Die Luftwaffenbasis Palmachim (hebräisch בָּסִיס [חֵיל הָאֲוִיר] פַּלְמַחִים Bassīs [Chejl ha-Awīr] Palmachīm, deutsch ‚[Luftstreitkraft-]Basis Palmachim‘, englischPalmachim Airbase, ICAO-Code: LLPL) besteht aus einem Militärflugplatz der Israelischen Luftwaffe (IAF) und einem Raketenstartplatz, den die Luftwaffe und die Israelische Raumfahrtagentur (ISA) gemeinsam betreiben.[1] Flugplatz und Raketenstartplatz liegen direkt am Mittelmeer, südlich des KibbuzPalmachim. Etwa 12 Kilometer weiter nördlich beginnt der Ballungsraum Gusch Dan mit Tel Aviv-Jaffa. Der Flugplatz, auf dem aktuell nur Drohnen und Transporthubschrauber stationiert sind, hat drei unterschiedlich lange Start- und Landebahnen, und der Raketenstartplatz befindet sich südwestlich von diesem (31° 53′ 4,8″ N, 34° 40′ 47,5″ O31.88467834.679859).
Der Flugplatz wurde in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre vom späteren Kommandeur der IAF Benjamin „Benny“ Peled eingerichtet und das Gelände zunächst genutzt, um Raketen und Geschosse zu testen, die die 151. Staffel für Raketentests in Richtung Meer abfeuerte.[2][3]
Hubschrauber
1979 wurde die 160. Staffel „First Cobra/Southern Cobra“ mit AH-1 CobraTzefa Angriffshubschraubern vom Militärflugplatz Tel Nof hierher verlegt, nachdem diese bereits ab 1975 dort stationiert war. 1981 kam von dort die 124. Staffel „Rolling Sword“ mit Bell 212 IroquoisAnafa Hubschraubern hinzu – auch UH-1N oder Twin Huey genannt wegen der zwei Turbinen. 1985 wurde mit der 161. Staffel „Northern Cobra“ eine zweite Staffel mit Cobras neu ins Leben gerufen, die alle im nördlichen Bereich der Basis angesiedelt waren. Aufgrund ihrer Lage zueinander nannte man sie „Northern Cobra“ und „Southern Cobra“ Squadron. 2013 wurden beide Cobra-Staffeln schließlich stillgelegt.
Die 124. Staffel „Rolling Sword“ wurde in den 1950er Jahren auf dem Militärflugplatz Tel Nof als erste Hubschrauber-Staffel in Israel ins Leben gerufen und flog u. a. ab 1956 den Sikorsky S-55 und ab 1958 den etwas größeren Sikorsky S-58. 1962 verkaufte der damalige deutsche VerteidigungsministerFranz Josef Strauß 24 moderne S-58 nach Israel[4], die dann ab Ende der 1960er Jahre durch Bell 205 und Bell 212 ergänzt und schließlich ersetzt wurden, nachdem im Sechstagekrieg einige S-58 verloren gegangen waren. Im Jahr 1981 zog die Hubschrauber-Staffel nach Palmachim um.[5]
Israel setzte schon früh auf die Entwicklung von Drohnen und wurde neben den USA eine der führenden Nationen auf diesem Gebiet. Der Stützpunkt Palmachim nahm dabei eine besondere Rolle ein. Die 200. Staffel „First UAV“ wurde bereits 1971 hier gegründet und durchlebte alle Stadien dieser Entwicklung.[6]
Ab Mitte der 1990er Jahre begann die Erprobung und Einführung der DrohneIAI Heron 1 Shoval, kurz danach der Elbit Hermes 450Zik und schließlich ab 2009 von deren Nachfolger Hermes 900Kochav, jeweils mit eigenen Staffeln (siehe auch unter „Einheiten“).
Von Mitte der 1990er bis 2023 hier stationiert: Heron 1Shoval Drohnen
2010 errichtete Drohnen-Hangars auf der Palmachim Airbase
Drohnen-Operator der 147. Staffel „Goring Ram“ auf Palmachim
Im Januar 2023 wurde die 200. Staffel „First UAV“ mit den Heron 1 Shoval Drohnen zum Militärflugplatz Chazor verlegt.[7]
Anfang April 2024 wurde hier die 147. Staffel „Goring Ram“ zum vierten Mal wiedereröffnet, diesmal mit Hermes 900Kochav Drohnen.[8] Damit sind aktuell drei Drohnenstaffeln auf Palmachim stationiert.
