Ralf Bönt

Ralf Bönt (2011)

Ralf Bönt (* 1963 in Lich) ist ein deutscher Schriftsteller.

Leben

Aufgewachsen in Bielefeld, absolvierte er zunächst eine Lehre als Kfz-Mechaniker. Anschließend studierte er Physik. Er promovierte bei Harald Fritzsch und arbeitete anschließend am Europäischen Kernforschungszentrum CERN, am Brookhaven National Laboratory New York und am DESY.

Seit 1994 arbeitet Bönt als freier Schriftsteller. Er veröffentlichte Erzählungen, Hörspiele, Romane, Essays und Anthologien. Seine Essays umspannen viele Themen. Seit 2017 ist er, auf Vorschlag von Liane Dirks, Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.[1] Im Juni 2022 gehörte er zudem zu den Mitgründern des PEN Berlin.[2]

1996 prognostizierte Bönt in Heft 6 "neue deutsche literatur" anhand von Norman Ohlers Roman Die Quotenmaschine, dass der Hype um die neue Freiheit des Internets nicht andauern und sich auch dort das Kapital durchsetzen würde[3].

Auf Bönts Initiative kamen im Mai 2008 Autoren aus Israel und Deutschland in Berlin zusammen, um das erste Fußballspiel der Writers' League unter der Schirmherrschaft von Frank-Walter Steinmeier und Theo Zwanziger auszutragen.[4] Zum Wahlkampf 2009 erschien sein Porträt „Der inverse Sozialdemokrat“. Im selben Jahr kommentierte[5] Bönt die Debatte um das Krebsbuch von Christoph Schlingensief, der den Beitrag dankend kommentierte und danach nicht mehr in der Öffentlichkeit über seine Krankheit redete.

2009 erschien der Roman „Die Entdeckung des Lichts“ über Michael Faraday und Ada Lovelace, der auf der Spiegel-Bestsellerliste stand. Das zdf nachtstudio von Volker Panzer machte dazu eine Sendung[6].

In der Süddeutschen Zeitung erschien 2010 sein Bericht[7] über einen Besuch auf den Killing Fields in Phnom Penh, Kambodscha.

2011 positionierte sich Bönt nach dem Atomunfall in Fukushima europaweit auf Seiten der Kernkraftgegner.[8][9]

In seinem 2012 erschienenen Buch Das entehrte Geschlecht. Ein notwendiges Manifest für den Mann schreibt Bönt, dass Männer immer automatisch als Täter und Frauen als Opfer stilisiert würden.[10] In der Vergangenheit seien Männer beispielsweise vom Familienleben ferngehalten oder zu Soldaten gemacht worden.[11] Das Patriarchat berge demnach viele Nachteile, die von Sexismen und Rollenerwartungen gegenüber Männern oder kürzerer Lebenserwartung unter Männern geprägt sind.[12][13] Im Club 2 des ORF stritt er um die Bedeutung des gender pay gaps.[14] Eine Einladung bei Maischberger lehnte er ab.[15]

Bönt schrieb 2012 mehrfach zur Beschneidungsdebatte[16][17].

Zur weltweiten Debatte um Metoo schrieb Bönt mehrere Texte und machte schließlich mit der Gendertheoretikerin Paula-Irene Villa Braslavsky eine Radiosendung mit Hörerbeteiligung. In der Sendung beschrieb ein zugeschalteter Mann die Vergewaltigung durch die Freundin seiner Mutter, die sich ereignete, als er 16 Jahre alt war. Vermutlich ist dies die erste Schilderung dieser Art in der Öffentlichkeit.[18]

2018 beschrieb Bönt in der Süddeutschen Zeitung unter dem Titel Weißer Blackout ein Gespräch mit einem ehemaligen Freund, der sich radikalisiert hatte und der AfD beigetreten war. In dem Gespräch zeigte sich der zügellose Frauenhass, den man in der Partei findet. Vermutlich handelt es sich bei der nicht genannten Person um Nicolaus Fest, der als Abgeordneter des Europaparlamentes später auch den verstorbenen ehemaligen Vizepräsidenten des Europäischen Parlamentes David Sassoli verunglimpfte.

