Das ehemals mährische Adelsgeschlecht Liechtenstein-Kastelkorn (auch Liechtenstein-Castelcorn, Lichtenstein-Kastelkorn), stammte ursprünglich aus Südtirol. Sein Stammsitz war die Burg Lichtenstein in Leifers bei Bozen, die vermutlich im 12. Jahrhundert als Hauptstützpunkt des Bistums Trient errichtet wurde.
Die Lichtenstein (auch Liechtenstein) waren ursprünglich Ministerialen der Bischöfe von Trient und der Grafen von Tirol. 1387 wurden die Herren von Lichtenstein mit den Burgen und Gerichten von Karneid und Steinegg belehnt. Die späteren Grafen von Liechtenstein-Kastelkorn konnten diesen Besitz bis zu ihrem Aussterben im Jahre 1764 halten. Auch hielten die Liechtensteiner Besitz in der Stadt Bozen: 1490 ist in der dortigen Wangergasse (der heutigen Bindergasse), der Bestand „der Liechtenstainer hausung“ urkundlich bezeugt.[1] Das Liechtensteinische Amtshaus befand sich hingegen am Musterplatz an der Stelle des im 18. Jahrhundert errichteten Palais Pock.
Das Tiroler Geschlecht stellte selbst zwei Bischöfe von Trient, Georg I. von Lichtenstein (Bischof 1390–1419) und Ulrich IV. von Lichtenstein (Bischof 1493–1505). Es erscheint erstmals 1472 in den Tiroler Adelsmatrikeln.[2]
Eine der drei Linien dieses Hauses war die des Landeshauptmannes Wilhelm von Lichtenstein, der mit seiner Gemahlin, einer geborenen von Stötten u. a. die Kinder Balthasar († 1478) und Ursula (verh. Gräfin Fugger, † 1573) hatte.[2]
Paul von Li(e)chtenstein (* um 1460; † zwischen 4./10. Juni 1513 in Augsburg) war Hofmarschall und Vertrauter Maximilian I. Er war Pfleger der Gerichtsämter Thaur bei Innsbruck und Sarnthein bei Bozen. 1499 wurde er mit Castelcorno[3] in Isera bei Rovereto belehnt, von dem der Namenszusatz Kastelkorn abgeleitet ist. 1502 erwarb er Schloss und Herrschaft Schenna bei Meran und baute es zum Familiensitz aus, und 1505 erhielt er die Hauptmannschaft Rattenberg am Inn als Pfandschaft.
Das Stammwappen zeigt in Blau eine gestürzte silberne Spitze. Auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein gestürzter, silbern aufgeschlagener Heidenhut, darin fünf abwechselnd blaue und silberne Straußenfedern.
Das gräfliche Wappen von 1663 ist geviert mit dem Stammwappen als Herzschild; 1 und 4 in Rot ein doppelschwänziger silberner Löwe, 2 und 3 geteilt, oben in Silber ein doppelschwänziger roter Löwe, unten schwarz. Drei Helme, rechts mit rot silbernen Decken der Löwe aus 1 wachsend, in der Mitte Decken und Kleinod des Stammwappens, links mit rot-silbernen Decken das ganze Feld 2 vor natürlichem Pfauenstutz.[4]
Mährischer Familienzweig
Die Genealogie der mährischen Linie beginnt mit vier Brüdern. Über sie und ihre Nachkommen ist (bruchstückhaft) bekannt:
Karl (1623–1695): Rudolf Philipps Sohn war als Karl II. 1623–1695 Bischof von Olmütz.
Christoph Paul (1604–1648) war kaiserlicher Kämmerer und Erblandhofmeister im Elsass. Seit 1623 gehörte ihm in Mähren die Burg Pernstein und später auch die Herrschaft Blauda. 1643 wurde er Landeshauptmann der Markgrafschaft Mähren. Er war in erster Ehe ab 1623 mit Esther Seidlitz von Schönfeld, in zweiter Ehe ab 1636 mit Maximiliane Gräfin von Salm-Neuburg (* 1608, † 8. Dezember 1663[5]) verheiratet.[6]
Maximilian (1611–1675)[7], ein Neffe[8] Christoph Pauls, erbte Besitzungen im Elsass; er erhielt 1640 das mährische Inkolat und 1663 den Grafentitel. Er war verheiratet mit Cäcilia Radegunde geb. Freiin Bemmberg (Bemmelberg) und Hohenburg. Seine Söhne waren Christoph Philipp und Max Adam.[9]
Maximilian Adam war Kanoniker, Domherr in Olmütz und Salzburg sowie Propst in Brünn. Er starb 1709.[10]
Franz Karl , verheiratet mit Katharina Karolina geb. Freiin von Pawlowsky, war Kaiserlicher Geheimer Rat. Er vergrößerte das Familiengut um den Großhof Pohořelice. Er starb 1706. Er hatte zwölf Kinder, darunter die Söhne Philipp Paul, Jakob Ernst, Maximilian Rudolf und Thomas Josef. Die Vormundschaft über die Kinder und die Verwaltung des Vermögens übernahm sein Bruder Max Adam.
Maximilian Rudolf, mittlerer Bruder von Jakob Ernst, erhielt 1724 Malenovice mit Tečovice, Lhotka, Louka, Bohuslavice und Lhota. Er starb 1739; sein Vermögen erbten seine Brüder Jakob Ernst und Thomas Josef. 1740 überließ Thomas Josef seinen Anteil dem Bruder Jakob Ernst.