Arrow-2-Abwehrraketen
Die erste einsatzbereite Arrow-2-Raketenbatterie Israels wurde im Jahr 2000 südöstlich der Luftwaffenbasis installiert (31° 53′ 5,1″ N, 34° 42′ 14,1″ O31.88473734.703916).[9][10] Für die Zielerfassung und -verfolgung nutzt sie auf dem Militärflugfeld Ein Schemer – gemeinsam mit den dortigen Arrow-2-Raketen und weiteren auf der Luftwaffenbasis Sdot Micha – das dortige Super-Green-Pine-Radar mit 1000 Kilometer Reichweite. Die Arrow-2-Rakete war in den 1990er Jahren von Israel gemeinsam mit den USA zur Abwehr größerer Raketen entwickelt worden. Das Arrow-System wird vom Israeli Air Defense Command betrieben, das auf Palmachim seinen Sitz hat. Dieses Kommando ist eine Abteilung der IAF bzw. der Israeli Air and Space Force und ergänzt die Flugzeugstaffeln auf den Basen der Luftwaffe (siehe Fotos in der Galerie).[11][12]
Ein mobiler Arrow-2-Launcher, wie er mehrfach südöstlich der Airbase stationiert ist
Ein Arrow-2-Teststart südlich der Basis am 12. August 2020
Kommandowechsel des Air Defense Command auf der Palmachim Airbase im April 2021
Das Wappen des Israeli Air Defense Command auf Palmachim
Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023
Seit dem 7. Oktober 2023 sind die Drohnen von Palmachim und anderen israelischen Militärbasen (Tel Nof, Chazor, Ramat David) rund um die Uhr über dem Gazastreifen in der Luft, um einerseits Informationen zu sammeln, als auch Angriffe mit gelenkten Waffen durchzuführen. In Zusammenarbeit mit den Bodentruppen werden diese bei ihrem Vorrücken unterstützt, was laut israelischer Analysen in diesem Ausmaß und in dieser Qualität ein Novum in der modernen Kriegsführung darstellt.[13]
Einheiten
123. Staffel „Desert Birds“ – UH-60 Black HawkYanshuf Transport- und Rettungshubschrauber[14][15]
124. Staffel „Rolling Sword“ – UH-60/S-70A Black Hawk Yanshuf Transport- und Rettungshubschrauber[5]
147. Staffel „Goring Ram“ – Hermes 900Kochav Drohnen, Anfang April 2024 wiedereröffnet[8]
UH-60 Black HawkYanshuf der 123. Staffel „Desert Birds“ (gelbes Symbol am Heck) im Mai 2012
UH-60 Black Hawk Yanshuf der 124. Staffel „Rolling Sword“ (rotes Symbol am Heck) im April 2023
Wiedereröffnung der 147. Staffel „Goring Ram“ mit der Hermes 900Kochav, April 2024
Emblem der 151. Staffel für Raketentests auf der Palmachim Airbase
Hermes 450Zik der 161. Staffel „Black Snake“ im Mai 2017 von der Palmachim Airbase
Start einer Hermes 900Kochav der 166. Staffel „Fire Birds“ im Mai 2021 von Palmachim
Die Einheit 669 trainiert die Rettung aus dem Meer mit einem Black-Hawk-Hubschrauber im September 2008
Training der Jechidat Schaldag, Spezialeinheit „Eisvogel“ der IAF, im September 2022
Hinweis: Flugzeuge der IAF lassen sich meist über die Symbole am Heck ihrer jeweiligen Staffel zuordnen.
Zwischenfälle
Die AH-1 CobraTzefa Angriffshubschrauber der seit 1975/79 bzw. 1985 bestehenden beiden Staffeln auf Palmachim waren irgendwann in die Jahre gekommen, und es ereigneten sich mehrere zum Teil tödliche Unfälle. Ab 1990 standen sie zudem in Konkurrenz zu den neueren AH-64 Apache, sodass schließlich im Laufe des Jahres 2013 alle Cobras stillgelegt wurden. Außerdem waren die ebenfalls auf Palmachim stationierten Drohnen (UAVs) immer leistungsfähiger geworden, sind wesentlich günstiger in Anschaffung und Unterhalt und gefährden nicht mehr das Leben von Piloten.