Im Herbst 2020 gehörte er zu den Erstunterzeichnern des Appell für freie Debattenräume.[19]

Im Winter 2022/21 forderte Bönt in Die Zeit, das Geschlecht in der Corona - Impfverordnung als Risikofaktor nicht zu unterschlagen.[20] Margarete Stokowski twitterte daraufhin, Männer sollten sich öfter die Hände waschen. Nele Pollatschek bezeichnete dies in der Süddeutschen Zeitung als Sexismus.[21] Gilda Sahebi wies in der taz darauf hin, dass es sich bei der Forderung um geschlechtersensible Medizin handelt[22]. Der NDR Podcast mit Sandra Ciesek nahm das Thema auf und ergänzte die von Bönt angeführten medizinischen Fakten, welche Männer anfälliger für Coronaviren machen.[23]

Im Mai 2021 argumentierte Bönt bei Zeit Online gegen die Relativierung von Wissenschaftlichen Erkenntnissen.[24] Der Virologe Christian Drosten bezeichnete den Artikel auf Twitter als „enorm wichtig“.[25] Der Epidemiologe Karl Lauterbach unterstützte die Thesen.[26] Philosophen diskutierten dagegen, ob Epikur richtig zitiert worden sei. Der Historiker Philipp Sarasin widersprach Bönt in Teilen.[27]

2022 schlug Bönt ein neues Honorifikum vor, um die Probleme beim sprachlichen gendern zu lösen. Dazu sollten Männer das generische Femininum verwenden und Frauen das Maskulinum.[28]

Auf Wunsch des 'Freitag' schrieb Bönt im August 2022 einen Text über seine Wehrdienstverweigerung und bekannte sich zur Verteidigung der Ukraine.[29] Der Text erhielt viele wütende Kommentare. Diesen und alle anderen Beiträge, die seit 1999 beim 'Freitag' erschienen waren, zog Bönt von der Website zurück, nachdem der Eigentümer des Freitag, Jakob Augstein ein Gespräch mit der ukrainischen Autorin Tanja Maljartschuk geführt hatte, das große Aufregung erzeugte. Allerdings gab er dem Freitag kurz darauf ein Interview[30] zum Streit im PEN Berlin über eine Rede des PEN-Präsidenten der USA, Ayad Akhtar[31]. Darin kritisiert er vor allem Adrian Daubs Kritik[32] der Rede. Daub legitimiere ein aktuelles Publikationsverbot qua Hautfarbe durch Kollektivschuld, etwas, das man gerade habe abschaffen wollen.

In der Literaturzeitschrift Sinn und Form erschien im September 2022 der Essay „Über Unwissende. Versuch zum Verlust der Gegenwart.“ Im selben Monat erschien eine Replik auf mehrere Gastkommentare zur Pandemie, die in der FAZ erschienen waren, etwa von Daniel Kehlmann, Caspar Hirschi und René Schlott.[33]

In der Buchmessenbeilage der „Zeit“ erschien 2022 die Rezension einer Biografie Emmy Noethers.[34]

Im Januar 2023 schloss Bönt mit der Lieferung von zwei Feuerwehrautos und einer großen Zahl von Generatoren an Friedenspreisträger Serhij Zhadan eine Hilfsaktion für die Ostukraine ab, in der er mit Liane Bednarz und dem PEN Berlin 196.500 Euro an Spenden gesammelt hatte.[35][36] Im Oktober im SWR Diskussion zur Öffentlichkeitsscheu von Frauen[37], im November kritisierte er die Rede von Susan Neiman auf der Fünfzigjahrfeier der Grundwertekommission der SPD scharf[38] und im Dezember in einem Interview für den Cicero ebenso scharf die Sprecher des PEN Berlin mit Bezug auf ihre Haltung zu Israel nach dem Schwarzen Schabatt[39]. Ebenfalls im Cicero erschien ein Text zum gender election gap[40].

In der Süddeutschen Zeitung schrieb Bönt über heulende Männer im Sommer 2024[41] und bezeichnete in einer Rezension der Berlin-Beschimpfung des Lyrikers Björn Kuhligk Berlin als Stadt, die immer schläft[42]. Im Tagesspiegel erschien ein Stück über Meinungsfreiheit und die AfD[43].

Bei den Ruhrbaronen veröffentlichte Bönt einen Essay über niedlichen Antisemitismus[44] und distanzierte sich mit anderen Autoren wie Alida Bremer, Ronya Othmann, Marko Martin, Thomas Meyer und Stephan Wackwitz von einer Resolution des PEN Berlin[45]. Auf einer viel diskutierten Mitgliederversammlung[46] brachte er selbst eine Resolution[47] zum Schicksal des israelischen Journalisten und Pazifisten Oded Lifshitz ein, der am am 7.10.2023 aus dem Kibbuz Nir Oz entführt wurde[48] und der dem zu dem Zeitpunkt seit über einem Jahr verschollen war.

