Murmansk (russischМу́рманск; kildinsamisch Мурман ланнҍ/Murman lann‘;finnisch auch Muurmanski, veraltet Muurmanni) ist eine nordeuropäische Hafenstadt auf der russischen Halbinsel Kola. Sie hat 307.257 Einwohner (Stand 14. Oktober 2010)[1] und ist damit die größte nördlich des Polarkreises gelegene Stadt der Erde. Ausläufer des Golfstroms sichern der Stadt einen auch im Winter eisfreien Hafen, der bis 1991 militärisches Sperrgebiet war. Murmansk sowie das 20 km nördlicher gelegene Seweromorsk sind wichtige Stützpunkte der russischen Nordflotte.
Die Stadt wurde im Oktober 1916 unter dem Namen Romanow-na-Murmane (Романов-на-Мурмане „Romanow-am-Murman“) gegründet. Romanow war der Name der russischen Zarendynastie, als Murman wird in Russland die Nordküste der Halbinsel Kola bezeichnet. Das Wort stammt aus dem Norwegischen und bedeutet ursprünglich Nordmänner, Norweger.[2]
Bereits kurz nach der Februarrevolution und dem Sturz des letzten russischen Zaren wurde die Stadt im April 1917 jedoch in Murmansk umbenannt.
Die Stadt ist Verwaltungssitz der Oblast Murmansk. Mit ihren über 300.000 Einwohnern ist Murmansk die größte Stadt in der Arktis. Aufgrund der Lage der Stadt am Hang entlang der Kola-Bucht und ihrer großen Hafenanlagen wird die Stadt auch als „Kapstadt des Nordens“ bezeichnet. Durch die Hanglage besteht innerhalb der Stadt ein Höhenunterschied von über 300 Metern.
Die Winter sind kalt, allerdings deutlich wärmer als in anderen russischen Orten nördlich des Polarkreises bedingt durch die maritime Lage und den Einfluss des Golfstroms. Auch im über 25 Breitengrade südlicheren Wladiwostok ist die mittlere Temperatur im Januar um 2,2 °C kälter. Nach Köppens Klimaklassifikation ist das Klima Murmansks subarktisch (Dfc), da nur in den wärmsten zwei Monaten die mittlere Temperatur die 10 °C-Marke überschreitet.
Geschichte
Die ursprünglichen Bewohner des Gebietes sind Samen. Die Stadt wurde erst im Ersten Weltkrieg 1916 als Endpunkt der 1915–1917 gebauten Murmanbahn gegründet, um über seinen eisfreien Hafen das Zarenreich ganzjährig mit Rüstungslieferungen seiner westlichen Alliierten versorgen zu können. In der Zeit der Sowjetunion wurden von hier im Sommer die arktischen Siedlungen in Sibirien über den Seeweg (Nordostpassage) und die Flüsse versorgt, transportiert wurden vor allem Erze westwärts und Versorgungsgüter ostwärts. Dieses System ist in der postsowjetischen Ära aufgrund der relativ hohen Transportkosten (vor allem Eisbrecher, Eisaufklärung) unter marktwirtschaftlichen Bedingungen weitgehend zusammengebrochen, so dass die Nutzung des Nördlichen Seewegs zwischenzeitlich praktisch zum Erliegen kam und diese entlegenen Außenposten nur noch per Flugzeug beliefert werden.
Während des Deutsch-Sowjetischen Krieges im Zweiten Weltkrieg war Murmansk das Ziel mehrerer Angriffsoperationen der Wehrmacht. Sie wurden teilweise gemeinsam mit finnischen Truppen durchgeführt. Ab Frühsommer 1941 versuchten die Deutschen im Unternehmen Silberfuchs, Murmansk mit seinem Hafen zu erobern. Damit sollte die Sowjetunion von der Verbindung zur Barentssee und somit von den Nordmeergeleitzügen abgeschnitten werden. Die deutschen Kräfte waren jedoch insgesamt zu schwach, so dass sie sich gegen die erbitterte Verteidigung des Hohen Nordens durch die Rote Armee nicht durchsetzen konnten. Das unwegsame Gelände und die harten Witterungsbedingungen kamen erschwerend hinzu.
Murmansk hatte unter massiven deutschen Bomberangriffen zu leiden. Nur Stalingrad wurde noch stärker von der deutschen Luftwaffe bombardiert.
Verschiedene Forschungseinrichtungen zur Fischereiforschung und Ozeanographie haben in Murmansk ihren Sitz. Außerdem ist Murmansk samt der Nachbarstadt Seweromorsk der Hauptstützpunkt der russischen Nordflotte. Der Hafen Murmansk bleibt durch die Ausläufer des Golfstroms auch im Winter eisfrei, muss jedoch zeitweise durch Eisbrecher freigehalten werden.
Neben der Nordflotte ist zwei Kilometer nördlich von Murmansk auch die russische Eisbrecherflotte Atomflot mit nuklear sowie konventionell betriebenen Schiffen beheimatet. Die Flotte umfasst sechs Atomeisbrecher, ein nuklearbetriebenes Transportschiff und einen Flusseisbrecher. Betreiberin der Schiffe ist seit 2008 Rosatom, davor gehörten sie der Murmansker Seereederei, einer privaten Gesellschaft, an der der Staat jedoch noch immer einen sehr hohen Anteil hat. Die Eisbrecher dienen sowohl der Versorgung der östlichen Eismeergebiete als auch anderen, vornehmlich touristischen Zwecken.[7]
Über die Murmanbahn besteht eine Verbindung nach Sankt Petersburg (die Fahrtdauer beträgt rund 28 Stunden) und Moskau. Die Europastraße 105 führt nach Sankt Petersburg (entspricht der russischen R21 Kola) und Kirkenes in Norwegen. Im Jahr 2016 erhielt Murmansk einen Sonderstatus, welcher Kreuzfahrtpassagieren einen Aufenthalt von 72 Stunden ohne Visum erlaubt.[9]
Die Nachbarstadt Seweromorsk und Teile des Hafens sind nach wie vor militärischesSperrgebiet; Murmansk selbst kann aber inzwischen auch von Ausländern problemlos besucht werden.
Nach dem Ende der Polarnacht, die vom 29. November bis zum 15. Januar dauert, feiert Murmansk ein großes Fest namens „Sei gegrüßt, Sonne!“ ("Здравствуй, Солнце!"). Traditionell findet es am letzten Sonntag des Januar statt. Unter der Vielzahl von Veranstaltungen in der Innenstadt finden sich auch Musik- und Tanzdarbietungen der indigenen Bewohner der Halbinsel Kola, der Samen, Rentierrennen und Eissegelwettbewerbe auf dem Semjonow-See.[10]
↑ abItogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda. Tom 1. Čislennostʹ i razmeščenie naselenija (Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010. Band 1. Anzahl und Verteilung der Bevölkerung). Tabellen 5, S. 12–209; 11, S. 312–979 (Download von der Website des Föderalen Dienstes für staatliche Statistik der Russischen Föderation)
↑Die Eigenbezeichnung der Norweger, „nordmann“ (Plural: „nordmenn“), wird ['nurman] ausgesprochen.
↑Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962–1977.