Blumenthal entstammt einer jüdischen Familie. Er ist der Sohn von Sidney Blumenthal, einem US-amerikanischen Journalisten, politischen Aktivisten und früheren Berater des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton und langjährigen Vertrauten von Hillary Clinton.
Als Kind wurde Blumenthal an der Georgetown Day School, einer elitären Privatschule in Washington D.C., erzogen.[1] Ergänzend hierzu wurde er an einer jüdischen Sonntagsschule (Hebrew School) unterrichtet.[2] Anschließend studierte Blumenthal Geschichte an der University of Pennsylvania. Er beendete das Studium 1999 mit einem B.A.-Abschluss.[3] Er war Forschungsstipendiat (Research Fellow) für Media Matters for America.[4]
2007 veröffentlichte Blumenthal eine kurze Video-Reportage Rapture Ready über die evangelikale Unterstützung für Israel.[11] Blumenthal unterstützt die antizionistische BDS-Bewegung.[12] Er selbst beschrieb sich 2009 als „nicht-zionistischen Liberalen“.[13]
Die von ihm gegründete Plattform The Grayzone besteht seit 2015.[14][15] Blumenthals Vater war ein langjähriger enger Mitarbeiter von Bill und Hillary Clinton, doch Blumenthal hat sich seit den 2010er Jahren immer wieder scharf ablehnend über die Clintons und ihre Politik geäußert. Ironischerweise zeigte Hillary Clinton sich von Blumenthals frühen journalistischen Arbeiten stark beeindruckt und leitete während ihrer Zeit als Außenministerin (2009 bis 2013) mindestens 19 von Blumenthal verfasste Artikel über Israel an ihren persönlichen Mitarbeiterstab weiter.[16]
2018 produzierte Blumenthal zusammen mit dem Dokumentarfilmer Dan Cohen den Dokumentarfilm Killing Gaza. Dieser schildert die Geschehnisse des Gaza-Konflikts von 2014 aus palästinensischer Perspektive.[17]
Zusätzlich zu seiner publizistischen Tätigkeit ist Blumenthal seit den 2010er Jahren in wachsendem Maße im Fernsehen und in anderen Bildmedien präsent: Einige Jahre lang trat er häufig als Gast in Sendungen der russischen Propagandasender Kanäle RT und Sputnik auf, wobei er die russische Außenpolitik, darunter auch Russlands Militäreinsatz im syrischen Bürgerkrieg, verteidigte.[18][19][20] In jüngerer Zeit tritt Blumenthal vor allem als Interviewgast und Kommentator in politischen Podcasts auf. So wird er beispielsweise seit 2023 wöchentlich von dem ehemaligen Richter und Fernsehmoderator Andrew Napolitano in dessen Podcast Judging Freedom zum aktuellen politischen Geschehen interviewt.
Berichterstattung über Russland und die Ukraine
Im November 2017 sprach Blumenthal in einem Interview mit Tucker Carlson auf Fox News über die Entscheidung des Justizministeriums der Vereinigten Staaten, RT als „ausländischen Agenten“ einzustufen. Er sagte Carlson: „Ich gehe ziemlich regelmäßig auf RT, und der Grund, warum ich das tue, ist, dass RT das in Frage stellt, während die drei großen Kabelnetzwerke die Bombardierung und Sanktionierung der halben Welt fördern, zumindest der nicht konformen Nationen.“[21]Charles Davis stellte 2018 in einem Artikel für New Politics fest, dass Blumenthal „fast jede Woche auf Plattformen wie RT und Sputnik zu finden ist, die die russische Außenpolitik verteidigen“, und Russlands Rolle im syrischen Bürgerkrieg verteidigt habe.[22]
In einem Interview mit Tucker Carlson äußerte sich Blumenthal skeptisch gegenüber Behauptungen, Präsident Donald Trump und seine Regierung hätten bei den Präsidentschaftswahlen 2016 mit Russland konspiriert. Er sagte, dass etablierte Republikaner und progressive Demokraten die Russland-Geschichte benutzten, um zu vermeiden, „etwas Progressives zu tun“.[23][24] Petra Marquardt-Bigman schrieb, dass Blumenthal in einem Interview mit Sputnik im Dezember 2017 gesagt habe, dass "das Trump-Übergangsteam mit einer ausländischen Macht kollaborierte, um das politische System Amerikas zu untergraben". Sie sagte, er habe sich auf geheime Absprachen mit Israel bezogen, nicht mit Russland.[25]
