Bei einem Relikt (beziehungsweise einer Reliktart) handelt es sich in der Geobotanik um Pflanzenarten an einem Standort, dessen klimatische Bedingungen nicht mehr die für diese Art typischen Voraussetzungen erfüllt. Während sich die Wuchsgebiete der Stammpopulation aufgrund von Klimaveränderungen verlagert haben, konnten einige kleinere Vorkommen (zumeist am Rand des ehemaligen Verbreitungsgebietes in Refugialräumen) unter den veränderten Bedingungen überdauern. Durch ihr nunmehr isoliertes Vorkommen ist der Gen- und Diasporenaustausch eingeschränkt. Zudem besitzen sie unter den ungünstigen Standortbedingungen kein Ausbreitungsvermögen mehr; sie können sich nur noch an den bisherigen Wuchsorten fortpflanzen und behaupten. Wird eine Reliktart entfernt, kann sie sich nicht mehr regenerieren und der Standort wird von anderen Pflanzenarten übernommen.
Progressive Relikte sind auf anthropogene Flächen gewechselt, beispielsweise die Erd-Segge oder das Wiesen-Rispengras.
Verbreitung
Zu den Reliktstandorten gehören Hochmoore, Steinschuttfluren, Berggipfel und Schwermetallböden. Man findet sie etwa in den südlichen Alpen als Felsspaltenfluren. In Mitteleuropa kann nach Ellenberg die Bunte Erdflechtengesellschaft als Reliktgesellschaft der postglazialen Wärmezeit aufgefasst werden.
Ein Beispiel für ein Glazialrelikt im norddeutschen Raum ist das Moosglöckchen (Linnaea borealis L.), das sich dort während der letzten Kaltzeit ausgebreitet hat und heute durch zu warme Winter als Reliktart geführt wird.[1]
Literatur
Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Ulmer, Stuttgart 1996, ISBN 3-8001-2696-6.
Einzelnachweise
↑Detlev Metzing: Küstenflora und Klimawandel – der Einfluss der globalen Erwärmung auf die Gefäßpflanzenflora des deutschen Küstengebietes von Nord- und Ostsee, Dissertation, Oldenburg 2005, Online pdf-Version, abgerufen am 18. Oktober 2020, S. 195.