Sing Sing ist ein Filmdrama von Greg Kwedar. Der im gleichnamigen Gefängnis spielende Film mit Colman Domingo und Paul Raci in den Hauptrollen feierte im September 2023 beim Toronto International Film Festival seine Premiere und kam im Juli 2024 in die US-Kinos. Der Kinostart in Deutschland ist Ende Februar 2025 geplant. Die Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten. Auch die Figuren sind an reale Personen angelehnt oder werden von ehemaligen Insassen der Sing Sing Correctional Facility selbst gespielt.
Nach einer Vorstellung von Ein Sommernachtstraum muss John „Divine G“ Whitfield wieder zurück in das Sing-Sing-Gefängnis. Er ist Teilnehmer des neuen Theaterprogramms „Rehabilitation Through the Arts“. Wegen Mordes sitzt Whitfield dort eine mindestens 25-jährige Gefängnisstrafe ab. Einen Großteil seiner Zeit hat er dem Studium von Straftaten gewidmet und sucht nach Lösungen, die eine vorzeitige Entlassung von ihm und seinen Mitinsassen bewirken könnten.
Als sich Clarence „Divine Eye“ Maclin in dem Theaterprogramm anmeldet, sind die anderen Teilnehmer erst skeptisch, hat er sich doch zuvor im Gefängnis als äußerst temperamentvoll und wenig umgänglich erwiesen. Divine G will ihm dennoch eine Chance geben, auch als der Neuling sein jüngstes in Arbeit befindlichen Werk über den Haufen wirft und vorschlägt, eine weitere Komödie auf die Bühne zu bringen. So schreibt ihr externer Regisseur Brent Buell das Stück Breakin‘ the Mummy’s Code, eine Zeitreise-Farce, die Elemente der ägyptischen Mythologie, der Legende um Robin Hood, dem Film Nightmare on Elm Street und Hamlet aufweist. Maclin bekommt in dem Stück die Rolle des Prinzen von Dänemark zugewiesen.[2][3]
Theater als Rehabilitationsmöglichkeit in Gefängnissen
Das im Film gezeigte Programm „Rehabilitation Through the Arts“ wurde 1996 von Katherine Vockins im Sing Sing Correctional Facility gegründet.[4][5] Die Idee wurde später von einer Reihe weiterer Justizvollzugsanstalten im Bundesstaat New York übernommen. Das Ziel der Theaterprogramme ist es, Gefängnisse von innen heraus zu verändern und damit auch die Inhaftierten.[3]
Programme dieser Art waren bereits zuvor Gegenstand von Filmen. Zeina Daccaches Dokumentarfilm 12 Angry Lebanese aus dem Jahr 2009 zeigte eine Inszenierung von Twelve Angry Men im berüchtigten Roumieh-Gefängnis in Beirut im Rahmen des von ihr ins Leben gerufenen Rehabilitationsprogramms.[6] In Davide Ferrarios Musical Freedom ging es um ein Passionsspiel, das von Häftlingen in Turin aufgeführt wurde. Die Brüder Paolo und Vittorio Taviani stellten 2012 ihren Film Cäsar muss sterben vor, der im Hochsicherheitstrakt der Strafanstalt Rebibbia in Rom spielt.[3]
Produktion
Regie und Drehbuch
Regie führte Greg Kwedar, der gemeinsam mit Clint Bentley und Brent Buell auch das Drehbuch schrieb. Es handelt sich bei Sing Sing um Kwedars zweite Regiearbeit nach Transpecos – Zwischen Gut und Böse herrscht ein schmaler Grat aus dem Jahr 2016. Mit Bentley arbeitete er bereits für dessen Filmdrama Jockey von 2021 zusammen, für das er das Drehbuch schrieb.[3] Buell engagierte sich selbst einst in der Sing Sing Correctional Facility und führte dort unter anderem bei den Stücken Stratford's Decision und Breakin' the Mummy's Code Regie.[7][8] Vieles von der im Film erzählten Geschichte ist auch in dieser Hinsicht autobiografisch. Auf John „Divine G“ Whitfields Geschichte wurde Kwedar durch einen Artikel in dem Männermagazin Esquire mit dem Titel The Sing Sing Follies von John H. Richardson aus dem Jahr 2005 aufmerksam. Er verbüßte in der Sing Sing Correctional Facility eine jahrelange Haftstrafe.[3]
Besetzung und Rollen
Colman Domingo spielt John „Divine G“ Whitfield und Jon-Adrian Velazquez seinen Mitinsassen Blaze
Colman Domingo, bekannt aus Hauptrollen in Filmen wie The God Committee, Ma Rainey’s Black Bottom und Rustin, spielt in der Hauptrolle John „Divine G“ Whitfield.[9] In weiteren Hauptrollen sind Paul Raci als RTA-Regisseur Brent Buell, Sean San Jose, Jon-Adrian „J.J.“ Velazquez, David J. Giraudy, Sean „Dino“ Johnson, Sean „Divine Eye“ Johnson und Clarence „Divine Eye“ Maclin zu sehen.[3][2] Der echte John „Divine G“ Whitfield hat im Film einen Cameo-Auftritt als Fan seiner selbst, der von Domingo in dieser Rolle seinen Roman Money Grip signieren lässt. Whitfield ist Romanautor, Drehbuchautor, Dramatiker und Mitgründer von „Rehabilitation Through the Arts“, erhielt 2008 für eines seiner Theaterstücke den Tacenda Literary Award[10] und wurde von PEN viermal ausgezeichnet.[11] Jon-Adrian Velazquez, der im Film in der Rolle von Blaze zu sehen ist, wurde zu einer 25-jährigen Haftstrafe im Sing-Sing-Gefängnis verurteilt. Heute betätigt er sich als Aktivist und setzt sich für eine Reform des Strafrechts ein.
