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QuaMath

QuaMath – Unterrichts- und Fortbildungs-Qualität in Mathematik entwickeln
Programmstart Januar 2023
Laufzeit 10 Jahre (2023–2033)
Koordination Deutsches Zentrum für Lehrkräftebildung Mathematik (DZLM) am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN)
Bildungsstufen Frühkindliche Bildung bis Sekundarstufe II
Website quamath.de
Vorgängerprogramm SINUS

QuaMathUnterrichts- und Fortbildungs-Qualität in Mathematik entwickeln – ist ein bundesweites Fortbildungsprogramm zur Weiterentwicklung des Mathematikunterrichts mit einer Laufzeit von zehn Jahren (2023–2033). Es wird vom Deutschen Zentrum für Lehrkräftebildung Mathematik (DZLM) koordiniert und richtet sich an Lehrkräfte aller Allgemeinbildenden Schulen sowie an Dozierende für Frühe mathematische Bildung an Fachschulen für Sozialpädagogik. Ziel des Programms ist die nachhaltige Verbesserung der mathematischen Bildung in Deutschland.[1][2]

Hintergrund

Die Entwicklung von QuaMath erfolgte aufgrund sinkender Mathematikleistungen deutscher Schülerinnen und Schüler. Der IQB-Bildungstrend 2021 zeigte einen Rückgang der durchschnittlichen Mathematikleistung bei Viertklässlern von 500 Punkten (2011) auf 462 Punkte (2021).[3] Der Anteil der Grundschüler, die die Mindeststandards nicht erreichten, stieg von 15,8 Prozent (2016) auf 21,8 Prozent (2021).[4]

Im Sekundarbereich erreichten laut IQB-Bildungstrend 2018 nur 45 Prozent der Neuntklässler die Regelstandards in Mathematik, während knapp ein Viertel die Mindeststandards verfehlte.[5] Die internationale Studie TIMSS 2023 bestätigte, dass 24 Prozent der deutschen Viertklässler die Grundkompetenzen in Mathematik nicht erreichen.[5][6]

Im Dezember 2021 beschloss die Kultusministerkonferenz (KMK) die Einrichtung des QuaMath-Programms.[7]

Konzeption

Die fünf QuaMath-Prinzipien

QuaMath basiert auf fünf Qualitätsprinzipien für guten Mathematikunterricht: Kognitive Aktivierung regt Schülerinnen und Schüler zum eigenständigen mathematischen Denken und Problemlösen an. Verstehensorientierung fokussiert auf den Aufbau eines tiefen Verständnisses mathematischer Inhalte statt auf das Auswendiglernen von Rechenverfahren. Durchgängigkeit sichert zusammenhängende Lernprozesse, bei denen neue Inhalte systematisch an bereits Gelerntes anknüpfen. Lernenden-Orientierung und Adaptivität berücksichtigt individuelle Lernbedürfnisse durch angepasste Lernangebote. Kommunikationsförderung intensiviert den fachlichen Austausch, um Gedanken zu vertiefen und das Lernen von- und miteinander im Unterricht zu fördern.[8]

Wissenschaftliche Grundlagen

Die Prinzipien basieren auf Erkenntnissen der Lehr-Lern-Forschung und wurden vom DZLM-Netzwerk entwickelt.[9] Aktuelle Forschung zeigt die Wirksamkeit von Lehrkräftefortbildungen, die praktische Methoden für typische Unterrichtssituationen vermitteln.[10][11]

Organisation

Struktur

Das zehnjährige Programm gliedert sich in zwei Phasen: In der ersten Phase (2023–2028) werden Strukturen aufgebaut, Module entwickelt und sogenannte Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ausgebildet. Diese speziell geschulten Lehrkräfte fungieren als regionale Fortbildner und geben die Inhalte an andere Lehrkräfte weiter. Die zweite Phase (2028–2033) optimiert und verbreitet das Programm basierend auf den Erfahrungen der ersten Jahre.[12]

