu veranschlagen ist.
Auf der Erzeugungsseite ist bei der Verbrennung von Kohle u. ä. der Wert in erster Linie aus Brennstoffverbrauch und Netto-Stromerzeugung zu errechnen. Bei Atomkraft und erneuerbare Energie wird der Aufwand für die Herstellung der Anlagen auf die erwartete Gesamterzeugung in deren Lebensdauer umgelegt, was teils stark standortabhängig ist.
Auf der Verbraucherseite wird, je nachdem wie sich der Kraftwerkspark eines Landes zusammensetzt, und was dieser in einem Jahr konkret erzeugt hat, ein Strommix errechnet und in der Stromkennzeichnung von Versorgern angegeben. Da Stromnetze jedoch international gekoppelt sind und teils viel importiert oder exportiert wird, gibt es mehrere Werte.
Spezifische Kohlendioxid-Emission bei verschiedenen Stromerzeugungsarten
Die CO2-Emissionen der Stromerzeugung nach Art der Erzeugung wurde u. a. für den Weltklimarat (IPCC) durch eine Arbeitsgruppe ermittelt, wobei die Spannen bei den spezifischen Kohlendioxid-Emissionen verschiedener Stromerzeugungsarten unter Berücksichtigung von Erntefaktor (Energetische Amortisation, englisch Energy Returned on Energy Invested, ERoEI, manchmal auch EROI) zusammengestellt wurde.
Spezifische Kohlendioxid-Emission der deutschen Stromerzeugung auf der Verbraucherseite
Das Umweltbundesamt (Deutschland) dokumentiert seit 1990 jährlich die Entwicklung der spezifischen Kohlendioxid-Emissionen des deutschen Strommix.[2][3][4]
Der sinkende Trend wurde 2020 durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie verstärkt, der Anteil kann mit den verfügbaren Daten nicht sicher quantifiziert werden.[5][6] Das Jahr 2021 zeigte konjunkturelle Erholung und ab Spätsommer steigende Energiepreise, u. a. durch Anzeichen von Korrosionsschäden in französischen Kernkraftwerken, die 2022 längere Zeit abgestellt waren. Zum Ausgleich wurde in Europa deutlich mehr Strom aus fossilen Brennstoffen erzeugt, was zusammen mit den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine Rekordhöhen bei Energiepreisen bewirkte.
Werte bis 2021
Gerundete Ausgangsgrößen und Berechnungsergebnis: Kohlendioxidemissionen der Stromerzeugung, Stromverbrauch und CO2-Emissionsfaktor des Stroms
Jahr
Kohlendioxidemissionen der Stromerzeugung 1 in Mio. t
Stromverbrauch 2 in TWh
CO₂-Emissionsfaktor Strommix 3 in g/kWh
Stromverbrauch unter Berücksichtigung des Stromhandelssaldos 4 in TWh
CO₂-Emissionsfaktor Strominlandsverbrauch 5 in g/kWh
Kohlendioxidemissionen der Stromerzeugung unter Berücksichtigung des Handelssaldos 6 in Mio. t
CO₂-Emissionsfaktor unter Berücksichtigung des Handelssaldos 7 in g/kWh
1990
366
479
764
480
763
367
764
1991
361
473
764
473
765
361
764
1992
345
472
730
467
739
341
730
1993
335
462
726
462
725
335
726
1994
335
464
722
467
718
337
722
1995
335
470
713
475
706
338
713
1996
336
490
685
485
692
332
685
1997
325
486
669
483
673
323
669
1998
329
491
671
490
672
329
671
1999
318
492
647
493
646
319
647
2000
327
507
644
510
640
329
644
2001
336
509
659
512
656
337
659
2002
338
517
654
524
646
343
654
2003
340
536
634
533
638
338
634
2004
333
543
614
540
617
331
614
2005
333
545
610
541
616
330
610
2006
339
563
603
546
622
329
603
2007
351
564
621
548
640
340
621
2008
328
565
581
545
602
316
581
2009
299
528
566
516
580
292
566
2010
313
564
555
549
570
305
555
2011
310
546
568
542
572
308
568
2012
321
559
573
539
595
309
573
2013
326
569
572
537
606
307
572
2014
312
560
557
526
593
293
557
2015
304
578
527
529
575
279
527
2016
304
581
523
530
572
277
523
2017
283
584
485
531
533
258
485
2018
270
574
471
525
515
247
471
2019 *
222
544
408
511
434
208
408
2020 **
187
510
366
492
380
180
366
*
vorläufig; Quelle: Umweltbundesamt eigene Berechnungen Februar 2021
**
geschätzt; Quelle: Umweltbundesamt eigene Berechnungen Februar 2021
1
UBA-Berechnungen auf Grundlage des deutschen Treibhausgasinventars 1990–2019[5]
2
Stromverbrauch = Bruttostromerzeugung (UBA eigene Berechnung) – Kraftwerkseigenverbrauch – Pumpstrom-Leitungsverluste
3
UBA-Berechnungen auf der Grundlage der Quellen,[3][7][7] und[8]
Spezifische Kohlendioxid-Emission der Wirtschaftsleistung
Die spezifische Kohlendioxid-Emission kann auch pro erwirtschafteter monetärer Einheit an der Wirtschaftsleistung berechnet werden. Die Kohlenstoffintensität oder Emissionsintensität des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ist ein Maß, das die Menge der pro BIP-Einheit erzeugten Kohlendioxid- (CO₂-)Emissionen misst. Sie gibt Aufschluss darüber, wie effizient eine Volkswirtschaft kohlenstoffbasierte Ressourcen zur Erzeugung von Wirtschaftsleistung nutzt. Eine geringere Kohlenstoffintensität bedeutet, dass bei der Erzeugung einer bestimmten Wirtschaftsleistung weniger CO₂ ausgestoßen wird, was auf eine kohlenstoffeffizientere Wirtschaft hinweist. Durch einen steigenden Anteil des Dienstleistungssektors am gesamten Bruttoinlandsprodukt und den sinkenden spezifischen Kohlendioxid-Emissionen der deutschen Stromerzeugung sind die CO₂-Emissionen pro internationalem US-Dollar an Wirtschaftsleistung in Deutschland zwischen 1950 und 2022 um mehr als 80 Prozent zurückgegangen.