Peter Beinart schrieb in The Atlantic, dass Blumenthal und Glenn Greenwald zwar eine starke Abneigung gegen Präsident Donald Trump hegten, aber grundsätzlich gegen eine „hawkistische“ US-Außenpolitik seien, was dazu führe, dass sie „Russlands Einmischung in die Wahlen herunterspielen, um sich dem entgegenzustellen, was sie als neuen Kalten Krieg sehen“.[24] Im Rolling Stone zitierte Matt Taibbi Blumenthal aus einer Gruppe von Journalisten, die eine, wie er es nannte, „gesunde“ Skepsis gegenüber Russiagate geäußert hätten.[26] Blumenthal beschrieb Russiagate in einem Artikel für Truthdig als „eine bösartige Gegenreaktion“ (vicious backlash) gegen Trumps „Schritte zur Entspannung“ mit Russland.[27] In einem Artikel der ukrainischen Fact-Checking-Organisation StopFake aus dem Jahr 2018 wurde Blumenthal als „pro-russischer amerikanischer Journalist“ bezeichnet, der „russische Propaganda fördert“.[28]
Sławomir Sierakowski, der Chefredakteur des polnischen Magazins Krytyka Polityczna, nahm Blumenthal 2014 in einen Meinungsartikel der New York Times mit dem Titel „Putin’s Useful Idiots“ (Putins nützliche Idioten) auf. Sierakowski erörterte Blumenthals Aussage, dass die „offen pro-nazistische Politik“ der ukrainischen Partei Swoboda und ihres Führers Oleh Tjahnybok „Senator John McCain nicht davon abgehalten hat, eine Rede auf einer Euromaidan-Kundgebung zu halten“, und „die stellvertretende Außenministerin Victoria Nuland nicht daran gehindert hat, im Februar dieses Jahres ein freundliches Treffen mit dem Swoboda-Führer zu genießen“. Er sagte, dass Blumenthals Erklärung „verzerrt, wie diese Dinge funktionieren. Eine ganze Reihe westlicher politischer Führer reiste zum Euromaidan, und praktisch alle wurden mit Herrn Tjahnybok fotografiert.“[29]
2009 erschien das erste Buch von Blumenthal, Republican Gomorrah: Inside the Movement that Shattered the Party. Das Werk platzierte sich auf der Bestsellerliste der New York Times.[34] Das Buch ist von der Arbeit des deutschen Psychoanalytikers Erich Fromm - insbesondere seinem Werk Die Furcht vor der Freiheit - inspiriert: Fromm hatte sich intensiv mit der Analyse der Persönlichkeit jenes Menschenschlages befasst, der mit Begeisterung die eigene Freiheit preisgibt, indem er sich mit autoritären Zielen und mächtigen Führergestalten identifiziert.[35]
In seinem Buch versucht Blumenthal eine Bestandsaufnahme und Zustandsbeschreibung der amerikanischen religiösen Rechten am Ende der 2000er Jahre und ihres Einflusses auf die Republikanische Partei. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass das bestimmende Kennzeichen der amerikanischen „radikalen Rechten“ zu dieser Zeit darin bestand, dass ihre Angehörigen in einer „Kultur der persönlichen Krise“ („culture of personal crisis“) stecken würde, die ihr Handeln motivieren würde.