Die Kalksandsteine aus den Steinbrüchen von Au, Loretto und Stotzing wurden wegen ihrer Homogenität und des Abbaues von großen Steinblöcken seit dem Mittelalter als Bildhauersteine im Wiener Raum verwendet. Ein feinkörniger, ziemlich harter, sehr poröser, licht beingelber Kalksandstein mit dem Typusnamen Auerstein[1], stark ähnlich mit dem Lorettokalk, der einzelne Bänke von solcher Korngröße hat. Der Loretto-Stotzinger Stein ist meist übersät mit kleinen schwarzen Manganflecken.[2]
In der Region von Au, Stotzing und Loretto am Leithagebirge befinden sich zahlreiche, zum Teil sehr alte Steinbrüche in Kalkareniten und Kalkruditen des Neogen. Dieses in der Natur als geologische Einheit gewachsene Steinbruchgebiet ist trotz seiner Zugehörigkeit zu verschiedenen Gemeinden, Au/Stotzing/Loretto, zwei Bundesländern Niederösterreich und Burgenland, und bis 1921 zu zwei Staaten, Österreich und Ungarn, gehörig immer als zusammenhängende Einheit zu verstehen.
Um 1830 waren 5 Steinbrüche in Betrieb, dabei war ein Großteil der Einwohner beschäftigt. Der Hauser-Bruch (ab 1872) lieferte Kalksandstein der sarmatischen Stufe, an den punktförmigen Einlagerungen von braunen Hörnchen (Eisenoxidhydrat) zu erkennen.[3]
Gehörnter Flügeldämon (M), Jüngling I mit Kugel (A)
Wilder Mann (M), Jüngling III mit geknöpftem Hemd (A)
(M) Frau mit Wasserschaff, Jüngling IV (A)
Alte barbusige Frau (A), Kentaur mit Schlange (A)
Widder (M), Junge Frau III (A)
Der Auerstein wurde schon im Mittelalter nach Wien gebracht, im Stephansdom hat der Stein Beständigkeit, im Albertinischen Chor[4], in der Glockenstube der Pummerin, im Nord- und Südturm, in zahlreichen Plastiken.[5]
Älteste Verwendungen dieses Kalksandsteines sind einige jüdische Grabsteine des 13. Jahrhunderts, die in der Stadtmauer von Wiener Neustadt nahe dem Bärenzwinger eingemauert sind.[6]
Im hochmittelalterlichen Teil von Stift Klosterneuburg im Kuchlhof, auch Leopoldihof, die Alte Prälatur (Thomasprälatur). In der ehemaligen Prälatenkapelle, welche Elemente der Gotik und Renaissance vermischt befindet sich ein spätgotisches Maßwerkfenster, das 1609 umgebaut wurde.[7] Die vertikalen Teile der Rahmung, auch die Außenseite des Parapets, erweisen sich als Leithakalksandstein aus dem Auer Gebiet, eventuell auch Breitenbrunner.
In der Kartause Mauerbach besteht u. a. das Portal der Kirchenfassade aus einem Kalksandstein der Region Loretto.[8]
Zum Bau der Stephanskirche waren gewaltige Steinmassen nötig. Die Kirchenverwaltung ließ aus der engsten Umgebung Wiens die „stuck“ brechen. In Hetzendorf, Hietzing, Liesing, auf der Türkenschanze, in Döbling, „bey Heiligstatt“ wurden Steine abgebaut. Auch Sandsteinblöcke des Wienerwaldes wurden zur Baustelle verfrachtet. Der Dornbacher Bruch war mit Mauersteinen angehäuft, „dass man sich nicht wohl rühren vermag, und ist allein des Mangels halber an Fuhrleuten geschehen“, hieß es 1562. In den Steinbrüchen zwischen Au und Mannersdorf, später auch in Breitenbrunn arbeiteten Steinbrecher der Dombauhütte oder Ortsansässige unter ihrer Aufsicht.[11]
Die Steine wurden mit Pferdewagen zugeführt. Die Fuhren vom Leithagebirge aus Mannersdorf und Au umfassen jeweils nur einen Block („stuk“).
