Rudolf Janke (* 2. Dezember1930 in Göttingen) ist ein deutscher Orgelbauer, dessen Werkstatt sich von 1963 bis 2009 in Bovenden befand. Er wurde bekannt durch seine konsequente Restaurierungspraxis historischer Orgeln in Norddeutschland. Daneben hat die Firma beachtenswerte Neubauten geschaffen,[1] die sich vielfach an Vorbildern der norddeutschen Barockorgel orientieren.
Janke begann im Jahr 1948 eine Orgelbaulehre bei Paul Ott, die er 1952 mit der Gesellenprüfung in Hannover abschloss. 1956 besuchte er die Meisterschule in Ludwigsburg und arbeitete bis dahin bei Paul Ott weiter. Es folgte ein einjähriger Auslandsaufenthalt bei Orgelbau Mårtensson im schwedischen Lund. 1957 begann Janke in Veckerhagen mit der Herstellung von Zungenstimmen für andere Orgelbaufirmen. 1958 folgte die Meisterprüfung in Kassel. Im selben Jahr eröffnete er in Gertenbach eine eigene Werkstatt. 1963 wurde die Werkstatt nach Bovenden verlegt,[2] wo sie bis zum Oktober 2009 ihren Sitz hatte. Seitdem war der Betrieb in Form einer Hauswerkstatt in Bühle (Northeim) ansässig, von wo aus Janke mit einem ehemaligen Mitarbeiter noch etwa zehn Jahre Pflegearbeiten und kleine Renovierungen durchführte.[3]
Janke war von 1958 bis 1979 in erster Ehe mit Elfriede geb. Zerbin (1929–1979) verheiratet, als sich die Firma in der Aufbauphase befand. Seit 1981 war Helga Janke geb. Luhnen († 2019) seine Ehefrau, die auch Teilhaberin des Unternehmens wurde. Mitte der 1980er Jahre in der Phase der größten Blüte erfolgte die Umwandlung in eine GmbH. Sein Sohn Reiner Janke ist ebenfalls Orgelbauer und Intonateur, führte den väterlichen Betrieb aber nicht fort.
Werke
Janke orientierte sich am barocken und klassizistischen Orgelbau Nord- und Mitteldeutschlands und verwendete fast ausnahmslos Schleifladen mit mechanischer Traktur.[4]
Ähnlich wie der Ott-Schüler Jürgen Ahrend führte Janke die Prinzipien Otts zunächst im Kern weiter, soweit es beispielsweise Grundfragen wie die vollmechanische Traktur und oft neobarocke Dispositionen angeht. Er entwickelte diesen Stil aber seit den 1980er Jahren konsequent weiter. So verwendete er nicht mehr die für Ott typischen Spielschränke mit schrägen Registertafeln und Spielschranktüren, sondern fast immer die an barocke Vorbilder angelehnten Spieltische mit hervorstehenden Manualen. Die Janke-Orgeln zeichnen sich durch hochwertige Materialien und eine vorzügliche Verarbeitung aus. Die Trakturen arbeiten sehr präzise und sind für Pflegearbeiten leicht zugänglich. „Mit Begriffen wie Gravität, Brillanz, Wohllaut der Einzelstimmen, großer Klangkraft ohne Brutalität sowie Charme und Poesie lässt sich der Klang vieler seiner Orgeln umschreiben.“[3] Die Dispositionen der Neubauten sind oft deutlich (neo)barock konzipiert, gegebenenfalls erweitert um jene Streichregister, die es bereits in spätbarocken Orgeln gab. Daneben gibt es aber auch überzeugende Restaurierungen von klassizistischen Orgelbauten. Bezüglich des Winddrucks, der bei Ott vielfach zu niedrig angesetzt wurde, nutzte Janke Winddrücke, die sich an den originalen Werten orientierten. Auch legte Janke ungleichstufige Stimmungen an, zum ersten Mal 1961 (op. 9), ab Anfang der 1970er Jahre regelmäßig, da er sie auch für romantische Orgelmusik für angemessener als die gleichstufige hält. Seit dieser Zeit haben alle seine Orgeln gewichtsbelastete Bälge.[3]
