Im Jahr 1930 wurde Kalaschnikow mit seiner Familie vom stalinistischen Regime im Zuge der sogenannten Entkulakisierung in das Gebiet von Tomsk deportiert. 1936 verließ er die Schule und begann eine technische Ausbildung bei der Turkestan-Sibirischen Eisenbahn, bei der er als Techniker arbeitete. Mit 19 Jahren wurde er zur Roten Armee eingezogen und diente anfangs in der Fahrschule und der Instandhaltung. In der Anfangsphase des Deutsch-Sowjetischen Krieges kämpfte Kalaschnikow als Panzerkommandant, bis sein Panzer im Herbst 1941 in der Schlacht bei Brjansk in Brand geschossen und er an der Schulter schwer verwundet wurde. Im Lazarett hörte er, wie sich Infanteristen über die russischen Waffen beklagten, und begann daraufhin, erste Konzepte für ein neues Gewehr zu entwerfen[5].
Kalaschnikow stieg danach zum führenden Waffenkonstrukteur der UdSSR auf. 1947 präsentierte er als Prototyp das Sturmgewehr AK[6][7], das die Sowjetarmee ab 1949 einführte[8]. 1959 wurde es, um die Herstellung zu vereinfachen, modernisiert und fortan unter der Bezeichnung AKM (M für modernisirowannyj, modernisiert) geführt.
Die Waffenfabrik von Ischewsk im mittleren Ural ist die Geburts- und Produktionsstätte der Kalaschnikow. Kein anderes russisches Fabrikat hat so weitgehend den Weltmarkt erobert wie diese Waffe. Sie wurde in den folgenden Jahrzehnten von zahlreichen Ländern weltweit nachgebaut und modifiziert; sie diente als Standardbewaffnung der Infanterie vieler Armeen, darunter in sieben der acht Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages (nur die Tschechoslowakei ging mit dem Sturmgewehr Sa vz. 58 eigene Wege). Der Automat Kalaschnikow wurde an viele kommunistisch orientierte Länder der Dritten Welt geliefert und findet nicht zuletzt deshalb bei vielen Guerilla-Truppen bis heute Verwendung. Das AK-47, einschließlich aller Weiterentwicklungen und Versionen (beispielsweise AK-74), wurde bisher etwa 80 bis 100 Millionen Mal gebaut.
Bis zu seinem Tod lebte er zurückgezogen in Ischewsk von einer bescheidenen Pension. Nach dem Erfolg einer Wodka-Marke Kalaschnikow, an der der Waffenkonstrukteur nicht beteiligt ist, bot Kalaschnikow in Zusammenarbeit mit der Firma Marken Marketing International aus Solingen unter seinem Namen Konsumartikel wie Taschenmesser und Uhren an.
Anlässlich einer UNO-Konferenz 2006 zum Thema Kleinwaffen äußerte Kalaschnikow in einer Erklärung „Bestürzung“ darüber, „dass gerade seine Gewehre überall auf der Welt so viel Unheil anrichteten“, und kritisierte das Fehlen einer wirksamen internationalen Kontrolle des Waffenhandels.[9] Allerdings ließ er sich zu runden Geburtstagen seiner Erfindung regelmäßig gerne feiern, so auch 2007, als die Kalaschnikow 60 Jahre alt wurde.[10] In einem Brief vom 7. April 2013 schrieb Kalaschnikow, der nach eigener Aussage im Alter von 91 Jahren erstmals eine Kirche besuchte und sich später taufen ließ, an den Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche Kyrill I., dass er sich frage, ob er „die Schuld für den Tod von Menschen trage, selbst wenn sie Feinde waren“, und sein „seelischer Schmerz“ sei „unerträglich“.[11]
Im November 2013 erlitt Kalaschnikow einen Schwächeanfall, er wurde in eine Klinik nach Ischewsk, Udmurtien, gebracht. Dort verstarb er am 23. Dezember 2013.[12]