Maria Theresia, Tochter des Franz Karl von Lichtenstein-Castelcorn und der Katharina Florentina Karolina Pavlovská von Pavlovic, heiratete Franz Dominik Valerian Grafen Podstatzky Freiherrn von Prussinowitz (* 1678, † 1741).[11]
Christoph oder Christof Philipp(† 1685) war verheiratet mit Maria Barbara Slavata Gräfin von Chlum und Koschumberg († 1684);[9] das Paar hatte drei Kinder: Franz Anton (1679–1761), Maria Barbara und Maria Franziska.
Der Sohn Franz Anton überlebte 2 Kinder, Franz Anton und Johann.[9] Er hatte nach dem Tod des Generals des Karmeliterordens Johann Karl Joachim von Slawata (Jan Karel Jáchym Slavata), der ein Enkel des Wilhelm Slawata gewesen war und mit dessen Tod 1712 das Geschlecht der Slavata erloschen war, dessen Ländereien, darunter Teltsch, geerbt. Mit dem Tode Franz Antons 1761 starb das Geschlecht im Mannesstamme aus. Er vermachte die Herrschaft Telč seinem Vetter Alois Graf Podstatský von Prusinowitz (Bruder des Olmützer Domdechanten Leopold Anton von Podstatzky) mit der Bedingung, dass Name und Wappen der Liechtenstein-Kastelkorn mit denen der Podstatský-Prusinowitz verbunden werden. Seit 1762 führt dieser Familienzweig den Namen Podstatzky-Lichtenstein.
Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Band 2, ISBN 3-486-52551-4, S. 446–447 (zu Jakob Ernst und Karl II.).
Denkwürdige Männer aus und in der Grafschaft Glatz. In: Vierteljahrsschrift für Geschichte und Heimatskunde der Grafschaft Glatz. S. 231 (zu Rudolf Philipp und Karl II.).
Johann Hübner, Genealogische Tabellen, Band 3, Tabelle 750
Fußnoten
↑Hannes Obermair: Bozen Süd – Bolzano Nord. Schriftlichkeit und urkundliche Überlieferung der Stadt Bozen bis 1500. Regesten der kommunalen Bestände 1401–1500. Band2. Stadtgemeinde Bozen, Bozen 2008, ISBN 978-88-901870-1-8, S.205, Nr. 1260.
↑ abMartha Schad: Die Frauen des Hauses Fugger von der Lilie (15.–17. Jahrhundert): Augsburg, Ortenburg, Trient. Mohr Siebeck, Tübingen 1989. ISBN 3-16-545478-7, S. 30 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
↑Bilder der (verfallenen) Burg, die im Gebiet der Gemeinde Isera liegt
↑V. Houdek: Moravské vývody erbovní. Brünn 1917, S. 50 f. (tschechisch; PDF; 3,0 MB) und Gregor Wolny: Die Markgrafschaft Mähren, topographisch, statistisch und historisch geschildert. II. Band, 2. Abtheilung: Brünner Kreis. Selbstverlag des Verfassers, in Commission der L. W. Seidel’schen Buchhandlung. Brünn 1837, S. 289 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
↑Jiří Sehnal: Heinrich Bibers Beziehungen zu Kremsier. In: De editione musices – Festschrift Gerhard Croll. Laaber 1992, S. 315.
↑V. Houdek (Moravské vývody erbovní. Brünn 1917, S. 51 (tschechisch; PDF; 3,0 MB)) und Gregor Wolny (Die Markgrafschaft Mähren, topographisch, statistisch und historisch geschildert. II. Band, 2. Abtheilung: Brünner Kreis. Selbstverlag des Verfassers, in Commission der L. W. Seidel’schen Buchhandlung. Brünn 1837, S. 289 (Digitalisat in der Google-Buchsuche)) nennen seinen Vater nicht.
↑Die Darstellung, er habe seine vier Söhne Philipp Paul, Jakob Ernst, Maximilian Rudolf und Thomas Josef als Erben eingesetzt, muss verworfen werden, da gut bezeugt ist, dass der Vater dieser vier Söhne sein Bruder Franz Karl Graf von Liechtenstein-Kastelkorn war – siehe Gregor Wolny: Die Markgrafschaft Mähren, topographisch, statistisch und historisch geschildert. III. Band: Znaimer Kreis. Selbstverlag des Verfassers, in Commission der L. W. Seidel’schen Buchhandlung. Brünn 1837, S. 172 (Digitalisat in der Google-Buchsuche) und IV. Band: Hradischer Kreis. Brünn 1838, S. 284 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Wolny schildert im Zusammenhang mit der Besitzgeschichte der Allod-Herrschaft Mallenowitz mit dem Gut Pohořelitz im IV. Band auf S. 284 f. in glaubhafter Detailliertheit Folgendes:
Gewisse (namentlich genannte) Erben, darunter Katharina Karolina Gräfin von Liechtenstein geb. von Pawlowsky, überließen Mallenowitz mit Pohořelitz am 22. April 1792 dem Miterben Franz Karl von Liechtenstein-Kastelkorn um 80.000 Rheinische Gulden.
Nach dessen Tode fiel dieses Gut infolge der zwischen den drei Söhnen Jakob Ernst, Maximilian Rudolf und Thomas Josef vereinbarten Erbteilung vom 13. Jänner 1724 dem mittleren Sohn Maximilian Rudolf zu.
Von Maximilian Rudolf ging der Besitz im Erbweg auf seine beiden Brüder und in der Folge auf einen der beiden, den Salzburger Fürsterzbischof Jakob Ernst, über. Dieser vererbte den Großteil seines Besitzes seinem Neffen Karl Otto Grafen von Salm-Neuburg.