Hoerschelmann wurde als dritter von vier Söhnen des Hochschullehrers und AltphilologenWilhelm von Hoerschelmann und seiner Frau Alexandrine, geborene von Bosse, Tochter des russischen Hofarchitekten Harald Julius von Bosse, in Dorpat, dem heutigen Tartu (Estland), geboren. Ein älterer Bruder war der Physiker Harald Wilhelm Tacitus von Hoerschelmann (1878–1941).[1] Rolf von Hoerschelmann war infolge einer Wachstumsstörung, die in der Pubertät auftrat, gesundheitlich labil und kleinwüchsig, weshalb seine Freunde ihm später den Spitznamen „der kleine Hoerschel“ gaben. In seiner Vaterstadt besuchte er das Privatgymnasium Rudolf von Zeddelmanns. Ersten Zeichenunterricht erhielt er von Susa Walter.
Um die Jahrhundertwende, wohl 1903, zog er nach München, wo er mit seiner verwitweten Mutter, genannt „Sascha“, in der Schwabinger Gedonstraße 8 viele Jahre gemeinsam wohnte. Als leidenschaftlicher Sammler hortete er dort in seinem „Fuchsbau“ alles, was mit Papier zu tun hatte und ihm kulturgeschichtlich interessant erschien, vornehmlich aber Grafiken. Trotz begrenzter finanzieller Mittel legte Hoerschelmann im Laufe seines Lebens eine beträchtliche Sammlung an. Hierzu pflegte er die Antiquariate Münchens zu durchstreifen, wobei er scherzhaft bedauerte, dass er von deren Beständen „nur die unteren anderthalb Meter kenne, da er nicht höher hinaufreiche.“
Eine engere Beziehung zu einer Dame hatte Hoerschelmann erst in späteren Lebensjahren, zu Elisabeth Bachmair, geborene Zeller, genannt „Lisel“, der zweiten Frau des Verlegers Heinrich Franz Seraph Bachmair. Sie nannte ihn „Pappilein“ und pflegte „den kranken Hoerschel“ bis zum Tode und erledigte die Trauerkorrespondenz. 1945, wenige Monate vor seinem Tode, lebte der Schaffensdrang Hoerschelmanns noch einmal auf, als er gleichzeitig mit dem Untergang des Nationalsozialismus als Illustrator und Sammler wieder gefragt war. Aus dieser Zeit stammt seine Veröffentlichung Leben ohne Alltag (1947), in der er Lebenserinnerungen und Aufsätze zusammenfasste.[4] Unter dem Titel Allerlei Papier gedachte die Neue Sammlung in München des Verstorbenen durch eine Ausstellung aus seinem Nachlass in den Jahren 1947/1948.[5]
Nachlass
Dirk Heißerer monierte im Jahr 2000, dass der Nachlass von Hoerschelmann im Münchener Stadtmuseum „weder katalogisiert noch der Öffentlichkeit zugänglich“ sei.[6] Der Nachlass befand sich lange Zeit in seinem letzten Wohnort Feldafing, wo er von Eva-Maria Herbertz katalogisiert wurde. Im Oktober 2024 wurde er an die Monacensia in München übertragen. Der Nachlass umfasst über 1000 Briefe, 150 Fotos, kistenweise Rezeption und 500 Arbeiten.[7]
Werke (Auswahl)
Hoerschelmann schuf als Schriftsteller, Zeichner, Karikaturist und Grafiker ein vielseitiges Werk, Illustrationen für etwa 40 Bücher und die Zeitschriften Simplicissimus, Jugend und Fliegende Blätter, zahlreiche Holz- und Scherenschnitte, Aquarelle und Exlibris sowie Plakatentwürfe.[8] Seine Zeichnungen kennzeichnet ein flotter, impressionistischer Strich. Die bis dahin vernachlässigte Kunstform der Silhouette bekam durch Hoerschelmann einen neuen Stellenwert in der Buchillustration.[9] Die Buchillustrationen Hoerschelmanns sind von unterschiedlichen Schaffensperioden des Grafikers Alfred Kubin beeinflusst,[10] auch von Max Slevogt. Mit Kubin teilte Hoerschelmann einen Hang zur Phantastik.