Entwicklung der Emissionsintensität des BIP Deutschlands[10]
Für Elektroautos anzurechnende Kohlendioxid-Emission
Der Strommix ist u. a. bei der Diskussion um die Sinnhaftigkeit von Elektroautos relevant, sowohl beim Betriebsort als auch beim Ort der Herstellung, insbesondere des Akkus.
Ein Diesel-PKW emittiert bei 6 Liter Verbrauch auf 100 km ca. 156 g CO2 pro Kilometer direkt aus dem Auspuff. Dazu kommt noch umgerechnet ein weiterer Liter Verbrauch aus der Vorkette, denn der kumulierte Energieverbrauch bei der Herstellung von Treibstoffen (Well-to-Tank) verbrauchte etwa einen zusätzlichen Liter Erdöl bei der Dieselherstellung, hauptsächlich in der Raffinerie, dazu Transport in Öltanker, Pipeline, Tanklastwagen. Das ergibt insgesamt ca. 180 g pro km für einen Diesel-PKW mit Vorkette, quasi sieben Liter Diesel Gesamtverbrauch bei sechs Liter Verbrauch im Fahrzeug.
Ein Elektroauto verbraucht 15 bis 20 kWh auf 100 km, emittiert dabei keinerlei Abgas direkt, der CO2-Rucksack kommt im Betrieb nur aus der Stromherstellung. In Deutschland kann man im Zeitraum 2015 bis 2018 von einer Größenordnung um ca. 500 g/kWh (entspricht GuD-Erdgaskraftwerk) ausgehen und kommt damit bei 20 kWh Verbrauch auf 100 g pro Kilometer. Das entspricht vier Liter Pseudo-Diesel zu sieben Liter Diesel. Geht man beim E-Auto vom üblichen Kurzstreckenverkehr mit 15 kWh/100 km aus, und Strommix von inzwischen 400 g/kWh, so kommt man auf 60 g/km, das entspricht einem vergleichbaren Verbrauch von gut zwei Liter.
Die Werte erhöhen sich für beide Antriebsarten, wenn man den Aufwand für die Herstellung der Fahrzeuge mit einrechnet, wobei oft nur ein Mehraufwand für die Herstellung einer E-Auto-Batterie angesetzt wird. Eine vielzitierte schwedische Studie[7] aus dem Jahr 2017 schrieb der Herstellung pro Kilowattstunde Kapazität etwa 175 kg CO2 zu, was auf 175.000 km Fahrstrecke jeweils 1 g pro Kilometer und Kilowattstunde Akkugröße ergibt, bei mittlerer Größe von 50 kWh also 50 g/km, was zwei Liter Diesel entspräche.
Gemäß UBA sank der Wert für die spezifische Kohlendioxid-Emission, der im Zeitraum 2015 bis 2018 noch um 500 ± 30 lag, 2019 auf knapp über 400, und 2020 deutlich unter 400 – 366 g/kWh allerdings bedingt durch C19-Pandemie 2020. Nach vorübergehender Erhöhung durch die Globale Energiekrise 2021–2023, bei der Gas durch Kohle ersetzt wurde und zudem Ausfälle der französischen Atomkraftwerke 2021–22 durch Korrosion und Kühlwassermangel in den Nachbarländern zu fossil erzeugten Strom teuer ausgeglichen werden mussten, hat sich der Wert für Deutschland 2023 trotz Abschaltung der Kernkraftwerke im selben Jahr auf geschätzt 380 g/kWh verringert.
Für ein typisches E-Auto entspricht diese Verbesserung der Einsparung eines (zusätzlichen) Liter Kraftstoffes auf 100 km, 20 kWh entsprechen damit weniger als drei Liter Diesel. Zudem besteht meist die Möglichkeit, bevorzugt dann zu laden, wenn besonders viel Strom aus Photovoltaik oder Wind im Netz ist, oder wenn Solarstrom vom eigenen Dach kommt. In einigen Ländern ist zudem der Anteil an Wasserkraft sehr hoch, Beispiel Norwegen, Pionierland der Elektromobilität. Länder wie Frankreich haben einen hohen Anteil an Atomstrom und nachts Überschuss, der in E-Autos geladen werden kann.
Darstellung
Einige Webseiten geben den Strommix in nahezu Echtzeit für Deutschland (Agorameter,[8] Energy-Charts,[11] Bundesnetzagentur Strommarktdaten[12]) und international (electricityMap)[13] an und illustrieren die Abhängigkeit von der Verfügbarkeit von Wind und Sonnenlicht.
↑ abcMia Romare, Lisbeth Dahllöf: The Life Cycle Energy Consumption and Greenhouse Gas Emissions from Lithium-Ion Batteries. A Study with Focus on Current Technology and Batteries for light-duty vehicles. C 243. IVL Swedish Environmental Research Institute, 2017, ISBN 978-91-88319-60-9 (energimyndigheten.se [PDF; abgerufen am 8. Juni 2023]).
↑ abAgorameter. In: Agora-Energiewende.de. Abgerufen am 8. Juni 2023.