[36] In einem Interview von 2009 brachte Blumenthal seine Ergebnisse auf die Formel, dass die Republikanische Partei zur damaligen Zeit von „dysfunktionalen Persönlichkeiten, denen die Befähigung sich selbst zu zügeln, fehlt, vereinnahmt“ werden würde („The GOP has become subsumed by dysfunctional personalities with no capacity for restraining themselves“). Den maßgeblichen Leuten der Partei sei die Fähigkeit, sich zurückzuhalten, abhandengekommen, weil sie sich entweder „hysterisch ausleben“ (acting out hysterically) würden, oder weil „hinterhältige Triebe“ (devious urges) sie hierzu treiben würden. Unter den tonangebenden Figuren der (religiösen) Rechten seien, so Blumenthal, viele „innerlich zerrissene Persönlichkeiten“ (internally conflicted figures), wie zum Beispiel Newt Gingrich oder Ted Haggard, die „immer neue und zunehmend bizarre Skandale produzieren“ („will continue to produce new and increasingly bizarre scandals“) würden. Und für diese Leute sei die „rechtsgerichtete politische Kreuzzüglerei“ (right-wing political crusading) ganz einfach eine „Form der Selbstmedikation“ („a form of self-medication“).[37]Paul Begala nannte Blumenthals Erstlingswerk ein „wichtiges“ Buch.[38]
Blumenthals zweites Buch, Goliath, wurde vom amerikanischen Historiker und Journalisten Eric Alterman in seiner politischen Kolumne für The Nation als „leichtfertig konstruierte Klage gegen den jüdischen Staat“ kritisiert, die „wahrscheinlich alle außer die fanatischsten anti-zionistischen Extremisten“ befremden werde.[39]James Fallows schrieb demgegenüber in der Zeitschrift The Atlantic, dass das Buch „genausowenig 'anti-israelisch', geschweigedenn denn antisemitisch“ sei, wie die literarischen Klassiker „The Shame of the Cities, The Jungle und The Grapes of Wrath antiamerikanisch waren, weil sie auf Extremerscheinungen und Verfehlungen in der amerikanischen Gesellschaft hinwiesen“ ([Goliath] is no more 'anti-Israel', let alone anti-Semitic, than The Shame of the Cities, The Jungle, and The Grapes of Wrath were anti-American for pointing out extremes and abuses in American society.).[40] Larry Gross bewertete das Buch als eine „unerbittliche Parade von Fakten - Einzelheiten, Namen, Orten, Ereignissen - die in ihrer Summe ein Gemälde von Schmerz, Verzweiflung und Ungerechtigkeit“ (a relentless parade of facts - details, names, places, events - that add up to a portrait of pain and despair and injustice) formen würden, das die Lebensrealität der Palästinenser in der Gegenwart sei.[41] Und John Hudson kennzeichnete das Werk in Foreign Policy als „eine Anklageschrift gegen Israels Umgang mit den Palästinensern“ ([an] indictment of Israel's treatment of Palestinians).[42]
Auch Blumenthals viertes Buch The Management of Savagery: How America's National Security State Fueled the Rise of Al Qaeda, ISIS and Donald Trump, das 2019 bei Verso Books erschien, war umstritten: Das Buch stellte eine kritische Gesamtschau der amerikanischen Außenpolitik während der vorangegangenen zwanzig Jahre dar. Lydia Wilson vertrat in ihrer Besprechung im Times Literary Supplement die Auffassung, dass Blumenthal „überspannen“ (overstate) würde, indem er bei seiner Darstellung der amerikanischen Verstrickung in verschiedene Kriege während der von ihm betrachteten Zeitspanne mit „irreführenden und einseitigen Beispielen“ ([works] with misleading or one-sided examples) arbeiten würde. Sie fand, dass Blumenthals Analyse in einem Ausmaß und mit genügend großer Regelmäßigkeit in die Richtung eines „ausgereiften Verschwörungsdenken“ („full-scale conspiracy“) abkippen würde, dass der „sorgfältige Leser“ (careful reader) es als einen nicht-adäquaten Versuch zur Bewältigung der Materie „abtun“ (dismiss) könnte.[43] Der Pulitzer-Preisträger Chris Hedges, der das Werk für Trudhdig rezensierte, fand es demgegenüber „voll von Einsichten“ (insightful).[44] Und Nasser Baston stellte in seiner Besprechung in der britischen Zeitung Morning Star fest, dass die Monographie ein „nützliches Gegenmittel“ (useful antidote) zu den „Fluten von pro-imperialistischem Unfug“ (torrents of pro-empire bilge) sei, die die Sicht auf die amerikanische Außenpolitik in konservativen und liberalen Medien dominieren würden.[45]