Mit Carl Georg von Maassen, Reinhard Koester und Max Unold: Irma. Ein Fragment. Parodistisches Drama, 1913
Leben ohne Alltag. Sammlung von Aufsätzen, Wedding-Verlag, Berlin 1947.
Rezeption
Im „Schwabingroman“ Jossa und die Junggesellen karikierte der Schriftsteller Willy Seidel Hoerschelmann als die Figur des zwergenhaften Künstlers „Hasso von Klösterlein“, als Antipoden der hünenhaften Figur des „Schweickhardt-Gundermann“, womit er den Schriftsteller Karl Wolfskehl überzeichnete. Den zwergenhaften Künstler beschrieb Seidel wie folgt:[16]
„Von Klösterlein war zwerghaft klein; was ihm aber an Figur fehlte, ersetzte er durch eine äußerst schlagfertige Zunge baltischer Observanz, ein aggressiv-hüpfendes Organ, das aber bei seiner Umwerbung von Bilderhändlern sanft gedehnt werden konnte wie ein Gummiband. Freilich blieben seine Augen auch dann noch sehr lebhaft und hüpften um die Wette mit seinen Worten.“
Der Schriftsteller Thomas Mann nannte Hoerschelmann „Herrn vom Hoerselberg“, eine Anspielung auf die Hörselberg- und die Tannhäuser-Sage.[17][18]
Der Schriftsteller Hermann Hesse schrieb am 2. April 1947 als Nachruf:[19]
„Er ist drüben, er ist befreit, und er hat bis zuletzt sich bewährt und Treue gehalten. Damit rückt er für mich in die Reihe jener Freunde, die mir beinahe näher sind und mit denen ich mehr Umgang pflege als mit jenen, die noch leben….“
Literatur
Eva-Maria Herbertz: „Der heimliche König von Schwabylon“. Der Graphiker und Sammler Rolf von Hoerschelmann in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Allitera Verlag, München 2005, ISBN 3-86520-137-7. (Leseprobe)
Biografie in Eberhard Köstler: Bücher Bücher Bücher Bücher. Aus der Blütezeit der Münchner Bibliophilie. Festvortrag vom 25. Mai 2008, München, veröffentlicht in: Ute Schneider (Hrsg.): Imprimatur. (Inhaltsverzeichnisse), NF XXI, 2009, S. 259 ff., 273 (PDF)
↑Eberhard Köstler: Bücher Bücher Bücher Bücher. Aus der Blütezeit der Münchner Bibliophilie. Festvortrag vom 25. Mai 2008, München, veröffentlicht in: Ute Schneider (Hrsg.): Imprimatur. (Inhaltsverzeichnisse), NF XXI, 2009, S. 259 ff., 273 (PDF)
↑Annette Doms: Neue Wege. Über die Situation und Rezeption moderner Malerei in der Münchener Nachkriegszeit. Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität
München, München 2004, S. 185 f. (PDF)
↑Dirk Heißerer: Sammelsurius oder Petervaters Kleines Welttheater. Zu einer Sammlung von Werken Rolf von Hoerschelmanns. In: Buch- und Kunstauktionshaus F. Zisska & R. Kistner, Katalog zur Auktion 36/II vom 20. Oktober 2000, Einleitung o. S.
↑Verein der Plakatfreunde (Ortsgruppe München): Das Plakat. Katalog der Ausstellung Münchner Reklamekunst, Juli/August 1914, mit einem Einleitungstext von Georg Jakob Wolf(PDF)
↑Beate Schlöglhofer: Der Graphiker Alfred Kubin als Impulsgeber der Illustrationskunst des 20. Jahrhunderts. Diplomarbeit Universität Wien, Wien 2011, S. 70 (PDF)
↑Jahrbuch für bildende Kunst in den Ostseeprovinzen, IV. Jahrgang, 1910 (JPG)
↑Abendfriede, 1919, Abbildung im Portal tumblr.com, abgerufen am 30. Dezember 2014.
↑Selbstporträt 1903–1935, JPG im Portal stadtmuseum.bayerische-landesbibliothek-online.de, abgerufen am 1. Januar 2015.
↑Peter de Mendelssohn: Der Zauberer. Das Leben des deutschen Dichters Thomas Mann. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 1996, Band 3, Teil 2, S. 154 f.