Lein (Linum), auch Flachs genannt, ist eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Leingewächse (Linaceae).[1] Die 180 bis 200 Arten sind in den subtropischen bis gemäßigten Gebieten fast weltweit verbreitet.[1][2]
Die kurzlebigen Blüten sind fünfzählig und radiärsymmetrisch, in der Regel frei, gelegentlich am Ansatz verwachsen und blühen blau, gelb, rot, rosa oder weiß. Die zehnfächrigen Kapselfrüchte enthalten je einen schwarzen oder braunen Samen in jedem Fach.
Verbreitung
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Lein-Arten findet sich in den gemäßigten und subtropischen Regionen beider Hemisphären.
Systematik
Die Gattung Linum ist die artenreichste in der Familie der Leingewächse und wird dort in die Unterfamilie Linoideae eingeordnet.
Die innere Systematik der Gattung ist 2003 nicht gefestigt, obwohl sie stets intensiv bearbeitet wurde. Insbesondere für die amerikanischen Arten war jahrzehntelang ein System aus Artkomplexen und Gruppen in Gebrauch. Als Referenz für die gesamte Gattung dient daher auch 2003 noch H. Winklers Gliederung der Gattung in sechs Sektionen aus dem Jahre 1931, hier wiedergegeben in einer durch Axel Diederichsen und Ken Richards geringfügig aktualisierten Fassung entsprechend morphologischer Merkmale. Die häufig in der Literatur angeführte Sektion Eulinum wird 2003 auf die beiden Sektionen Linum und Dasylinum aufgeteilt.[3] Doch entsprechend molekulargenetischer Daten haben einige der damaligen Sektionen bei McDill et al. 2009 den Rang von Gattungen und die verbleibenden und neuen Sektionen haben einen anderen Umfang.[4]
Die folgende Aufzählung ist nicht vollständig; es ist eine Auswahl (Stand 2003):[3]
Sektion Linum (großblütig; Kronblätter unverwachsen, blau, rosafarben oder weiß; Narben länger als breit; Blätter wechselständig, drüsenlos, kahl)
Österreichischer Lein (Linum austriacumL.):[5] Die etwa neun Unterarten kommen im Mittelmeerraum[6] vor und reicht in seiner Verbreitung von Nordafrika bis Mitteleuropa, Vorderasien, Kaukasusraum und Westsibirien.
Ausdauernder Lein (Linum perenneL.):[5] Er kommt von Europa bis Sibirien vor und ist in Nordamerika eingebürgert.
Gemeiner Lein (Linum usitatissimumL.),[5] auch Gemeiner Flachs und Kultur-Lein genannt, das Gebiet seiner Herkunft ist unbekannt, aber die Art stammt wahrscheinlich von Linum bienne ab.
Sektion Dasylinum(Planchon) Juz. (wie Linum, Blätter oder Blütenstiele aber behaart, stets ausdauernd)
Linum corymbulosumRchb.: Sie kommt in Südeuropa, auf der Krim, im Kaukasusraum, in West- und Zentralasien und auf dem Indischen Subkontinent vor.[1][7]
Einige Arten (Gemeiner Lein, Ausdauernder Lein, Zweijähriger Lein) werden oder wurden zur Fasergewinnung genutzt. Die Geschichte seiner Verwendung reicht 6.000 bis 10.000 Jahre zurück, damit stellt die Gattung Lein einige der ältesten Kulturpflanzen. Neben der textilen Verwendung finden Leinarten auch Verwendung als technische Fasern, als Heilpflanzen (zum Beispiel Purgier-Lein), als Lebensmittel (Leinsamen) und zur Gewinnung des Leinöls mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten (zum Beispiel Ölfarbe).
Kulturgeschichte
Die wichtigsten Samen-Ölpflanzen im vorgeschichtlichen Mitteleuropa waren Lein und Mohn. Angesichts der vergleichsweise geringen Nachweisbarkeit – Leinsamen blähen beim Verkohlen auf und sind als Fragmente kaum erkennbar – dürfte ihre Bedeutung größer gewesen sein, als es das Fundbild nahelegt. Leindotter (Camelina sp.) scheint mit dem Lein auf gemeinsamen Flächen gewachsen zu sein. Beim Lein lässt sich an den Samen nicht erkennen, ob er als Öllein oder Faserlein verwendet wurde. Funde aus Langweiler im Rheinland und Eisenberg in Thüringen legen nahe, dass es sich um Springlein (Linum usitatissimum subsp. crepitansElladi) handelt. Rheinische Vorratsfunde geben Hinweise auf Schließlein (Dresch-Lein) (Linum usitatissimum subsp. usitatissimum). Die Samenfunde zeigen, dass der Lein getrennt von anderen Kulturpflanzen angebaut und als Fettlieferant verwendet wurde.
Der Lein ist in der westlichen Bandkeramik verbreiteter und kommt unter Aussparung Böhmens nur westlich der Elbe vor. An der vorderasiatischen Herkunft des Kulturleins besteht indes kein Zweifel. Die Wildform ist im zirkummediterranen Raum und in Vorder- und Mittelasien verbreitet. In Mitteleuropa wird die Pflanze heute als Sommerlein angebaut, nur im Voralpenland als Winterlein, wie in der Vorzeit. Im Mittelneolithikum wird Lein seltener gefunden. Im Rheinland und in der Michelsberger Kultur fehlt er während dieser Zeit völlig.
