Geboren wurde er als Reichsdeutscher in Luxemburg. Seine Muttersprache war Luxemburgisch[2]. Im Ersten Weltkrieg war er in der deutschen Verwaltung tätig, nach der Rückkehr Lothringens nach Frankreich wurde er französischer Staatsbürger. Im Zweiten Weltkrieg schloss er sich der französischen Résistance an. Als französischer Außenminister setzte er sich für die Aussöhnung mit Deutschland und die deutsch-französische Freundschaft ein.
Robert Schumans Vater, Jean-Pierre Schuman (1837–1900), wurde im deutschlothringischenEwringen (Évrange) geboren, unmittelbar an der luxemburgischen Grenze gelegen. Mit der Annexion dieses Teils von Lothringen durch das Deutsche Reich 1871 wurde er zum Reichsdeutschen. Roberts Mutter, Eugénie Duren (1864–1911), eine in Bettemburg geborene Luxemburgerin, erwarb 1884 durch Eheschließung die deutsche Reichsangehörigkeit. Robert Schuman, der im Luxemburger Stadtteil (Faubourg) Clausen zur Welt kam, war daher Reichsdeutscher. Französisch, das er erst in der Schule lernte, sprach Schuman zeitlebens mit einem moselfränkischen Akzent.[3]
Sein Onkel, Fernand Schuman, war Abgeordneter im Landtag des Reichslandes Elsaß-Lothringen.[4]
Das erste Staatsexamen legte er 1908 in Metz ab, wo er auch seine Referendarzeit verbrachte. 1910 promovierte er in Straßburg summa cum laude zum Doktor jur. Nach dem Unfalltod seiner Mutter im Jahr 1911 trug Schuman sich mit dem Gedanken, Priester zu werden. Letztlich entschied er sich für ein Leben als Laie; er heiratete aber nie und lebte sein ganzes Leben lang zölibatär.[5]
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde Schuman als Reservist im Schreibdienst der Festung Metz eingezogen. Ab 1915 wurde er als „Hilfsarbeiter“ bei der Kreisverwaltung von Bolchen eingesetzt.[9] Seine politischen Widersacher hielten ihm in den Wahlkämpfen der 1920er und 1930er Jahre seinen Einsatz in der deutschen Armee vor und beschimpften ihn als „Boche“.[10] 1918 wurde er Mitglied des Stadtrates von Metz.
Nach seiner Verhaftung wurde Schuman in Metz und in Neustadt an der Weinstraße festgehalten, bis ihm schließlich 1942 die Flucht gelang.
Bis zur Befreiung Frankreichs fand er Unterschlupf im Kloster Notre-Dame-des-Neiges in Saint-Laurent-les-Bains im Département Ardèche. Er ließ sich in Lyon nieder, wo viele der vertriebenen Mosellaner lebten. Über seinen Freund, den Polizeikommissar Charles-Albert Watiez, stand er in engem Kontakt mit zahlreichen Flüchtlingen und nahm am Lothringer Komitee teil, das in Lyon mit Robert Sérot, Gabriel Hocquard, Ségolène de Wendel, Paul Durand, Doktor Melchior und René Jager gegründet wurde[11].
Nachkriegszeit
Nach dem Krieg war Robert Schuman erneut Abgeordneter der französischen Nationalversammlung und amtierte als Präsident des Finanzausschusses. 1946 wurde Schuman Finanzminister und 1947 Ministerpräsident von Frankreich. Zwischen 1948 und 1952 war er Außenminister in acht kurzlebigen Kabinetten der politischen Mitte. Bekannt wurde er als Politiker unter anderem durch die Schaffung des nach ihm benannten Schuman-Plans.
Am 9. Mai 1950 veröffentlichte Schuman die historische Erklärung für die Neukonstruktion Europas,[12] beginnend mit der Montanunion, die politisch zur Föderation Europas führen sollte. Am 18. April 1951 wurde der Montanvertrag in Paris unterzeichnet. Robert Schumans Idee einer Europäischen Gemeinschaft fand in Frankreich zum damaligen Zeitpunkt keine Resonanz, sodass er 1952 sein Amt niederlegen musste.