Jährlich sollen rund 1.000 Schulen neu in das Programm aufgenommen werden, sodass bis zum Jahr 2033 insgesamt etwa 10.000 allgemeinbildende Schulen beteiligt sind. Damit ist QuaMath das bislang größte bundesweite Fortbildungsprogramm zur mathematischen Bildung in Deutschland und erreicht voraussichtlich rund 30 Prozent aller allgemeinbildenden Schulen.[13][14]

Leitung und Programmverantwortliche

Die wissenschaftliche Leitung liegt bei Susanne Prediger (DZLM/IPN Kiel, TU Dortmund), Christoph Selter (TU Dortmund) und Hans Anand Pant (Humboldt-Universität Berlin).[15] Das Programm wird vom DZLM koordiniert, das am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in der Abteilung für Fachbezogenen Erkenntnistransfer (FET) angesiedelt ist. An der Modulentwicklung sind 28 Professorinnen und Professoren aus dem DZLM-Netzwerk beteiligt.[16]

Finanzierung

Die Bundesländer stellen für die erste Programmphase 17,6 Millionen Euro zur Verfügung und investieren zusätzlich jährlich 5,5 Millionen Euro in Personal und Koordination.[7]

Umsetzung

Das Programm umfasst 27 Module in drei Kategorien: Basismodule zur Unterrichtsqualität, Inhaltsmodule zu mathematischen Themenbereichen und Vertiefungsmodule zu Schwerpunkten wie Differenzierung und Sprachbildung.[13] Schulen bilden regionale Netzwerke mit drei bis fünf Lehrkräften je Schule. Der Fortbildungsprozess erstreckt sich über drei Jahre.[17]

15 der 16 deutschen Bundesländer beteiligen sich an QuaMath; Thüringen nimmt nicht teil.[18] Die Umsetzung in den Bundesländern erfolgt unter Berücksichtigung der verschiedenen Schulsysteme, bestehenden Fortbildungsstrukturen und regionalen Schwerpunkte.[19]

Wissenschaftliche Begleitung

Die Begleitforschung wird von einem Verbund aus zwölf Hochschulen und dem Leibniz IPN durchgeführt und untersucht die Kompetenzentwicklung von Fortbildnern, die Wirksamkeit der Fortbildungskonzepte und die Auswirkungen auf Unterrichtspraxis und Lernfortschritte.[20]

Erste empirische Studien liefern bereits Erkenntnisse zur Programmumsetzung: Eine Untersuchung der Pädagogischen Hochschule Freiburg analysierte 2024 die Einstellungen von 230 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zum qualitätsvollen Mathematikunterricht. Dabei ließen sich 39 Prozent der Antworten den fünf QuaMath-Prinzipien zuordnen. Die Studie ergab zudem, dass die Fortbildenden selbst stärker auf didaktische Konzepte fokussieren, während sie bei den Lehrkräften eine Orientierung an oberflächlichen Unterrichtsmerkmalen erwarten.[21]

Eine Pilotstudie der Universität Münster untersuchte 2023 die handlungsleitenden Orientierungen von 350 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zu den fünf QuaMath-Prinzipien. Dabei zeigten sich die höchsten Ausprägungen bei der Durchgängigkeit und die niedrigsten bei der Kognitiven Aktivierung.[22]

Erste umfassende Evaluationsergebnisse werden für 2026 erwartet.[23]

Rezeption

QuaMath wird als Nachfolgeprogramm des SINUS-Transfer-Programms (1998–2013) betrachtet.[4] Im Gegensatz zu SINUS zeichnet sich QuaMath durch eine engere Verzahnung von Praxis und Wissenschaft, die Nutzung digitaler Medien und einen systematischeren Ansatz aus.[18] Susanne Prediger betonte den Unterschied zu früheren Programmen: „… Wir Wissenschaftler übernehmen direkt Verantwortung für den Prozess und schauen nicht erst hinterher, was alles falsch war.“[24]

Experten benennen verschiedene Herausforderungen: Die zehnjährige Laufzeit erfordert personelle Kontinuität bei gleichzeitigem Lehrkräftemangel.[25] Der Transfer von Fortbildungsinhalten in die tägliche Unterrichtspraxis bleibt eine zentrale Aufgabe.[26]