Filmmusik und Soundtrack-Album
Die Filmmusik komponierte Bryce Dessner, der zuvor für Filme wie Come on, Come on, Bardo, die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten, She Came to Me, A Good Person und Die Witwe Clicquot tätig war.[12] Das Soundtrack-Album mit insgesamt 17 Musikstücken wurde im Juli 2024 zum US-Kinostart von A24 Music als Download veröffentlicht.[13] Im August 2024 wurde das Soundtrack-Album zudem auf Vinyl veröffentlicht, zeitgleich mit dem Song Like a Bird, geschrieben von Brandon Marcel und gesungen von Adrian Quesada und Abraham Alexander.[14] Quesada ist Gitarrist bei der von ihm gemeinsam mit dem Sänger Eric Burton gegründeten Band Black Pumas. Anfang Januar 2025 veröffentlichte A24 Music das Stück Perfect Place in einer Klavierversion.[15]
Marketing und Veröffentlichung
Die Weltpremiere des Films fand am 10. September 2023 beim Toronto International Film Festival statt.[16] Ab 8. März 2024 wurde der Film beim South by Southwest Film Festival gezeigt.[17] Kurz zuvor wurde der erste Trailer vorgestellt.[18] Anfang April 2024 wurde Sing Sing beim Miami Film Festival vorgestellt.[19] Ende April 2024 wurde der Film beim San Francisco International Film Festival gezeigt.[20] Anfang Mai 2024 wurde er als Abschlussfilm des Atlanta Film Festivals gezeigt.[21] Ebenfalls Anfang Mai 2024 wurde er beim Chicago Critics Film Festival und beim Seattle International Film Festival vorgestellt.[22][23] Den Vertrieb in den nordamerikanischen Kinos übernahm A24.[24] Am 12. Juli 2024 kam der Film in die US-Kinos.[25] Dort erhielt der Film von der MPAA ein R-Rating, was einer Freigabe ab 17 Jahren entspricht.[26] Im August 2024 wurde Sing Sing beim Edinburgh Film Festival[27] und beim Melbourne International Film Festival gezeigt.[28] Im September 2024 wurde der Film beim Festival des amerikanischen Films in Deauville vorgestellt.[29] Im Oktober 2024 wurde er beim Heartland International Film Festival und beim Savannah Film Festival gezeigt.[30][31] Der Kinostart in Deutschland ist am 27. Februar 2025 geplant.[32]
Rezeption
Kritiken
Von den bei Rotten Tomatoes aufgeführten Kritiken sind 98 Prozent positiv bei einer durchschnittlichen Bewertung mit 8,7 von 10 möglichen Punkten.[33] Bei Metacritic erhielt der Film einen Metascore von 84 von 100 möglichen Punkten.[34]
Valerie Complex schreibt in ihrer Kritik für deadline.com, Sing Sing sei mehr als nur ein Film über das Leben im Gefängnis, er sei eine Ode an die Liebe zur Schauspielerei und eine Liebeserklärung an die transformative Kraft der darstellenden Künste, hier durch das RTA-Programm. Greg Kwedar sorge dafür, dass der Zuschauer nie die übergreifende Realität aus den Augen verliert. Der Film unterstreiche auf subtile, aber kraftvolle Weise die Idee, dass die Bühne zwar eine kurze Atempause bietet, die Grenzen des Gefängnisses jedoch allgegenwärtig sind. Die Besetzung verleihe der Erzählung rohe Emotionen und Authentizität, allen voran Colman Domingo und Paul Raci. Der Film lasse sein Publikum mit einem nachhallenden Gedanken zurück: dass hinter jeder Gefängnisnummer ein Mensch steckt, der sich nach Akzeptanz, Verständnis und einer Chance sehnt, seine Geschichte neu zu schreiben.[2]
Auszeichnungen
Im Rahmen der Oscarverleihung 2025 wurde Dessners Arbeit in eine Shortlist der Kategorie Beste Filmmusik aufgenommen, zudem Like A Bird in eine Shortlist der Kategorie Bester Song.[35] Im Folgenden eine Auswahl von Auszeichnungen und Nominierungen.