Nirenberg gilt als einer der herausragenden Analytiker des 20. Jahrhunderts.[4] Er lieferte fundamentale Beiträge zur Theorie linearer und nichtlinearer partieller Differentialgleichungen und ihren Anwendungen in Differentialgeometrie und komplexer Analysis.
wobei Integration und Mittelwerte in Würfeln mit Volumen betrachtet werden und eine Konstante ist. Sie zeigten,[5] dass diese von „exponentieller Klasse“ sind (mit einer Konstanten ):
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Mit Luis Caffarelli und Robert V. Kohn untersuchte er die möglichen Singularitäten[6] in den Navier-Stokes-Gleichungen (ein Problem, das noch weitgehend offen ist und in die Liste der Millennium-Probleme des Clay Mathematics Institutes aufgenommen wurde).[7] Sie charakterisierten sie durch die Rate der Konzentration der Energiedichte um die möglichen singulären Punkte und zeigten, dass das 1-dimensionale Hausdorff-Maß der singulären Punkte in drei Raumdimensionen verschwindet. Dabei bauten sie auf den Arbeiten von Vladimir Scheffer ab Mitte der 1970er Jahre auf.[8]
Mit seinem Doktoranden August Newlander charakterisierte er komplexe Strukturen unter fast komplexen Strukturen im (Satz von Newlander-Nirenberg).[9] Sie zeigten, dass Integrabilitätsbedingungen, die die Cauchy-Riemann-Gleichungen im Fall verallgemeinern, nicht nur notwendig, sondern auch hinreichend sind. Wie sich Nirenberg erinnert, wurde er zu diesem Problem von André Weil und Shiing-Shen Chern inspiriert – insbesondere Weil forderte die sich mit partiellen Differentialgleichungen beschäftigenden Analytiker dazu heraus, auch einmal in seiner Sicht wirklich fundamentale Probleme, in diesem Fall ein lange offenes Problem aus der komplexen Analysis, in Angriff zu nehmen. Mit dem Satz von Newlander-Nirenberg bewies er mit Kodaira und Donald Spencer Existenzsätze über die Deformation komplexer Strukturen.[10]
In einer Arbeit von 1965 mit Joseph Kohn führte er Pseudodifferentialoperatoren ein.[11] Nach eigenen Aussagen[12] war dies ein Nebenprodukt ihrer Arbeit über das -Neumannproblem, das bis dahin nicht veröffentlichte Ergebnisse über die Algebra singulärer Integraloperatoren verlangte.
Kennzeichen der Arbeiten von Nirenberg ist (wie schon bei seinem Lehrer Kurt Friedrichs, den Nirenberg in einem Interview 2002 als den Mathematiker bezeichnete, der ihn am meisten beeinflusste[13]) häufig eine kunstvolle Anwendung von Ungleichungen, beispielsweise in der Arbeit mit Avron Douglis und Shmuel Agmon über Abschätzungen bei Randwertproblemen elliptischer partieller Differentialgleichungen,[14] in der sie auf Arbeiten von Juliusz Schauder aufbauten. Er selbst sah sich nicht als Begründer von Theorie-Gebäuden, sondern als Problem-Löser.[15]
Ehrungen und Mitgliedschaften
Er wurde mit zahlreichen Ehrungen und Preisen ausgezeichnet, zunächst 1959 mit dem Bôcher Memorial Prize der AMS für „herausragende Leistungen in der mathematischen Analysis“. 1962 hielt er einen Plenarvortrag auf dem Internationalen Mathematikerkongress in Stockholm (Some Aspects of linear and nonlinear partial differential equations). Er war Guggenheim Fellow (1966) und Sloan Fellow und erhielt den „Award of Excellence in Science and Technology“ der Stadt New York. 1982 erhielt er als erster Preisträger (gemeinsam mit Vladimir I. Arnold) den schwedischen Crafoord-Preis, 1994 den Leroy P. Steele Prize der American Mathematical Society, 1995 die National Medal of Science sowie im Jahre 2010 die erste Chern-Medaille der IMU. Für 2014 wurde ihm der Leroy P. Steele Prize zugesprochen für seine Arbeit mit Robert V. Kohn und Caffarelli von 1982.[16] 2015 erhielt er mit dem Abelpreis einen der wichtigsten Mathematikpreise überhaupt.
Lectures on linear partial differential equations. In: Conference Board of the Mathematical Sciences of the AMS. American Mathematical Society, Providence (Rhode Island) 1973.
Functional Analysis. Courant Institute 1961.
Topics in Nonlinear Functional Analysis. Courant Institute 1974.
Partial differential equations in the first half of the century, in Jean-Paul PierDevelopment of mathematics 1900-1950, Birkhäuser 1994
Literatur
Brit Shields, Michael J. Baranyi: Obituary: Louis Nirenberg (1925-2020), Nature, Band 578, 17. Februar 2020, S. 359, Online
Robert V. Kohn, Yanyan Li (Herausgeber): Louis Nirenberg (1925-2020), Notices AMS, Juni/Juli 2021, Band 68, S. 959–979
↑Fritz John, Louis Nirenberg: On functions of bounded mean oscillation. In: Comm. Pure Applied Math. Band 14, 1961, Seiten 415–426.
↑singuläre Mengen für schwache Lösungen der Navier-Stokes-Gleichungen; die Betrachtung schwacher Lösungen verfolgte zuerst Jean Leray, der in drei Dimensionen ihre Existenz bewies
↑Luis Caffarelli, Robert V. Kohn, Louis Nirenberg: Partial regularity of suitable weak solutions of the Navier-Stokes Equations. In: Comm. Pure Applied Math. Band 35, 1982, Seiten 771–831.
↑Siehe die Darstellung von Fefferman Millennium Problem Navier-Stokes-Gleichungen, PDF-Datei (Memento vom 13. Juni 2010 im Internet Archive). Der Beweis des Satzes von Caffarelli, Kohn, Nirenberg ist von F.-H. Lin (A new proof of the Caffarelli-Kohn-Nirenberg Theorem. In: Comm. Pure and Applied Mathematics. Band 51, 1998, Seiten 241–257) vereinfacht worden.
↑A. Newlander, Louis Nirenberg: Complex analytic coordinates in almost complex manifolds. In: Annals of Mathematics. Band 65, 1957, Seiten 391–404.
↑Kunihiko Kodaira, Donald Spencer, Louis Nirenberg: On the existence of deformations of complex analytic structures. In: Annals of Mathematics. Band 68, 1958, Seiten 450–459.
↑Kohn, Nirenberg An algebra of pseudodifferential operators, J. Pure Applied Mathematics, Band 18, 1965, S. 269–305
↑Interview, Notices AMS 2002, Nr. 4, S. 442. His view of mathematics very much formed my view... He was a great lover of inequalities, and that affected me very much.
↑Agmon, Douglis, Nirenberg „Estimates near the boundary of solutions of elliptic partial differential equations under general boundary conditions“, Comm.Pure Applied Math., Bd. 12, 1959, S. 623–727
↑Caffarelli, Kohn, Nirenberg Partial regularity of suitable weak solutions of the Navier-Stokes equations, Communications Pure and Applied Mathematics, Band 35, 1982, S. 771–831