Sonstige Rezeption Blumenthals
Das Simon Wiesenthal Center führte Blumenthal im Jahr 2013 in seiner Liste „Top Ten der antisemitischen/anti-israelischen Verleumder“, weil er Israelis und Nazis gleichgesetzt habe.[46] Blumenthal, der selber Jude ist, weist den Vorwurf des Antisemitismus von sich.[12] Den Antisemitismus-Vorwurf, wie er von Stellen, wie dem Wiesenthal Center, erhoben wird, sieht Blumenthal als durch seine Kritik am Staat Israel und seiner Politik motiviert an. Er hält seinen Detraktoren dabei entgegen, dass diese in ungehöriger Weise legitime Israel-Kritik, wie er sie übt, und Antisemitismus miteinander vermengen würden. Während einer Rede, die er während des Treffens der kanadischen Sektion des PEN-Klubs im Februar 2016, hielt, erklärte Blumenthal hierzu: „Gewisse Gruppen [...] haben beschlossen, in der Weise vorzugehen, dass sie mich zu einem Antisemiten erklären, dass sie erklären, dass ich allen Ernstes Juden hasse. Tatsächlich verhält es sich aber so, dass ich gemäß den Geboten des Judaismus [meiner Religion] lebe. Doch das ist für diese Leute irrelevant. Denn, soweit es sie anbelangt, darf man [als Jude] zwar anderer Meinung sein als Moses, aber man darf nicht anderer Meinung sein als König Bibi [ Benjamin Netanjahu ].“ (What certain groups [...] decided to do is to declare me an anti-Semite, that I actually hate Jews. [He explained:] However I decide to observe Judaism is irrelevant, because in their view, you can disagree all you want with Moses, but you can't disagree with King Bibi [Benjamin Netanyahu].).[47]
Eine mit Blumenthal geplante Veranstaltung bildete den Anlass der Toilettenaffäre, bei der Gregor Gysi, der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke, von Blumenthal und dessen Kollegen David Sheen im Reichstagsgebäude bedrängt wurde. In der Folge wurde den beiden Journalisten ein Hausverbot erteilt.[48]
Die Journalisten Bethany Allen-Ebrahimian und Caitlin Thompson werfen Blumenthal vor, dass er im chinesischen Staatsrundfunk Interviews gebe und oft Belege infrage stelle, die das Ausmaß der Unterdrückung der Uiguren in Xinjiang belegen sollen.[49][50]
Ehe und Familie
Blumenthal ist seit 2020 mit der indischstämmigen[51] Journalistin und Buchautorin Anya Parampil verheiratet. Diese hat zuvor u. a., von 2014 bis 2018, bei dem Sender RT America gearbeitet, für den sie die Nachrichtensendung In Question moderierte[52] und in jüngerer Zeit (2024) eine Monographie über den gescheiterten Umsturz in Venezuela im Jahr 2019 veröffentlicht.[53] Aus der Ehe ist eine Tochter hervorgegangen.
Republican Gomorrah: Inside the Movement that Shattered the Party. New York: Nation Books, 2009. ISBN 978-1-56858-398-3
Goliath: Life and Loathing in Greater Israel. New York: Nation Books, 2013. ISBN 978-1-56858-634-2
The 51 Day War: Ruin and Resistance in Gaza. New York: Nation Books, 2015. ISBN 978-1-56858-511-6
The Management of Savagery: How America's National Security State Fueled the Rise of Al Qaeda, ISIS, and Donald Trump. London, New York: Verso Books. ISBN 978-1-78873-228-4
↑Joseph Menn: News site editor’s ties to Iran, Russia show misinformation’s complexity. In: Washington Post. 4. Juni 2024, ISSN0190-8286 (washingtonpost.com [abgerufen am 31. August 2024]).
↑Slawomir Sierakowski: Opinion | Putin’s Useful Idiots. In: The New York Times. 28. April 2014, ISSN0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 5. Juli 2023]).