Janke tritt für eine differenzierte Neubewertung der Orgelbewegung ein und plädiert für mechanische Schleifladen und eine leichtgängige mechanische Spieltraktur ohne Oktavkoppeln und elektrische Koppeln.[5] Zudem empfiehlt er mechanische Registertrakturen, eine flexible, aber stabile Windversorgung, ausgewogene und weder zu steile noch zu grundtönige Dispositionen, weit mensurierte 16- und 8-Fuß-Zungen sowie moderne Prospekte, die weder historisierend noch modisch sind. Entscheidend sei gegenüber der „mit genialer Oberflächlichkeit ausgeführte[n] Intonation“ von Ott und anderen eine sorgfältige Intonation, die auch Kernstiche als dringend notwendig nutzt.[6] Vorhandene Neobarockorgeln könnten durch gründliche Umbauten und eine Neuintonierung in ihrer klanglichen Breite insbesondere bei einer Änderung der Disposition und Mensuren wesentlich verbessert werden.[7] Ein Beispiel hierfür ist die große Ott-Orgel in St. Johannis in Göttingen aus den Jahren 1954–1960, die von Janke in den Jahren 1999–2000 renoviert, überarbeitet und auf IV/P/61 erweitert wurde. Jankes größter Neubau, den er selbst als Referenzinstrument betrachtet, ist die Orgel der Bückeburger Stadtkirche aus den Jahren 1993–1997 (III/P/47).[8]
Werkliste
Außer den beiden angezeigten Orgeln in Berea (op. 72) und Bad Sachsa (Nr. 36) weisen alle Orgeln eine mechanische Spiel- und Registertraktur auf. Alle außer der Orgel in Lonau (Nr. 26) verfügen über mechanische Schleifladen.
Das folgende Werkverzeichnis ist vollständig.
Die Größe der Instrumente wird in der sechsten Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der siebten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbständiges Pedal, ein kleines „p“ für ein angehängtes Pedal.
Positiv ursprünglich als Interimsorgel für andere Kirche konzipiert und 1972 verkauft; 1977 von Aurich-Rahe gebraucht erworben; vereinigt alte Register verschiedener Orgeln zu einem Ganzen
Zunächst 8 Register in Hauptwerk und Pedal; nach bereits bei Entwurf geplantem und im Jahr 2024 abgeschlossenem Ausbau durch Orgelbau Sauer & Heinemann (Höxter-Ottbergen) 19 Register; Brustwerk und Hauptwerk stehen im linken Gehäuse, Pedalwerk im rechten. Das Foto zeigt noch den Zustand vor dem Ausbau.
Erweiterungsumbau unter Verwendung älterer Register hinter dem Prospekt, der zum Teil möglicherweise von Adolph Compenius (1621) stammt, im 18. und 20. Jahrhundert aber stark verändert wurde → Orgel[11]
Das folgende Verzeichnis führt alle Restaurierungen der Firma Rudolf Janke auf einschließlich der Umbauten größeren Umfangs. Bis auf eine Orgel mit elektrischer Registertraktur (Nr. 36 Bad Sachsa) und eine mit mechanischer Kegellade (Nr. 26 Lonau) verfügen alle anderen über mechanische Schleifladen und mechanische Registerstrakturen.
Renovierungsumbau und Erweiterung der Orgel von Paul Ott (1954/1963) und Janke (2000) hinter dem historischen Prospekt von Ernst Wilhelm Meyer (1830/1831)
Uwe Pape: Die Orgel der Ev.-luth. Kirche in Cadenberge, mit einem Restaurierungsbericht von Rudolf Janke (= Monographien historischer Orgeln. Band4). Pape Verlag, Berlin 1984, ISBN 3-921140-31-5.
Rudolf Janke: Bewegung um die Orgelbewegung. Anmerkungen aus der Praxis. In: Orgel International. Nr.2, 2002, S.78–86.
Uwe Pape: Orgelbauwerkstätten und Orgelbauer in Deutschland von 1945 bis 2004. Pape Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-921140-66-8.
Hans-Ulrich Funk: Reich beschenkt von Meister Janke. Zum 90. Geburtstag von Orgelbaumeister Rudolf Janke. In: Organ – Journal für die Orgel. Nr.4, 2020, S.10–11.