María Felicia wuchs in einer Musikerfamilie mit spanischen Wurzeln auf. Sie war die Tochter des spanischen Tenors, Belcanto-Lehrers und Komponisten Manuel del Pópulo Vicente García und der Sopranistin Joaquina Sitches (La Briones). 1807 nahm Manuel García seine Frau Manuela Morales und seine Geliebte Joaquina Sitches mit nach Frankreich. Morales verließ ihren de facto bigamen Ehemann und kehrte nach Spanien zurück. Unter Verheimlichung seiner ersten Ehe gelang es Manuel García, Briones nach Morales’ Abreise und der Geburt von María Felicia zu heiraten.
María Felicia lernte zunächst Gesang bei ihrem Vater. Im Alter von fünf Jahren sang sie eine Kinderrolle in Ferdinando PaërsAgnese in Neapel. Ihr Debüt gab sie in London im Jahr 1825 am King’s Theatre als Rosina in Der Barbier von Sevilla. Sie sprang ganz kurzfristig für Giuditta Pasta ein. Am Ende der Saison ging ihre Familie nach New York, um dort zusammen italienische Opern aufzuführen. Die Garcías brachten als amerikanische Erstaufführung Mozarts Don Giovanni auf die Bühne mit María als Zerlina.
In New York lernte María den 27 Jahre älteren Bankier François Eugène Malibran kennen, den sie sofort heiratete. Nur wenige Monate nach ihrer Hochzeit ging ihr Ehemann bankrott, und María Malibran musste ihn mit der Gage für ihre Auftritte finanziell unterstützen. Nach einem Jahr trennte sie sich von ihrem Gatten und ging zurück nach Europa. In Paris wurde sie zum umschwärmten Star. Zwischendurch gastierte sie immer wieder in England und Belgien. 1832 ging sie nach Italien. Dort eroberte sie die großen Opernbühnen von Rom, Neapel, Mailand, Venedig und Bologna, sang aber auch in zahlreichen kleineren Städten.
María Malibran verliebte sich in den belgischen Geiger und Komponisten Charles-Auguste de Bériot (1802–1870) und lebte mit diesem sechs Jahre lang in „wilder Ehe“ zusammen, ehe sie ihn 1836 in Paris heiratete. 1833 ging aus ihrer Verbindung ein Sohn hervor, Charles-Wilfrid de Bériot (1833–1914), der spätere Pianist und Lehrer von Maurice Ravel.
Ende April 1836 fiel María Malibran im Londoner Hyde Park von ihrem Pferd und verletzte sich dabei so schwer, dass sie sich hiervon nicht wieder erholte. Sie lehnte es jedoch ab, ihre Verletzungen von einem Arzt behandeln zu lassen. Sie sang weiterhin die Amina in BellinisLa sonnambula, bevor sie nach Brüssel zurückkehrte. Im Sommer gab sie mit ihrem Ehemann in Lüttich und Aachen[1] Konzerte, bevor sie im September zum Festival von Manchester reiste, wo sie mit Rosalbina Carradori im Duo sang.[2] Am nächsten Tag verlor sie das Bewusstsein und starb in Manchester fünf Monate nach ihrem Unfall.
María Malibran war nicht nur eine außergewöhnliche Sängerin. Sie komponierte, spielte hervorragend Klavier und Harfe, malte, zeichnete, stickte und schneiderte teilweise ihre Kostüme selbst. Ihre Briefe gelten als (literarische) Kunstwerke, die von einer sehr originellen Ausdrucksweise, Esprit und einem scharfen Verstand geprägt sind.
Als sie zu Grabe getragen wurde, säumten 50.000 Personen die Straßen in Manchester. Ihre letzte Ruhestätte fand sie in Brüssel auf dem Friedhof Laken neben der Kirche Notre-Dame de Laeken. Auf der Marmorplatte ihrer Grabstelle steht: „Schönheit, Genie und Liebe waren die Namen dieser Frau.“
Rezeption
Der deutsche Filmemacher Werner Schroeter drehte 1971 einen Fernsehfilm über ihr Leben mit dem Titel Der Tod der María Malibran. Die Mezzosopranistin Cecilia Bartoli hat dieser großen Sängerin, ihrem Vorbild, eine CD gewidmet und dafür u. a. auch deren kompositorische Werke erstmals eingesungen: Maria (Decca 2007). Eine Wanderausstellung mit Exponaten von und über La Malibran in einem modernen Sattelzug begleitete ihre Tournee in acht europäischen Ländern in den Jahren 2007 und 2008.[3]
Kompositionen
Spread Thy Light Wings (Lied)
Rataplan (Lied)
La visita della morte
Addio a Nice (Canzonetta)
Il Silfo
Il mattino
La Morte
Il gondoliere
Il ritrovo
Variazioni di bravura
Literatur
Howard Bushnell: Maria Malibran. A Biography of the Singer. Pennsylvania State University Press, Pennsylvania 1979, ISBN 0-271-00222-0.
Anke Charton: Maria Malibran. In: Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Präsentationen. Hochschule für Musik und Theater Hamburg, Hamburg 2015, S.2003ff.
Björn Dorbusch: Sängerinnenwettstreit: diskursive Funktionen des Vergleichs von Maria Malibran und Wilhelmine Schröder-Devrient. In: Saskia Maria Woyke, Katrin Losleben, Stephan Mösch, Anno Mungen (Hrsg.): Singstimmen: Ästhetik – Geschlecht – Vokalprofil. Königshausen & Neumann, Würzburg 2017, ISBN 3-8260-5577-2, S.255–276.
Rebecca Grotjahn: ‚The most popular woman in the world.‘ Die Diva und die Anfänge des Starwesens im 19. Jahrhundert. In: Rebecca Grotjahn, Dörte Schmidt, Thomas Seedorf (Hrsg.): Diva – Die Inszenierung der übermenschlichen Frau: Interdisziplinäre Untersuchungen zu einem kulturellen Phänomen des 19. und 20. Jahrhunderts. Edition Argus, 2011, ISBN 978-3-931264-57-4, S.74–97, besonders S. 81f.
April Fitzlyon: Maria Malibran. Diva of the Romantic Age. Souvenir Press, London 1987, ISBN 0-285-65030-0.
Isaac Nathan: Madame Malibran. Biographische Skizze. Basse, Quedlinburg 1837 (uni-muenster.de [PDF; 18,0MB] nach dem Englischen von Albert von Treskow.).
Arthur Pougin: Marie Malibran. Histoire d'une cantatrice. Plon-Nourrit, Paris 1911.
Cecilia Bartoli – Maria Malibran. Geschichte einer Leidenschaft. Dokumentarfilm, Deutschland, 2008, 53 Min., Buch und Regie: Michael Sturminger, Produktion: WDR, Erstsendung: 22. Dezember 2008 bei arte. (In Begleitung von C. Bartoli erhält der Zuschauer Einblicke in das Leben und Wirken der Malibran.)
↑Catherine Clément: Die Frau in der Oper. Besiegt, verraten und verkauft. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1994, S.61 (aus dem Französischen von Annette Holoch).