Die Annahme der Römischen Verträge 1957 sollte Europa auf den Weg führen, den der „Vater Europas“ bereits in seiner Erklärung vom 9. Mai 1950 vorgezeichnet hatte. Am 19. März 1958 wurde Robert Schuman zum ersten Präsidenten des neu gegründeten Europäischen Parlaments in Straßburg gewählt, das die Gemeinsame Versammlung der EGKS ablöste.[13][14] Er hatte das Amt bis zum März 1960 inne.[13][14] In dieser Reihe ist er der fünfte[15] Präsident. Am 10. Januar desselben Jahres erhielt er aufgrund seiner Verdienste für Europa die Ehrendoktorwürde der Katholischen Universität Löwen. Ebenfalls 1958 (am 15. Mai) wurde ihm der internationale Karlspreis der Stadt Aachenfür die Einheit Europas verliehen. 1959 erhielt er zusammen mit Karl Jaspers den Erasmus-Kulturpreis.
Am 4. September 1963 starb Robert Schuman in Scy-Chazelles bei Metz. Er wurde dort in der Kirche St-Quentin bestattet.
Rezeption
Die Beurteilungen Schumans schwanken nach Darstellung des EU-Historikers Christoph Driessen zwischen Extremen: „Die einen verehren ihn als europäischen Heiligen, die anderen sagen, es sei ihm in Wahrheit nur um den Vorteil Frankreichs gegangen.“[16] Tatsächlich werde ihm weder die eine noch die andere Sicht gerecht: „Dass Schuman als französischer Außenminister französische Interessen verfolgte, ist selbstverständlich. Das Hauptmotiv für Frankreichs europäische Integrationspolitik war - und ist - die Einbindung Deutschlands. Gleichwohl war es visionär und couragiert, dem besiegten Erbfeind nur fünf Jahre nach Kriegsende eine gleichberechtigte Position zuzugestehen.“[17]
1997 wurde die Filiale der Katholischen Akademie in Trier in Robert-Schuman-Haus umbenannt. Das Gebäude dient als Tagungszentrum, auch über die Schließung der eigentlichen Akademie 2012 hinaus.[18]
Ebenfalls in Trier wurde eine Straße, die Robert-Schuman-Allee, nach ihm benannt.
2007 wurde das ehemalige Wohnhaus von Robert Schuman in Scy-Chazelles vom französischen Staat mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet.[19]
Robert-Schuman-Kaserne: Stabsgebäude der Deutsch-Französischen Brigade
Robert Schuman wurde immer wieder von Menschen angeschrieben, die ihn für den KomponistenRobert Schumann hielten und ihm ihre Verehrung für seine vermeintliche Musik und sein Lebenswerk entgegenbrachten. Schuman antwortete darauf stets höflich und bedauernd, dass er sich geehrt fühle, aber eben nicht der deutsche Musiker, sondern der französische Politiker sei und der gemeinte Künstler bereits im 19. Jahrhundert verstorben.
Hermann-J. Benning: Robert Schuman. Leben und Vermächtnis. Neue Stadt Verlag, München 2013, ISBN 978-3-87996-997-5
Matthias Waechter, Peter Becker, Otto Neubauer (Hrsg.): Robert Schuman. Politischer Realismus und europäischer Geist. Nomos-Verlag, Baden-Baden 2022, ISBN 978-3848785438.
↑Roth, François: Le personnel politique de la Lorraine pendant l'annexion à l'empire Allemand 1871–1918. De la France vers l'Allemagne – De l'Allemagne vers la France. In: Themenportal Europäische Geschichte (2007), online
↑Adalbert Kienle: Grenzgänger und Friedensfürst. Zum 100. Todestag von Willibrord Benzler OSB. In: Erbe und Auftrag, Jg. 97 (2021), S. 423–431, hier S. 428–429.
↑René Lejeune: Robert Schuman. Padre de Europa (1886–1963). Palabra, Madrid 2009, S. 62.
↑René Lejeune: Robert Schuman. Padre de Europa (1886–1963). Palabra, Madrid 2009, S. 62.
↑François Roth: Robert Schuman, du Lorrain des frontières au père de l'Europe. Hrsg.: Fayard. Seite 257 und 258 2008, ISBN 978-2-213-63759-4, S.656.