Kalaschnikows Sohn Viktor (1942–2018) war ebenfalls Waffenkonstrukteur. Er leitete unter anderem Entwicklerteams, welche die PP-19 Bison und die PP-19-01 „Witjas“ entwarfen.[13]
Anlässlich seines 90. Geburtstages wurde Michail Timofejewitsch Kalaschnikow am 10. November 2009 durch einen Erlass des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew die Auszeichnung „Held der Russischen Föderation“ verliehen.[16]
Am 19. September 2017 wurde in Moskau von Kulturminister Wladimir Medinski ein von dem Bildhauer Salawat Schtscherbakow geschaffenes Denkmal eingeweiht, das eine überlebensgroße Statue Kalaschnikows darstellt, mit dem berühmten Sturmgewehr AK-47 in den Händen.[17] Auf der Rückseite des Sockels befindet sich ein Relief, das verschiedene andere Waffen Kalaschnikows zeigt. Durch ein Versehen des Bildhauers gelangte darunter eine Explosionszeichnung des deutschen StG 44, die nach der Einweihung wieder entfernt wurde.[18][19]
Kalaschnikow mit dem damaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew
Medaille „Michail Kalaschnikow“ für herausragende Leistungen in der russischen Rüstungsgüter-Herstellung
„Medaille des Kleinwaffen-Entwicklers M. T. Kalaschnikow“, eingeführt im Jahr 2008
Eine im Jahr 2019 anlässlich Kalaschnikows 100. Geburtstag herausgegebene Briefmarke
Russische Silbermünze, ebenfalls im Jahr 2019 herausgegeben
Zitate
„Als junger Mann habe ich irgendwo Folgendes gelesen: Gott der Allmächtige sagte, ‚Alles zu Komplizierte ist unnötig, und das Notwendige ist einfach.‘ … Und das wurde zu meinem Lebensmotto - Ich habe Waffen zur Verteidigung der Grenzen meines Vaterlandes so konstruiert, dass sie einfach und zuverlässig sind.“[20]
„Schon bei der ersten Feuererprobung wurden einige Konstruktionen gänzlich verworfen und nicht einmal zur Nacharbeit empfohlen. Für einen Konstrukteur ist dies ein schwerer Schlag, wenn das Werk vieler schlafloser Nächte plötzlich abgelehnt wird. Doch es ist schon besser, es kommt so, als wenn Tausende von Soldaten im Gefecht in Bedrängnis geraten, womöglich von ihrer Waffe im Stich gelassen werden.“ (Kalaschnikow zum Auswahlverfahren zur neuen sowjetischen Ordonnanzwaffe)[21]
„Beschuldigt die Nazi-Deutschen, dass ich Waffenkonstrukteur wurde … Ich wollte immer landwirtschaftliche Maschinen konstruieren.“[22]
Film
AK-47 - Kalaschnikow ist eine im Jahr 2020 erschienene russische Filmbiografie. Diese handelt von der Entwicklung des AK-47 aus Sicht Kalaschnikows.
Michail Kalaschnikov, Elena Joly: Mein Leben. Kunstmann, München 2004, ISBN 978-3-88897-369-7 (französisch: Ma vie en rafales. Übersetzt von Bernd Wilczek).
Kalaschnikow: der Konstrukteur und seine Waffen. vom AK 47 zum PK (= Visier Special. Band 25). Vogt-Schild, Bad Ems 2002, ISBN 978-3-9807787-3-2.
Oliver Rohe: Meine jüngste Erfindung ist eine Maulwurfsfalle. Michail Kalaschnikow, sein Leben, sein Werk. eine Erzählung. Matthes & Seitz, Berlin 2014, ISBN 978-3-88221-952-4 (französisch: Ma derniére création est un piége á taupes. Übersetzt von Till Bardoux).
↑Günter Wollert, Reiner Lidschun, Wilfried Kopenhagen: Illustrierte Enzyklopädie der Schützenwaffen aus aller Welt: Schützenwaffen heute (1945-1985). 3. Auflage. Band2. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1993, ISBN 3-89488-059-7, S.404.