In der Sarah Bosetti Late Night Show "Der unterdrückte Mann – Müssen Frauen Macht abgeben?" vertrat Bönt die Ansicht, dass der neue Nationalismus eine Reaktion von Männern ist, die sich in der Familie unwohl fühlen und nicht glauben, in Genderdebatten und Feminismus etwas gewinnen zu können[49]. Er kommentierte die Sendung später auf Youtube[50].

Ralf Bönt lebt in Berlin.

Rezeption

Wolfgang Herrndorf zitiert eine Version von Bönts Wikipedia-Artikel in einem Eintrag seines Internettagebuchs Arbeit und Struktur 2010, der später im gleichnamigen Buch veröffentlicht wurde:

Für Aufsehen sorgte Bönts Auftritt beim Bachmannpreis 2009, wo er einen artistischen Text über Heinrich Hertz vorlas, dessen Erzähler ein Phonon ist. Da die Jury es nicht von einem Photon unterscheiden konnte, griff Bönt in die Diskussion ein, obwohl Autoren in Klagenfurt nach einem ungeschriebenen, noch aus der Gruppe 47 stammenden Gesetz eigentlich schweigen sollen. Sichtlich amüsiert erklärte Bönt der überforderten Jury den Unterschied von Licht und Schall.[51]

Herrndorf nennt die Stelle seinen „all-time favourite bei selbstgeschriebenen Wikipediaeinträgen“.

