Spahn war Mitglied des Zentrums. Bereits während des Ersten Weltkriegs kritisierte Spahn ebenso wie sein Sohn Martin Spahn die angebliche „Linksorientierung“ des Zentrums, weil es zu stark unter dem Einfluss von Matthias Erzberger stand.
Abgeordneter
Spahn gehörte von 1882 bis 1888, 1891 bis 1898 und 1904 bis 1907 dem preußischen Abgeordnetenhaus an. 1918 war er Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Von 1884 bis 1917 war er Reichstagsabgeordneter. Er vertrat zunächst den Reichstagswahlkreis Regierungsbezirk Königsberg 6 (Braunsberg-Heilsberg)[2] und ab 1890 den Wahlkreis Regierungsbezirk Köln 4 (Bonn-Rheinbach)[3][4] im Parlament. Von 1895 bis 1898 und von 1909 bis 1911 war er Vizepräsident des Reichstages. Am 9. Februar 1912[5] gewann er die Stichwahl gegen August Bebel zum Präsidenten des Reichstags, gab aber bereits am 10. Februar 1912 den Rücktritt vom Amt bekannt[6]. Die Zentrumspartei erklärte, keiner ihrer Abgeordneten solle neben einem Sozialdemokraten im Präsidium sitzen.[7] In der liberalen Presse wurde vermutet, dieser Grund für den Rücktritt sei nur vorgeschoben. Tatsächlich wolle das Zentrum sein Verhältnis zu den Konservativen nicht belasten: „Das Verhältnis zwischen dem Zentrum und den Konservativen hätte einen sehr bösen Stoß erhalten, wenn das Zentrum auf dem errungenen Platz sitzen geblieben wäre [...] Das Zentrum hält die konservative Freundschaft doch zu hoch, als dass es sie um eines Sitzes willen, auf dem es sich doch nicht recht wohl fühlen konnte, verscherzen wollte.“[8] 1912 wurde Spahn Fraktionschef des Zentrums im Reichstag. Im Reichstag war er als Vorsitzender der Beratungskommission maßgeblich an der Ausarbeitung des BGB beteiligt. Maßgeblichen Einfluss hatte er auch bei der Abfassung des neuen HGB und der Verfassung von Elsaß-Lothringen.
1919/20 war Spahn Mitglied der Weimarer Nationalversammlung, wo er stellvertretender Vorsitzender des „Ausschusses zur Vorberatung des Entwurfs einer Verfassung des Deutschen Reiches“ war. Obwohl er von seinen Überzeugungen her ein konservativer Monarchist war, setzte er sich für die Zusammenarbeit mit der SPD und für die Annahme des Versailler Vertrages ein. Anschließend gehörte er bis zu seinem Tode dem Reichstag der Weimarer Republik an.
Sein Sohn Martin war ab 1924 Reichstagsabgeordneter für die Deutschnationale Volkspartei.
Öffentliche Ämter
Vom 8. August 1917 bis zum 28. November 1918 war Spahn Justizminister von Preußen.[9] Er war der erste preußische Minister, der der Zentrumspartei angehörte.
↑Fritz Specht, Paul Schwabe: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten. 2. Auflage. Verlag Carl Heymann, Berlin 1904, S. 4.
↑Fritz Specht, Paul Schwabe: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten. 2. Auflage. Verlag Carl Heymann, Berlin 1904, S. 175.
↑Kaiserliches Statistisches Amt (Hrsg.): Die Reichstagswahlen von 1912. Heft 2.(= Statistik des Deutschen Reichs. Band 250). Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht, Berlin 1913, S. 93
↑[1] Scan aus dem Reichstagsprotokoll der 3. Sitzung des 13. Reichstages des Deutschen Kaiserreiches mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses zur Wahl des Präsidenten des Reichstages des Deutschen Kaiserreiches
↑Die Präsidentschaftskrise im Reichstag. Spahns Rücktritt vom Reichstags-Präsidium, in: Kölnische Zeitung Nr. 154, 10. Februar 1912, S. 1.
↑Die Präsidentschaftskrise im Reichstag. Spahns Rücktritt vom Reichstags-Präsidium, in: Kölnische Zeitung Nr. 154, 10. Februar 1912, S. 1.
↑Die Präsidentschaftskrise im Reichstag. Spahns Rücktritt vom Reichstags-Präsidium, in: Kölnische Zeitung Nr. 154, 10. Februar 1912, S. 1.
↑Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine: Jahrbuch des Kartellverbandes der katholischen Studentenvereine Deutschlands (K.V.) 1925, Berlin 1925, S. 47.
Siegfried Koß, Wolfgang Löhr (Hrsg.): Biographisches Lexikon des KV. 3. Teil (= Revocatio historiae. Band 4). SH-Verlag, Schernfeld 1994, ISBN 3-89498-014-1, S. 109 f.
Bernhard Mann: Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus 1867–1918 (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 3). Droste, Düsseldorf 1988, ISBN 3-7700-5146-7, Nr. 2213.
Otto Renkhoff: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. 2. Auflage. Wiesbaden 1992. ISBN 3-922244-90-4, S. 766, Nr. 4193.
Erhard Zimmer: Die Geschichte des Oberlandesgerichts Frankfurt. Kramer, Frankfurt 1976, ISBN 3-7829-0174-6, S. 141–143.