Stotzing hat als Ortschaft zu dieser Zeit noch nicht bestanden. Die Gründung durch den schwäbischen Freiherrn Ruprecht von Stotzingen ist um 1593 anzusetzen. Wie auch Stotzing liegt Loretto heute im Burgenland, es ist eine Gründung von Hans Rudolf von Stotzingen um 1644.
Bildergalerie Kalksandstein von Loretto und Stotzing
Die Bauarbeiten für Schloss Schönbrunn begannen 1695/96, um 1700 war der Mittelteil fertig und konnte bewohnt werden. Für den groß angelegten Bau ab 1698 gestaltete sich die Materialbeschaffung ebenso wie die Finanzierung schwierig. Die Lieferanten und Handwerker erklärten sich bereit, die Bezahlung von Materialien und Arbeitsleistungen vorerst zu stunden, wohl nicht damit rechnend, dass ihre Forderungen erst Jahrzehnte später beglichen werden sollten. Dokumentiert sind die Steinmetzmeister Veith Steinböck, Johann Thomas Schilck, beide von Wien, Johann Georg Deprunner von Loretto und Johann Georg Haresleben von Kaisersteinbruch.
Im Rentamtsbuch der Pfarrkirche Pottendorf des Jahres 1713 sind zahlreiche Notizen über die Beschaffung von Baumaterialien vorhanden. Es gibt Vermerke über die Beschaffung von Mauersteinen. Im Wimpassinger Steinbruch wurden 200 Klafter Mauersteine gebrochen.[14][15] An die Steinmetzmeisterin Maria Groß aus Loretto werden laut Rechnung vom 23. Dezember .. wegen der zu dem Neu aufführenden Khürchengebäu verförttigten Stainmetzarbeith ... 23 fl ausbezahlt.
Wiener Karlskirche
Das kaiserliche Hofbauamt vergab für diesen Kirchenbau von Karl VI. die notwendigen Handwerker- und Künstleraufträge, hier die Steinmetzen aus Wien und den üblichen Steinbruch-Zentren. (Auswahl)[16]
Erstlich das untere Postament mit drei Nischen, das Steinwerk ein Schuh dick, wie der Riß aufweist .. 1.160 fl ohne Lieferung
Andertens das obere Postament, worauf die Pyramide, oder Säule zu stehen kommt, die Bildhauerarbeit (Giovanni Giuliani) jeweils ausgenommen .. 460 fl, ohne Lieferung
Steinmetzmeister Georg Deprunner in Loretto, Quittung vom 6. April 1737: „..thue also Ihro Hochwürden und Gnaden über die völlige Summa, deren 250 fl, quittieren und bescheinen.“[18]
Obeliske für den Konventgarten
Meister Georg Deprunner von Loretto erhielt 1737 den Auftrag 2 Obelisken für den Konventgarten zu gestalten. Diese befinden sich im Gasthausgarten.[19]
Diese künstliche Ruine von 1778 war schon sehr baufällig, nach Jahren der Planung erfolgte 1996 eine Restaurierung der „Römischen Ruine“ im Schlosspark von Schönbrunn. In der Bausubstanz der Römischen Ruine kam für den architektonischen Aufbau, wie Säulen, Kapitelle, Friese, Fenstergewände meist St. Margarethener Kalksandstein zur Anwendung, daneben auch Kalksandsteine von Stotzing/Loretto und Zogelsdorf. Das Quadermauerwerk der Zungenmauern besteht auch aus festen Leithakalken, von Kaisersteinbruch, Wöllersdorf und Hundsheim. Ein weiblicher Torso mit Vase aus Stein von Au am Leithaberge oder Stotzing (mit Fragezeichen) war dabei.[20]→Bild
Stift Heiligenkreuz, gegenüber beide Obelisken, Lorettokalk
Römische Ruine, Weiblicher Torso mit Vase Au/Stotzing?