Die jung- bis spätneolithische Geschichte des Leins ist am Zürichsee besonders gut erforscht. Sein Aufstieg begann während der jüngeren Pfyner Kultur. Er erreichte seinen Höhepunkt in der Horgener Kultur und verblieb auch während der Schnurkeramik auf einem relativ hohen Niveau. Ähnlich verlief seine Verbreitung am Bodensee. Im Jung- und Spätneolithikum des Federseegebietes, in der Pfyn-Altheimer-Kultur und in der Goldberg-III-Gruppe, ist exzessive Nutzung nachgewiesen.
Lange war unklar, ob bereits in bandkeramischer Zeit Samen und Leinstengel genutzt wurden. Ein Brunnenfund in Mohelnice bei Brünn lieferte Schnüre aus Leinfasern. In der Levante wurde Flachs bereits im 8. vorchristlichen Jahrtausend (PPNB) zu Textilien verarbeitet. Im südlichen Karpatenbecken im 2. Viertel des 5. vorchristlichen Jahrtausends. Für das Jung- und Spätneolithikum ist die Doppelnutzung des Leins als Faser- und Nahrungspflanze gesichert. Die Verwendung der Fasern wird durch die Funde von Flachshecheln aus Knochen und vor allem von aus Flachs gefertigten Textilien und Netzen bezeugt, die sich in den Feuchtbodensiedlungen des Voralpenlandes erhalten haben.
Die ältesten Anzeichen für Leinanbau in Schweden stammen aus der Wikingerzeit (800–1150 n. Chr.).
Hans Simon (Hrsg.): Die Freiland-Schmuckstauden. Handbuch und Lexikon der Gartenstauden. Begründet von Leo Jelitto, Wilhelm Schacht. 5. völlig neu bearbeitete Auflage. Band2: I bis Z. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2002, ISBN 3-8001-3265-6.
Jens Lüning: Steinzeitliche Bauern in Deutschland. Die Landwirtschaft im Neolithikum (= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Bd. 58). Habelt, Bonn 2000, ISBN 3-7749-2953-X, S. 85ff.
Werner Greuter, Hervé-Maurice Burdet, Gilbert Long (Hrsg.): Med-Checklist. A critical inventory of vascular plants of the circum-mediterranean countries. Vol. 4: Dicotyledones (Lauraceae – Rhamnaceae). Conservatoire et Jardin Botanique, Genève 1989, ISBN 2-8277-0154-5, S.216–226 (englisch, online).
David Jeffrey Ockendon, Stuart Max Walters: Linum L. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 2: Rosaceae to Umbelliferae. Cambridge University Press, Cambridge 1968, ISBN 0-521-06662-X, S.206–211 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Joshua R. McDill, Miriam Repplinger, Beryl B. Simpson, Joachim W. Kadereit: The Phylogeny of Linum and Linaceae subfamily Linoideae, with Implications for Their Systematics, Biogeography, and Evolution of Heterostyly. In: Systematic Botany, Volume 34, Issue 2, 2009, S. 386–405. doi:10.1600/036364409788606244PDF.
↑
Neil D. Westcott, Alister D. Muir: Chemical Studies on the constituents of Linum spp. In: Neil D. Westcott, Alister D. Muir (Hrsg.): Flax. The Genus Linum (= Medicinal and aromatic plants – industrial profiles. Band 34). Taylor & Francis, New York u. a. 2003, ISBN 0-415-30807-0, S. 55–73.
↑ ab
Axel Diederichsen, Ken Richards: Cultivated flax and the genus „Linum“ L. Taxonomy and germplasm conservation. In: Neil D. Westcott, Alister D. Muir (Hrsg.): Flax. The Genus Linum (= Medicinal and aromatic plants – industrial profiles. Band 34). Taylor & Francis, New York u. a. 2003, ISBN 0-415-30807-0, S. 22–54.
↑
Joshua R. McDill, Miriam Repplinger, Beryl B. Simpson, Joachim W. Kadereit: The Phylogeny of Linum and Linaceae subfamily Linoideae, with Implications for Their Systematics, Biogeography, and Evolution of Heterostyly. In: Systematic Botany, Volume 34, Issue 2, 2009, S. 386–405. doi:10.1600/036364409788606244PDF.
↑ abcdefghijWalter Erhardt, Erich Götz, Nils Bödeker, Siegmund Seybold: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2. Arten und Sorten. Eugen Ulmer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8001-5406-7.
↑ abcdefghijLinum im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 5. September 2020.
Joshua Robert McDill: Molecular Phylogenetic Studies in the Linaceae and Linum, with Implications for their Systematics and Historical Biogeography. Dissertation presented to the Faculty of the Graduate School of The University of Texas at Austin in Partial Fulfillment of the Requirements for the Degree of Doctor of Philosophy. The University of Texas at Austin Dezember 2009. doi:10.13140/RG.2.1.1523.5281online.
Masoud Sheidai, S. Darini, Seyed Mehdi Talebi, F. Koohdar, S. Ghasemzadeh-Baraki: Molecular systematic study in the genus Linum (Linaceae) in Iran. In: Acta Botanica Hungarica, Volume 61, Issue 3–4, September 2019, S. 21–434. doi:10.1556/034.61.2019.3-4.11