Auszeichnungen

Stipendien

Veröffentlichungen

Belletristik

Einzelnachweise

  1. Mitglieder des PEN-Zentrum Deutschland (Memento des Originals vom 19. April 2023 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pen-deutschland.de, pen-deutschland.de, abgerufen am 15. März 2021
  2. Ein PEN, zwei PENs, der PEN ist doch für alle da: Autor Ralf Bönt über das Dilemma zwei Schriftstellervereine. 19. Juni 2022, abgerufen am 29. Juni 2022.
  3. Essays – Ralf Bönt. Abgerufen am 25. Dezember 2024.
  4. Deutschland Israel Writer's League Steinmeier Bönt Gavron mit Sönke Wortmann. Abgerufen am 2. Dezember 2021 (deutsch).
  5. Ralf Bönt - Flucht vor zu viel Erzählung - Essay. Abgerufen am 25. Januar 2022.
  6. lutzland: Mehr Licht - Die Elektrifizierung der Welt. 14. Dezember 2009, abgerufen am 25. Dezember 2024.
  7. Besuch in der Ohnmacht – Ralf Bönt. Abgerufen am 25. Januar 2022 (deutsch).
  8. Wer ist schon gern Atomkraftgegner? - VoxEurop. In: voxeurop.eu. Abgerufen am 25. Januar 2022 (deutsch).
  9. Ralf Bönt for Presseurop: This cynical Angstlust around nuclear power is reckless and insensitive | Ralf Bönt. 26. März 2011, abgerufen am 25. Januar 2022 (englisch).
  10. «Als Junge wird man geboren, zum Übermann aber wird man gemacht.» – Ralf Bönt. Abgerufen am 25. Januar 2022 (deutsch).
  11. Der Penis ist keine Waffe zeit.de vom 6. März 2013.
  12. Der Feminismus hat sich verirrt faz.net vom 24. Juli 2013.
  13. QuoShop: Mythos Einkommensschere - ein schlechter Scherz? 18. April 2012, abgerufen am 25. Dezember 2024.
  14. This cynical Angstlust around nuclear power is reckless and insensitive. In: The Guardian. 26. März 2011, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 25. Dezember 2024]).
  15. Ralf Bönt: Tausendschön im Neopatriarchat. 7. Februar 2014, abgerufen am 25. Dezember 2024.
  16. Der soldatische Mann – Ralf Bönt. Abgerufen am 25. Dezember 2024.
  17. Ralf Bönt - Religiöses Ersatzwissen - Essay. Archiviert vom Original am 20. Mai 2024; abgerufen am 25. Dezember 2024.
  18. anima motrix: #Metoo - Was muss sich ändern 2 mit Klaus Pokatzky, Ralf Bönt und Paula-Irene Villa auf YouTube, 21. Dezember 2020, abgerufen am 25. Februar 2024 (Laufzeit: 44:01 min).
  19. Erstunterzeichner. In: idw-europe.org. 7. Januar 2020, abgerufen am 25. September 2020 (deutsch).
  20. Ralf Bönt: Corona-Impfung: Männer first! In: Die Zeit. 29. Januar 2021, abgerufen am 2. Dezember 2021.
  21. 9punkt - Die Debattenrundschau vom 13.02.2021 - Perlentaucher. Abgerufen am 2. Dezember 2021.
  22. Gilda Sahebi: Geschlechtersensible Medizin: Eine Frau ist kein Mann plus Hormone. In: Die Tageszeitung: taz. 22. Februar 2021, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 27. Dezember 2024]).
  23. NDR: Ciesek im Corona-Podcast: Warum Männer stärker gefährdet sind. Abgerufen am 2. Dezember 2021.
  24. Ralf Bönt: Wissenschaft und Corona: Die Wahrheit ist nicht relativ. In: Die Zeit. 2. Mai 2021, abgerufen am 2. Dezember 2021.
  25. https://twitter.com/c_drosten/status/1389169846789812230. Abgerufen am 2. Dezember 2021.
  26. https://twitter.com/karl_lauterbach/status/1389257751789019140. Abgerufen am 2. Dezember 2021.
  27. Philipp Sarasin, Philipp Sarasin: Das Corona-Virus, eine „soziale Konstruktion“ – Geschichte der Gegenwart. Abgerufen am 2. Dezember 2021 (deutsch).
  28. Ralf Bönt: Gendern: Loriot und die Sache mit dem Asterisk. In: zeit.de. 27. Februar 2022, abgerufen am 27. Januar 2024.
  29. Heute würde ich nicht mehr verweigern – Ralf Bönt. Abgerufen am 3. November 2022 (deutsch).
  30. Ralf Bönt, PEN Berlin: „Mit bisschen Queer-Washing ist das nicht erledigt“. Abgerufen am 31. Januar 2023.
  31. Rede Akhtar. Abgerufen am 31. Januar 2023 (deutsch).
  32. Adrian Daub: Macht es was aus, dass es ein Sandwich war? Abgerufen am 31. Januar 2023 (englisch).
  33. Ralf Bönt: Schluss mit dem Argutainment! Abgerufen am 3. November 2022.
  34. Ralf Bönt: Emmy Noether: Rebellin der Mathematik. In: Die Zeit. 27. Oktober 2022, abgerufen am 3. November 2022.
  35. Die Macht der Worte: Feuerwehrautos für die Ukraine. Abgerufen am 31. Januar 2023.
  36. Neue Hilfslieferung der Kampagne „Feuerwehrautos für Charkiw“ – PEN Berlin. Abgerufen am 23. April 2023 (deutsch).
  37. SWR2: Immer nur Männer – sind Frauen zu öffentlichkeitsscheu? 5. Oktober 2023, abgerufen am 4. Januar 2024.
  38. Süddeutsche Zeitung: 50 Jahren Grundwertekomission der SPD: Susan Neiman und der Antisemitismus. 24. November 2023, abgerufen am 4. Januar 2024.
  39. PEN Berlin - „Auf jeder Baustelle geht es respektvoller zu“ | Cicero Online. Abgerufen am 4. Januar 2024.
  40. Der neue Gender Gap - Ist Nationalismus die Antwort auf #MeToo? | Cicero Online. Abgerufen am 12. Februar 2024.
  41. Süddeutsche de GmbH, Munich Germany: Lass es raus, Junge. 23. Juli 2024, abgerufen am 25. Dezember 2024.
  42. Björn Kuhligk: „Berlin-Beschimpfung“. 19. April 2024, abgerufen am 25. Dezember 2024.
  43. Debatte um AfD und Meinungsfreiheit: Man muss nicht immer alles sagen dürfen. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 25. Dezember 2024]).
  44. Gastautor: PEN-Berlin: Solidarität mit Hamas-Unterstützern? 21. Oktober 2024, abgerufen am 25. Dezember 2024.
  45. Distanzierung von einer Petition des PEN Berlin - Intervention. Archiviert vom Original am 9. Dezember 2024; abgerufen am 25. Dezember 2024.
  46. Hans Suilmann: Zoff bei Pen Berlin. Abgerufen am 25. Dezember 2024.
  47. Deniz: Resolution zum Schicksal des Journalisten Oded Lifshitz. 8. Dezember 2024, abgerufen am 25. Dezember 2024 (deutsch).
  48. Tatort Nir Oz | Bibel TV. Abgerufen am 25. Dezember 2024.
  49. Bosetti will reden!: Der unterdrückte Mann – Müssen Frauen Macht abgeben? | Bosetti Late Night mit Torsten Sträter u.a. 18. November 2024, abgerufen am 25. Dezember 2024.
  50. - YouTube. Abgerufen am 25. Dezember 2024.
  51. Arbeit und Struktur: Acht : Arbeit und Struktur. Abgerufen am 24. November 2019 (deutsch).