Von 1897 bis 1903 wurde durch Franz Erler und Josef Beyer ein Großteil des Statuenschmucks außen im Bereich des Westportales und des südlichen Nebentores neu geschaffen.
Helmuth Furch 1992/2015: Elias Huegel – Hofsteinmetz.Karlskirche (PDF; 23,9 MB) S. 42 Lieferung von Loretto-Steinplatten 1716, Originalrechnung aus dem Baujournal (Kopie) für Steinmetzmeister Georg Deprunner über 200 fl.
↑Karl Tschank: Die Bedeutung des „Auersteins“ als Bau- und Werkstein im Wandel der Zeit. Enthalten in Rudolf Krauscher (Hrsg.): Au am Leithagebirge. 2002, S. 311–323.
↑ abAndreas Rohatsch: Die Bau- und Dekorsteine der Kartause Mauerbach,Kalksandstein von Au, Loretto und Stotzing am Leithagebirge. In: Kartause Mauerbach 1314 bis heute. Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege LIII. Heft 2/3/4, 1999, S. 731, Anmerkung 19.
↑Andreas Rohatsch: Die Bau- und Dekorsteine der Kartause Mauerbach,Kalksandstein von Au, Loretto und Stotzing am Leithagebirge. In: Kartause Mauerbach 1314 bis heute. Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege LIII. Heft 2/3/4, 1999, S. 731, Anmerkung 18.
↑Andreas Rohatsch, Kalksandstein von Au, Loretto und Stotzing am Leithagebirge. In: Kartause Mauerbach 1314 bis heute. S. 732.
↑Karl Uhlirz: Die Rechnungen des Kirchenmeisteramtes von St. Stephan zu Wien. Verlag Wilhelm Braumüller, Wien 1902.
↑Karl Tschank: Mannersdorfer Stein für den Stephansdom. In: Helmuth Furch (Hrsg.): Bildende Kunst – und manch anderes mehr – in und vom Leithagebirge. 2006.
↑Die erhalten gebliebenen Rechnungen des Kirchenmeisteramtes bezeugen die enormen Auer- und MannersdorferSteinlieferungen für St. Stephan in den Jahren 1404, 1407, 1415–1417, 1420, 1422, 1426, 1427, 1429, 1430 und 1476.
↑Helmuth Furch: Elias Hügel. 1681–1755. Selbstverlag, Kaisersteinbruch 1992/2015.
↑Alois Kieslinger: Die Steine der Wiener Ringstrasse, Franz Steiner Verlag GmbH, Wiesbaden 1972 (→Loretto).
↑Rudolf Hertzka: Chronik der Großgemeinde Pottendorf. 1990.
↑Diözesanarchiv Eisenstadt, Angaben zu (Johann) Georg Deprunner: Pfarre Stotzing, Martiken Tom. I (Tauf-, Trauungs-, Totenbuch 1645–1736). Als Witwer ehelichte Georg Deprunner am 12. Oktober 1700 Elisabeth Neumann, ihr Vater Christian Neumann, war Wachszieher in Eisenstadt. In den Jahren 1705 und 1711–1723 als Richter in Loretto bezeichnet. 1741 wurde Anna Maria Deprunnerin als Witwe und Steinmetzmeisterin in Loretto genannt.
↑Bauamt des Stiftes Heiligenkreuz, Werner Richter, Verwendung von Kaiserstein (und einige andere Steinarten) im Stift Heiligenkreuz. Hier zu Georg Deprunner, Steinmetzmeister in Loretto.
↑Andreas Rohatsch, Institut für IngenieurgeologieTU-Wien, Die Bausubstanz der „Römischen Ruine“ von Schloss Schönbrunn in Wien. Schadensbilder und Schadensursachen. 1996.
↑Alois Kieslinger: Die Steine von St. Stephan. Verlag Herold, Wien 1949.