Am 15. März 1998 ereignete sich bei einer AH-1 CobraTzefa während des Fluges ein Explosion, was zum Absturz der Maschine über dem Meer vor der Küste Israels führte. Beide Piloten konnten nur noch tot geborgen werden.[22]
In der Nacht zum 12. März 2013 stürzte eine AH-1 CobraTzefa auf ein Feld beim KibbuzRevadim in Zentralisrael. Beide Piloten kamen bei dem Unglück ums Leben. Der Hubschrauber befand sich nach einer Übung auf dem Rückflug zum Stützpunkt Palmachim. Er fing beim Absturz kein Feuer und so konnte die Unglücksstelle erst am frühen Morgen entdeckt werden. Die IAF ordnete anschließend eine Untersuchung an, und bis auf weiteres erhielten alle anderen AH-1 Hubschrauber Startverbot.[23] Etwa fünf Wochen später wurde als Unfallursache der Bruch eines hinteren Rotorblattes ermittelt, was auf Materialermüdung hinweist.[24]
In der Nacht vom 10. auf den 11. September 2024 stürzte ein UH-60 Black HawkYanshuf von Palmachim bei einem Rettungseinsatz der Einheit 669 in der Nähe von Rafah im südlichen Gazastreifen ab. Zwei Soldaten wurden getötet, sieben weitere zum Teil schwer verletzt. Man geht bisher davon aus, dass der Hubschrauber nicht durch feindlichen Beschuss zum Absturz gebracht wurde. IAF-Kommandeur GeneralmajorTomer Bar berief eine Untersuchungskommission ein.[25]
Raketen und Raumfahrt
Mit dem Start des Satelliten Ofeq 1 von Palmachim am 19. September 1988 begann für Israel die Raumfahrt von eigenem Territorium aus. Eine neuere Satellitenversion wurde erstmals am 13. September 2016 als Ofeq 11 gestartet. Die Satelliten werden mit der Shavit-Rakete in den Orbit gebracht und dienen überwiegend der militärischen Aufklärung.
Auch Teststarts der nuklear bestückbaren Jericho-Raketen erfolgten von hier, wozu es allerdings keine offiziellen Äußerungen gibt.[26] Im Januar 2008 testete Israel hier eine mehrstufige ballistische Rakete, von der man annimmt, dass es eine Jericho-III-Rakete war, die Atomsprengköpfe etliche 1000 km weit tragen kann.[27] Im November 2011 testete Israel erneut erfolgreich eine vermutlich verbesserte Version der Jericho III, deren lange Rauchsäule in ganz Zentralisrael zu sehen war.[28] Im Dezember 2019 testete Israel wiederum von Palmachim aus eine Rakete, von der man annimmt, dass sie eine Weiterentwicklung der Jericho-Rakete ist.[29]
Aufgrund der geografischen Lage Israels und feindseliger Beziehungen zu den Nachbarländern starten die Raketen nach Westen über das Mittelmeer. Damit wird ein Überfliegen feindlicher Länder vermieden und verhindert, dass bei einem Absturz Teile auf besiedelte Gebiete fallen. Die gestarteten Satelliten befinden sich auf nichtäquatorialen Bahnen und gehören zu den wenigen Erdsatelliten, welche die Erde in Ost-West-Richtung umkreisen. Der Start gegen die Erdrotation verursacht einen um ca. 30 % höheren Treibstoffverbrauch.
Das Datum ist jeweils in israelischer Ortszeit angegeben.
Umgebung
Direkt östlich des Geländes wurde noch vor dem Flugplatz ab dem Jahr 1960 das Kernforschungszentrum Sorek errichtet, das auf seinem Gelände einen Forschungsreaktor, ein Zyklotron und einen Linearbeschleuniger beherbergt. Es wurde damals von den USA geliefert und ist nicht geeignet zum Bau von Atombomben, sondern dient der Grundlagenforschung.
↑The First UAV Squadron. In: WayBack-Machine: IAF-Website. 23. Juli 2023, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Juli 2023; abgerufen am 28. Februar 2024 (englisch).