Praktikerinnen wünschen sich mehr Entlastungsstunden für beteiligte Lehrkräfte und eine starke Vernetzung zwischen teilnehmenden Schulen.[2]

Literatur

  • Holzer, J., Grützmacher, L., Ludwig, S., Bacher, J., Dumont, H., Kampa, N., Krainer, K., Lüftenegger, M., Maaz, K., Pant, H. A., Prenzel, M., Spiel, C., & Schober, B. (2025). Bildung gemeinsam gestalten: Empfehlungen für Projekte in Kooperation zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 28, 151–179. DOI: 10.1007/s11618-024-01273-0
  • Steinweg, A. S. (Ed.). (2024). Schule im Wandel–Mathematikunterricht im Wandel: Tagungsband des AK Grundschule in der GDM 2024 (Vol. 13). University of Bamberg Press. DOI: 10.20378/irb-104036.
  • Prediger, S., & Selter, C. (2024). Establish shared visions and support productive adaptations on all levels: Aims, strategies, and architecture of a nationwide implementation program. Implementation and Replication Studies in Mathematics Education, 4(1), 1–35. DOI:10.1163/26670127-bja10020.
  • Prediger, S., Götze, D., Holzäpfel, L., Rösken-Winter, B., & Selter, C. (2022). Five principles for high-quality mathematics teaching: Combining normative, epistemological, empirical, and pragmatic perspectives for specifying the content of professional development. Frontiers in Education, 7, Article 969212, 1–15. DOI:10.3389/feduc.2022.969212.

