Der Große Preis von Europa fand erstmals im Rahmen des Grand Prix von Deutschland statt. Zum ersten und einzigen Mal in der Geschichte der Europameisterschaft wurden Titel in den Klassen bis 750 und bis 1000 cm³ vergeben.
Am Samstag, dem 2. Juli 1927, fanden die Rennen der drei kleineren Hubraumkategorien statt. Sie wurden um elf Uhr, jeweils mit einem Abstand von fünf Minuten zwischen den verschiedenen Klassen, gestartet.
Im Lauf der 175-cm³-Klasse über 14 Runden und eine Distanz von 396,2 Kilometern gab es einen deutschen Dreifach-Sieg der DKW-Werkspiloten. Es setzte sich der noch weitgehend unbekannte WestfaleWilli Henkelmann durch. Zweiter, mit einem Rückstand von eineinhalb Minuten, wurde der PforzheimerArthur Geiss. Den dritten Platz mit 13 Minuten Rückstand belegte Arthur Müller. Für die Zschopauer Motorenwerke war es der erste Titelgewinn in der Geschichte der Motorrad-Europameisterschaft.
Bei den 250ern gewann Cecil Ashby aus Großbritannien auf OK-Supreme. Im Ziel hatte er etwa sieben Minuten Vorsprung auf den Chemnitzer DKW-Werkspiloten Walfried Winkler. Dritter, mit zweieinhalb Minuten Rückstand auf Winkler, wurde der ÖsterreicherHugo Höbel auf Puch, der bereits 1924 175-cm³-Vize-Europameister war. Der 23-jährige Walfried Winkler war nur durch eine Nachmeldung noch ins Starterfeld gekommen und trat mit einem neuen, wassergekühlten Motor, der erst kurz vor dem Rennen endgültig fertiggestellt wurde, im Rahmen einer 175er-Maschine an.
In der 350-cm³-Klasse siegte der Brite Jimmie Simpson auf A.J.S. mit über 30 Minuten Vorsprung auf Frank Longman (Velocette). Für Simpson war es bereits der dritte EM-Titel seiner Laufbahn.
Am Sonntag, dem 3. Juli 1927, gingen vor ca. 55.000 Zuschauern bei unbeständigem Wetter die drei großen Klassen an den Start.
Die Rennen der Klassen bis 750 und bis 1000 cm³ wurden zur rein deutschen Angelegenheit. Bei den 750ern siegte der BMW-Werksfahrer Josef Stelzer vor seinem Markenkollegen Paul Köppen. Für die Münchner war es, wie schon für DKW am Vortag, der erste EM-Titelgewinn in der Firmengeschichte.
Beiden 1000ern gewann Josef Giggenbach auf einer Bayerland mit J.A.P.-Einbaumotor. Er fuhr das Rennen über 18 Runden auf der Gesamtstrecke (Nord- und Südschleife) bzw. 509,4 km ohne Zwischenfälle in 5:58:36,4 Stunden, was einem Durchschnitt von 85,52 km/h entsprach. Zweiter wurde Werner Huth auf Harley-Davidson mit einem Rückstand von fast 16 Minuten[1], Dritter Heinz Kürten auf Andrees. Giggenbach hatte sich vom Start an vor den Harley-Davidson-Piloten an die Spitze gesetzt. Der lange zweitplatzierte Paul Rüttchen fiel in der neunten Runde aus. Paul Weyres stürzte schwer und musste mit einer Knieverletzung ins Krankenhaus eingeliefert werden, was letztendlich Huth Rang zwei einbrachte. Von zwölf gestarteten Maschinen fuhren sechs das Rennen bis zum Ende.[2]
Steffen Ottinger: DKW Motorradsport 1920–1939. Von den ersten Siegen des Zschopauer Zweitakters bei Bahnrennen bis zu den Europameisterschafts-Erfolgen. 1. Auflage. HB-Werbung und Verlag, Chemnitz 2009, ISBN 978-3-00-028611-7, S.31–32.
Grosser Preis von Europa. In: Österreichische Auto-Rundschau. Wiener Kraftfahrer-Zeitung / Österreichisches Auto. Motorrad-Zeitung / Oesterreichisches Auto und Motorrad-Zeitung / Der Motorfahrer / Automobil- und Motorrad-Zeitung. Der Motorfahrer, 8. Juli 1927, S. 39–42 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/mfr