Einzelnachweise

  1. Willkommen | QuaMath. Abgerufen am 26. Juni 2025.
  2. a b QuaMath: Wie Schüler in Mathematik besser werden sollen. Abgerufen am 28. Juni 2025.
  3. Petra Stanat et al.: IQB-Bildungstrend 2021. Kompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik am Ende der 4. Jahrgangsstufe im dritten Ländervergleich. Waxmann, Münster 2022, ISBN 978-3-8309-4606-9.
  4. a b Annette Kuhn: QuaMath: Wie Schüler in Mathematik besser werden sollen. Das Deutsche Schulportal, 27. Juni 2024, abgerufen am 16. November 2024.
  5. TIMSS 2023 – Pressemitteilung: 66/2024. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2024, abgerufen am 16. November 2024.
  6. Gemeinsames Lernen muss im Matheunterricht stärker betont werden. 31. Januar 2025, abgerufen am 28. Juni 2025 (deutsch).
  7. a b Kultusministerkonferenz und Deutsches Zentrum für Lehrerbildung Mathematik vereinbaren Zehnjahres-Programm für den Mathematikunterricht. Kultusministerkonferenz, 16. Dezember 2021, abgerufen am 16. November 2024.
  8. Lars Holzäpfel, Susanne Prediger, Daniela Götze, Bettina Rösken-Winter, Christoph Selter: Qualitätsvoll Mathematik unterrichten: Fünf Prinzipien. In: Mathematik lehren. Band 242. Friedrich Verlag, Hannover 2024, S. 2–9 (friedrich-verlag.de).
  9. Susanne Prediger, Daniela Götze, Lars Holzäpfel, Bettina Rösken-Winter, Christoph Selter: Five principles for high-quality mathematics teaching – Heuristics for developing and selecting activities and tasks. In: Frontiers in Education. Band 7, 2022, S. 969212, doi:10.3389/feduc.2022.969212.
  10. Victoria Shure, Malte Lehmann, Marita Friesen, Bettina Roesken-Winter, Susanne Prediger: Professional development research on promoting productive practices for teachers’ handling of typical tasks of mathematics teaching: a systematic review. In: ZDM – Mathematics Education. 14. Februar 2025, ISSN 1863-9704, doi:10.1007/s11858-025-01659-2.
  11. Characteristics of Effective Teacher Professional Development. 6. Oktober 2021, abgerufen am 27. Juni 2025 (englisch).
  12. Susanne Prediger et al.: QuaMath – Unterrichts- und Fortbildungsqualität in Mathematik entwickeln: Konzept des Zehnjahres-Programms von DZLM und KMK. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik. Band 116, 2024, S. 49–61 (didaktik-der-mathematik.de).
  13. a b KMK.org: Fakten & Argumente: QuaMath. Hrsg.: Kultusministerkonferenz. Februar 2025, S. 2–3 (kmk.org [PDF]).
  14. QuaMath in Bayern. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, 2024, abgerufen am 16. Mai 2024.
  15. Personen & Funktionen. (PDF) In: quamath.de. DZLM, abgerufen am 16. November 2024.
  16. Svea Hallemann, Annett Kreuziger: Weißbuch Lehrkräftefortbildung: Impulse und Szenarien für gute Praxis. In: Erschienen in Peter Daschner, Dieter Schoof-Wetzig (Hrsg.), Weißbuch zur Lehrkräftefortbildung in Deutschland: Impulse und Szenarien für gute Praxis. Beltz Juventa, November 2024, abgerufen am 15. März 2025.
  17. Julia Bruns, Lars Eichen: EmMa – Fortbildung für elementarpädagogische Fachperson zur frühen mathematischen Bildung. In: Mathematikfortbildungen professionalisieren: Konzepte, Beispiele und Erfahrungen des Deutschen Zentrums für Lehrerbildung Mathematik. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3-658-19028-6, S. 417–434, doi:10.1007/978-3-658-19028-6_21.
  18. a b Marion Mück-Raab: Mathematik für alle: Das Angst-Fach wird umgekrempelt. Der Tagesspiegel, 18. Oktober 2024, abgerufen am 18. Oktober 2024.
  19. Susanne Prediger, Christoph Selter, Daniela Götze, Svea Hallemann, Lars Holzäpfel, Annett Kreuziger, Hans Anand Pant, Bettina Rösken-Winter: QuaMath–Unterrichts-und Fortbildungsqualität in Mathematik entwickeln: Konzept des Zehnjahres-Programms von DZLM und KMK. (PDF) In: GDM-Mitteilungen 116·2024. GMD, 2024, abgerufen am 15. März 2025.
  20. Svea Hallemann, Annett Kreuziger, Hans Anand Pant, Susanne Prediger, Christoph Selter: Mathematikunterricht verbessern – Das vom IPN koordinierte länderübergreifende Programm QuaMath ist gestartet. In: IPN (Hrsg.): IPN Journal. No.11. Kiel 2024 (leibniz-ipn.de).
  21. Maya Zastrow, Bianca Fink, Lars Holzäpfel: Qualität im Mathematikunterricht (MU) – Was Multiplikatorinnen und Multiplikatoren darüber denken und wie sie die Auffassung von Lehrkräften dazu einschätzen. In: P. Ebers u. a. (Hrsg.): Beiträge zum Mathematikunterricht 2024. 57. Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik. WTM, 2024, S. 1640.
  22. Mareike Kristin Nagel, Gilbert Greefrath: Handlungsleitende Orientierungen von Mathematiklehrkräften zu ausgewählten Unterrichtsqualitätsmerkmalen: Erste Ergebnisse einer Pilotstudie. In: Beiträge zum Mathematikunterricht 57. 2024, doi:10.17877/DE290R-24772 (tu-dortmund.de [abgerufen am 24. Juli 2025]).
  23. QuaMath: Wie viele Schulen beim Start in die Praxis dabei sind. Abgerufen am 28. Juni 2025.
  24. Martin Spiewak: (K)ein Herz für Mathe. In: Die Zeit. 4. Dezember 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 26. Juni 2025]).
  25. QuaMath-Programm RLP. Bildungsportal Rheinland-Pfalz, 2024, abgerufen am 16. November 2024.
  26. Silke Fokken: Meinung: Bildungsnewsletter: Mehr Deutsch und Mathe - kann Kunst dann weg? In: Der Spiegel. 12. März 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 28. Juni 2025]).
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